Der Spion in Deinem Betriebssystem

Nachdem wir in den letzten Tagen ein wenig auf Adobe geschimpft haben die mit ihrem Produkt Adobe Digital Editions in den eBook-Bibliotheken der Benutzer rumschnüffeln können wir heute sozusagen das goldene Hörgerät für totale Ignoranz von Privacy und Datenschutz-Belangen im Jahr 2 nach den Snowden-Enthüllungen an einen bekannten Betriebssystemhersteller verleihen.

Es geht um Microsoft die ja gerade ihr neuesten Windows unter dem Produktnamen „Windows 10“ veröffentlicht haben. Und um die mal wieder geänderten Lizenzbestimmungen die ja sowieso keiner mehr liest sondern einfach wegklickt. Man sollte sie aber mal lesen und staunen, denn da steht unter anderem folgendes:

“Microsoft collects information about you, your devices, applications and networks, and your use of those devices, applications and networks. Examples of data we collect include your name, email address, preferences and interests; browsing, search and file history; phone call and SMS data; device configuration and sensor data; and application usage.”

Na das ist doch super. Microsoft sammelt also ganu ungeniert alle möglichen Daten die sie eigentlich absolut nichts angehen. Und da der Begriff „sensor data“ ziemlich unspezifisch ist muss man wohl das schlimmste annehmen, angefangen vom Akustiksensor „Mikrofon“ über den „Bildsensor“ Kamera bis hin zum „Positionssensor“ GPS. Und ähnlich wie Adobe versucht Microsoft hier den PR-Stunt mit einer Erklärung warum sie die Daten sammeln:

“We may collect information about your device and applications and use it for purposes such as determining or improving compatibility” and “use voice input features like speech-to-text, we may collect voice information and use it for purposes such as improving speech processing.”

Das ist aus technischer Sicht ziemlich viel Bullshit. Determining or improving compatibility ist totaler Blödsinn, denn wenn Windows 10 auf meinem Gerät läuft ist es wohl kompatibel. Und „improving speech processing“ kann man mit genügend Pessimismus Realismus auch als „wir hören Dich ab und schicken den Mitschnitt gleich an die NSA“ interpretieren. Hallo, ich scheiß ganz deutlich auf die speech processing, im Büroalltag ist das in unseren „modernen“ Großraumbüros eh kaum praktisch einsetzbar.

Und weiter geht es in der Märchenstunde:

“If you open a file, we may collect information about the file, the application used to open the file, and how long it takes any use [of]it for purposes such as improving performance, or [if you]enter text, we may collect typed characters, we may collect typed characters and use them for purposes such as improving autocomplete and spell check features.”

Es geht den Hersteller eines Betriebssystems aber leider absolut nichts an, welche Dateien (im Sinne von persönlichen Daten) ich womit öffne und bearbeite. Und man darf den Satz mit „improving performance“ durchaus als weiteren Bullshit interpretieren, denn die Rechenleistung der Geräte auf denen diese Schnüffelsoftware laufen wird ist hoch genug, dass nicht das Gerät den „Flaschenhals“ darstellt sondern eher der Nutzer. Es sei denn man steigt erst mal künstlich auf die Bremse um dann die „Verbesserungen“ schön verkaufen zu können. Ähnlich ist es bei Autocomplete und Rechtschreibprüfung, Wörterbücher für genau diesen Zweck existeren seit Jahrzehnten und dafür muss ich keine Tastatureingaben abfangen und an Microsoft übermitteln. Oder wollen sie dort Spellchecker für die neuesten Sprachschöpfungen unserer Smartphone nutzenden Jugend generieren?

Eigentlich sollte eine solche EULA von jedem Nutzer der noch bei Verstand ist abgelehnt werden. Aber ich fürchte, das ist reines Wunschdenken. Und eine solche EULA ist eigentlich das absolute K.O.-Kriterium für die Verwendung des Produktes in der öffentlichen Verwaltung. Aber auch hier gibt es anscheinend Ignoranten wie z.B. den neuen Münchner OB dem das vollkommen egal ist.

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2 Gedanken zu „Der Spion in Deinem Betriebssystem

  1. Zum Thema EULA-Abnicken fallen mir noch ein paar andere Sachen ein: Dass Windows gerne nach Hause telefoniert, ist nichts Neues. Neu war mir (zumindest in Bezug auf Win 10, das für mich noch nicht sonderlich relevant ist, da ich mit Win 7 sehr zufrieden bin und keinen Anlass sehe zu wechseln) der Umfang der Schüffelei.
    Aber die EULA verlangt ja auch Nachsicht von Benutzer, wenn Fehler in der Software auftreten und diese dann das System (oder das ganze Geschäft) lahmlegen, Hardware in Mitleidenschaft gezogen wird (weiss zwar nicht, wie das gehen könnte, aber immerhin) etc.
    Was bleibt dem Benutzer? Er kann sagen, dass er diese Bedingungen nicht akzeptiert. Dann wird der Installationsprozess beendet und der User steht so schlau da wie zuvor.
    Spielen wir das mal zuende. Der User hat die Software gekauft, kann sie nicht installieren, weil ihm Teile der EULA nicht passen und will sie nun zurückbringen. Abgesehen vom zeitlichen Aufwand, möchte ich doch mal das Gesicht des Verkäufers sehen, der die geöffnete Software-Verpackung zurücknehmen soll. Er muss lt Gesetz, aber davor haben die Götter Diskussionen gesetzt.
    Otto Normalverbraucher beisst in den sauren Apfel, wägt die Vorteile (Software nutzen, kein Umtauschen, keine Diskussionsn) gegen die Nachteile (nach Hause telefonieren) ab und kommt zum Schluss Sch…. drauf.
    Warum hier der deutschen Datenschutz nicht einspringt (und genau dies ist Thema des Datenschutzes), ist mir schleierhaft. Schlussfolgerung: Der Politik ist das sch… egal wie man auch am Beispiel des neuen Münchner OB sieht.

  2. Pingback: Neue Spyware: Windows 10 | Plasisent

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