Schwarzfahrer!

Am Donnerstag wurde meine Tochter auf dem Heimweg von der Schule in der Straßenbahn von einem Fahrkartenkontrolleur kontrolliert. Sie hatte ihre Schülerjahreskarte dabei, doch die konnte von dem Lesegerät des Kontrolleurs nicht gelesen werden, also bekam sie einen „Bescheid über ein erhöhtes Beförderungsentgelt“ (EBE) in Höhe von 40 €. Daraufhin habe ich noch am Donnerstag eine Mail an unsere Verkehrsbetriebe geschreiben.

In dieser Mail verlieh ich meinem Befremden Ausdruck, denn sie hatte ja eine Fahrkarte, und wenn diese vom Kontrolleur bzw. dessen Gerät nicht gelesen werden kann, dann mag da ein technisches Problem dahinterstecken, aber das kann weder ich noch meine Tochter lösen und sie deshalb als „Schwarzfahrer“ abzustempeln ist doch relativ grotesk.

Eine „Kontrolle“ mit meinem Android-Smartphone zeigte dann daheim auch, dass dieses eTicket wohl einen RFID bzw. NFC-Chip enthält.Toll. Das so ein Chip auch mal Probleme machen kann kenne ich aus der Firma, wir dürfen in der Kantine mit eine kontaktlosen Chipkarte zahlen und wenn man die oft genug benutzt und vielleicht biegt, dann ist die „Antenne“ irgendwann unterbrochen und der Chip nicht mehr lesbar.

Also habe ich eben angefragt, wie wir jetzt weiterverfahren sollen. Immerhin steht ja diese Forderung des erhöhten Beförderungsentgeltes im Raum. Am Freitag kam dann auch eine nette Antwort mit der Bitte, doch mal mit der Karte im Kundencenter vorbei zu kommen um diese zu überpüfen. Eine nicht funktionierende Karte sei kein gültiger Fahrausweis, also ist der Kontrolleur angehalten, eben ein EBE auszustellen.

Nun gut, das hört sich ja nach einer konstruktiven Vorgehensweise an. Da wir heute vormittag sowieso in der Innenstadt unterwegs waren haben wir das Corpus Delicti mitgenommen und sind ins Kundencenter gegangen. Und jetzt wurde es vollständig bizarrr. Die Dame dort stellte im Computer fest, dass das Ticket ja eigentlich ordnungsgemäß auf meine Tochter ausgestellt war. Nun sollte der „Kontrollierfall“ (oder Fail) simuliert werden, wozu man ein Gerät wie es die Kontrolleure hier benutzen holte um damit die Karte zu lesen. Das funktionierte nicht, da die Dame dieses Gerät nicht in Betrieb nehmen konnte. Also wurde ein Kollege zur Hilfe gerufen während sich die Dame der Warteschlange zuwandte die sich mittlerweile hinter uns gebildet hat. Der Kollege meinte dann nur, wir müssten mal kurz warten, weil das Lesegerät gerade einen Update macht und das kann etwas dauern. Dieses „etwas“ erstereckte sich dann auf mehr als eine Viertelstunde bis die Erkenntnis sich durchgesetzt hat, dass neimand von den Bediensteten im Kundencenter dieses Gerät tatsächlich in Betrieb nehmen kann.

Ok, shit happens. Kann ja mal passieren. Also kam die schlaue Entscheidung der Dame, dass wir einfach die alte Karte als „defekt“ ansehen da wir es nicht verifizieren können ob es so ist oder nicht und daher eine neue Karte ausstellen. Sah auf den ersten Blick als plausible Lösung aus um meiner Tochter weiteres Unbill bei zukünftigen Fahrkartenkontrollen zu ersparen. Doch dann kam die tolle Meldung, dass wir jetzt 10 € für die Ersatzkarte bezahlen sollten!

Wie bitte??? Ok, um meiner Tochter eine „funktionierende“ Fahrkarte zu verschaffen habe ich erst mal die 10 € gegen Quittung bezahlt. Die Dame meinte, ich solle mich damit an das Schulverwaltungsamt wenden, da diese die Kostenträger für die Schülerjahreskarten seien. Aber irgendwie ist das Blödsinn, denn es mag mir vielleicht die 10 € wiederbringen, aber das darunerliegende Problem nicht lösen.

Die Verkehrsbetriebe nutzen ein offensichtlich fehleranfälliges System für ihre Zeitkarten  und wenn es zu Fehlfunktionen kommt, dann bedeutet das, dass der Kunde der rein technisch gar nicht in der Lage ist den Defekt vorab zu erkennen bei einer Kontrolle dann als „Schwarzfahrer“ behandelt wird was bei den Fahrgästen in der Umgebung dann sicher „gut“ ankommt. Und auch wenn man dann bei Klärung der Sachelage großzügig auf das erhöhte Beförderungsentgelt verzichtet soll der Kunde zur Behebung des Fehlers den er nicht verschuldet hat 10 € bezahlen.

Ich könnte die 10€ noch verstehen, wenn die Fahrkarte verloren geht, aber eine vorhande Karte die leider den aus Kundensicht bei der Kontrolle passierenden Voodoo-Zauber nicht mitmacht zu ersetzen müsste für den Kunden kostenfrei sein. Wobei kostenfrei… Parkhaus kostet 2€ und der Zeitaufwand ist angesichts des heutigen Erlebnisses auch nicht zu verachten. Und gut, dass ich dabei war, denn meine Tochter schleppt normalerweise nicht 10 € so mit sich rum und hätte wahrscheinlich gar nicht gewusst wie sie reagieren soll.

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5 Gedanken zu „Schwarzfahrer!

  1. Äh, ich bin davon überzeugt, dass Ihr woanders wohnt als wir!

    Aber der Mist läuft hier exakt genauso ab!

    Den „Knick“ in der Karte kann man nicht sehen, der Kontrolleur kann die Karte nicht einlesen (warum auch immer) und dass der Name auf der Karte, das Ablaufdatum und der dazugehörige Schülerausweis lesbar und übereinstimmend sind, dass interessiert Niemanden. Wofür waren die Daten eigentlich nochmal darauf draufgedruckt???

  2. Auf dieses Spiel hätt ich mich nicht eingelassen. Wenn Name, Schule, Ablaufdatum etc. auf der Karte steht, dann braucht der darunterliegende technische Schnickschnack niemanden mehr zu interessieren, am allerwenigsten den normalen Kunden. Es ist mir schleierhaft, dass die Zeitkarte noch einmal elektronisch ausgelesen werden muss, wenn alle Daten bereits auf der Karte enthalten sind.
    Hier in Rhein-Main ist das sogar noch ein wenig altmodischer. Neben der Schülerkarte, auf der sich der Schüler offline identifiziert, gibt es eine Monatszeitkarte, die den Gültigkeitsbereich angibt. Fertig ist die Laube. Wer diese Monatszeitkarte vergisst, darf am Nachmittag noch einmal bei den Verkehrsbetrieben antanzen und sie vorzeigen.
    Elektronisch läuft hier gar nix.

    • Ich verstehe dich voll und ganz. War ja auch ziemlich blöd. als ich daheim anrufen musste und sagen durfte, was los war. Ich hatte sie ja dabei, aber nein, der drückt mir den dummen Schein auf.

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