Die schöngefärbte Republik

Nun ist es also bestätigt, die Regierung hat den Armutsbericht 2012 zensiert stylistisch so aufbereitet, dass er in die Jubelstimmung die „die beste Regierung seit Bestehen der Bundesrepublik“ im Wahlkampf zu verbreiten versucht. Und natürlich haben sie dann auch noch die Stirn, dieses Frisieren zu verteidigen, allen voran unser Wirtschaftsminister Philipp Rösler.

Wenn man dann in dem Bericht „Passagen drin hat, die den Eindruck vermitteln, es würde den Menschen schlecht gehen, wir hätten soziale Unruhen, was auch immer, dann würde das der falsche Eindruck sein. Und deshalb habe ich gesagt, wir müssen die Wirklichkeit schon abbilden.“

Die Wirklichkeit abbilden heißt im Kontext des Wirtschaftsminister dann wohl, dass es Deutschland gut geht. Als ob ein Land so etwas wie ein kollektives Wohlbefinden empfinden könne. Klar, wenn ich meine Füß in Eiswasser stelle und meine Hände auf die heiße Herdplatte lege, dann ist die Temperatur im durchschnitt auch „angenehm“, aber ich fürchte ich würde das nicht als angenehm empfinden.

Das tragische und wahrscheinlich von diesem in seiner neoliberalen Ideologie verblendeten Minister ist aber, dass er einige Dinge überhaupt nicht refklektiert hat:

  • Der „Armutsbericht“ heißt wohl so, weil er sich mit dem Thema der Armut auseinandersetzen soll und muss. Diesen Bericht nun so zu weichspülen, dass am Schluß rauskommt „Alles super, weiter so“ setzt den Fokus auf die 1% Profiteure der seit Jahren umgesetzten Klientelpolitik und nicht auf die Menschen am anderen Ende des Spektrums die tatsächlich signifikante Verschlechterung hinnehmen müssen.
  • Mit diesem Ausblenden der Armut im Armutsbericht macht Philipp Rösler eigentlich auch ganz klar den deutschen Romney, denn er signalisiert den Betroffenen ganz deutlich, dass er sie längst von seiner Prioritätenliste gestrichen hat und sie für ihn und seinesgleichen nur noch Ballast darstellen den man am liebsten irgendwie loswerden würde und ansonsten einfach verleugnet und ignoriert. Sozusagen der Faustschlag ins Gesicht für alle Opfer der neoliberalen Irrsinnspolitik der letzen Jahre.

Aber wie schon gesagt, Philipp Rösler wird das gar nicht zu erkennen in der Lage sein. Und während man hier sich noch mit dem Schönfärben von schlechten Nachrichten begnügt gibt es bereits andere Fälle in denen Studien bewußt vor der Öffentlichkeit verborgen werden weil sich die Verantwortlichen durchaus der sozialen Sprengkraft dieser Dokumente bewusst sind.

Und die Hoffnung, dass die vierte Gewalt im Staat, die Presse, sich an ihren Auftrag erinnert und nicht nur unreflektiert die Propaganda wiedergibt ist auch eher was für den weihnachtlichen Wunschzettel als für die politische Realität im Deutschland des Jahres 2012.

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