Und doch wieder ein gedrucktes Buch

In meinem vorangegangenen Blogpost verabschiedete ich mich ja von vielen gedruckten Fachbüchern. Trotzdem habe ich mir am Dienstag bei dem (von meinem Sohn sehnsüchtig erwarteten) Besuch hier in der City-Galerie dann doch wieder ein Buch gekauft. Die Papierversion wählte ich diesmal mit ein paar Hintergedanken, denn nach der Ausfahrt aus der City-Galerie machte ich einen kleinen Schlenker nach rechts und parkte mein Auto da, wo das Buch entstanden ist um es mir von der Autorin signieren zu lassen.

Wer mich oder Augsburg kennt wird jetzt schon wissen, um welches Buche es geht. Es ist das Buch „Wunder muss man selber machen“ von der „manomama“ Sina Trinkwalder. Die Geschichte von manomama kannte ich ja schon in den Grundzügen, denn ich habe Sina hin und besucht um mit ihr Kaffee zu trinken und mich von der Atmosphäre in ihrem Betrieb inspirieren und anstecken zu lassen.

Dienstagabend, als die Kinder endlich im Bett waren fing ich an das Buch zu lesen und irgendwann musste ich es weglegen, denn es vereinnahmte mich total. Gestern Abend ging es dann weiter und ich konnte nicht aufhören zu lesen bis mir die Augen zufielen. Und gerade eben habe ich meinen heute frühen Feierabend genutzt um das Buch fertig zu lesen.

Dieses Buch kann ich wirklich nur jedem empfehlen. Es liest sich streckenweise so spannend wie ein gute Krimi, beispielsweise wenn Sina verzweifelt versucht den Liefertermin für einen Großauftrag für Stofftaschen zu halten und dabei mal schnell eine sündhaft teure Schneidemaschine einkauft ohne die das nicht zu schaffen ist. Das sind dann auch die Momenten in denen man selbst stark ins Grübeln kommt, besonders wenn man aus der eigenen Berufserfahrung weiß, dass in einem „normalen“ Unternehmen jede Investition welche über eine Packung Kaffee hinausgeht einen Rattenschanz an Bürokratie nach sich zieht und Wochen oder gar Monate dauert.

Sina erzählt im Buch die Geschichte ihrer Firma. Und sie beschreibt in eingeschobenen Textpassagen ihre Grundsätze und was sie unter unternehmerischer Verantwortung versteht. Und da ich sie persönlich kenne, weiß ich das dieses keine leeren Worte sind, sondern authentisch die Sina beschreiben die mit manomama wahrhaftig Großartiges geschaffen hat.

Ihr Textilunternehmen startet im Jahr 2010 (übrigens genau am Hochzeitstag von meiner Frau und mir) in einer Stadt, welche von der einstmals blühenden Textilindustrie längst verlassen wurde. Ich selbst kenne einen ehemaligen Textilmaschinenführer der als letzte Aufgabe in seinem Beruf nach Taiwan fliegen durfte um die dorthin verkauften Maschinen aufzubauen und in Betrieb zu nehmen. Sina startete manomama, obwohl sie selbst keine Ahnung vom Nähen hatte und trotzdem das Ziel vor Augen hatte, Menschen die vom sogenannten ersten Arbeitsmarkt gnadenlos ausgesiebt wurden wieder eine anständig bezahlte Arbeit zu geben. Und das in einer Zeit in der weltweit eine Finanzkrise tobt und alle von Betriebswirten geleitete Firmen rigoros Leute abbauen um Kosten zu senken um wieder profitabel zu werden. Und sie fährt voll auf Risiko, ist bereit ihre eigenen Finanzen in das Unternehmen zu stecken, wohl wissend dass sie dann ganz schlecht da steht, sollte es schief gehen. Und sie berichtet von vielen Helfern die ihr Starthilfe geben, der Raffi der hier einen Nähmaschinenladen hat, der Professor für Nähtechnik welcher ihr Unterricht gibt. Die Kontakte aus den sozialen Netzen wie Facebook oder Twitter die auch ohne Produkfotos sie zum Firmenstart mit Bestellungen überhäufen.

Nachdenklich machen mich die Passagen über die Rolle der Politik, hier wird leider viel geredet und nichts gemacht. Sina hat es trotzdem geschafft, wohl weil sie bereit ist, jederzeit selbst für ihre Ladies zu schuften und das auch oft genug getan hat. Das merke ich als ich Dienstag gegen 18:00 Uhr dort ankomme um mir ein Autogramm zu holen. Sina ist noch da und plant für einen dringenden Auftrag, Miriam ist noch da und obwohl die Mädels sehr gestreßt sind haben wir Zeit für einen Kaffee auf dem Balkon und ein wenig Smalltalk.

Ja, reden kann sie, die Sina. Ihr Buch beschreibt auch diverse Auftritte auf verschiedenen Preisverleihungen oder gar in Talkshows. Als kleines Detail fällt mir auf, dass sie beim Bericht über eine der Talkshows (über die ich hier im Blog auch schon berichtet habe) den Moderator eben nur „Moderator“ und nicht, wie viele andere Personen von denen sie schreibt, beim Namen nennt. Sie wird ihre Gründe haben das so zu tun und ihr Bericht von der Talkshow bestätigt meine eigene Kritik.

Und schreiben kann sie auch. Das Buch ist so fesselnd, dass man es nicht mehr aus der Hand legen möchte wenn man einmal angefangen hat zu lesen. Ihre Schilderungen und Denkanstöße mit denen sie im Buch nicht spart gehen mitten durchs Herz. So sehr, dass ein Twitterer sogar vorgeschlagen hat, man möge das Buch doch als „Deluxe Edition“ mit einer Packung Taschentücher verkaufen die man dann bei der Lektüre brauchen wird weil einem einfach die Augen feucht werden.

Ein Buch das jeder lesen sollte, vor allem aber die, welche glauben, dass Menschen ja nur „Humankapital“ sind das beliebig ausgebeutet werden kann.

Als ich das Buch am Dienstag bezahlt habe meinte die Kassiererin im Buchladen „Da haben sie ein sehr tolles Buch gekauft“. Ja, da kann ich ihr nur recht geben.

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Ein Gedanke zu „Und doch wieder ein gedrucktes Buch

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