Gilt §90 StGB eigentlich auch in diesem Fall?

§90 StGB behandelt die  Verunglimpfung des Bundespräsidenten:

(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Bundespräsidenten verunglimpft, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Sinn und Zweck des Paragraphen wird in Absatz 3 erklärt:

(3) Die Strafe ist Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, wenn die Tat eine Verleumdung (§ 187) ist oder wenn der Täter sich durch die Tat absichtlich für Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze einsetzt.

Das ist ja alles ganz schön, aber was macht man wenn sich der Herr Bundespräsident höchstpersönlich gegen die Verfassungsgrundsätze wendet? Denn Horst Köhler war unlängst bei unseren „Aufbauhelfern“ in Afghanistan und hat dort über die Hintergründe des Einsatzes von Bundeswehrsoldaten am Hindukusch philosophiert:

Meine Einschätzung ist aber, daß insgesamt wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, daß ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muß, daß im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern , die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen. Alles das soll diskutiert werden und ich glaube, wir sind auf einem nicht so schlechten Weg.

Also befürwortet der Bundespräsident Kriege zur Wahrung von wirtschaftlichen Interessen. Diese Meinung könnte ich nachvollziehen wenn er noch seine Rolle als IWF-Vorsitzender hätte, aber als Bundespräsident ist so ein Statement sozusagen ein Angriff auf die Verfassungsgrundsätze. Und darum gibt es nun auch eine Strafanzeige gegen Horst Köhler. Sehr lesenswert auch wenn ich den Vorwurf gemäß Â§89 StGB präzisieren würde:

(1) Wer auf Angehörige der Bundeswehr oder eines öffentlichen Sicherheitsorgans planmäßig einwirkt, um deren pflichtmäßige Bereitschaft zum Schutz der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder der verfassungsmäßigen Ordnung zu untergraben, und sich dadurch absichtlich für Bestrebungen gegen den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze einsetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Und jetzt? Der Bundespräsident verstößt gegen seinen Amtseid und obigen Paragrpahen im Strafgesetzbuch. Und darf ich diese Einschätzung so formulieren oder mache ich mich mit dieser freien Meinungsäußerung nun gemäß Â§90 StGB strafbar? Genießt Horst Köhler das gleiche Unfehlbarkeitsprivileg das der Papst für sich beansprucht?

Unabhängig davon haben wir heute bei der Diskussion des Themas im Kollegenkreis dann festgestellt dass man den Wikipedia-Artikel zum Bundesverdienstkreuz um Definition „Orden um den wirtschaftlichen Verdienst der Bundesrepublik zu sichern“ ergänzen müsste.

Ein Rücktritt der sehr weh tut

So etwas hat mich heute sehr bestürzt. Nein, ich meine nicht das Ende der Koch-Show in Hessen, das geht mir mehr oder weniger am Allerwertesten vorbei denn der Nachfolger von Koch ist wohl auch nicht viel anders. Was mich wirklich getroffen hat war diese Meldung im Spiegel auf die ich über die Hinweise des Tages bei den NachDenkSeiten gekommen bin.

Georg Schramm wird die Anstalt verlassen. Nicht weil er „geheilt ist“ sondern weil er sich mehr auf persönliche Bühnenauftritte statt TV konzentrieren will weil diese für ihn wichtiger sind. So lautet die Begründung die aber sowohl im Spiegelforum als auch an anderer Stelle mit einem verwunderten Stirnrunzeln wahrgenommen wird.

Ich persönlich bedaure diesen Schritt zutiefst. Denn Georg Schramm ist jemand, der tatsächlich etwas Vernünftiges in diesen Zeiten der Unvernunft sagt. Seine Einschätzungen sind zum Teil sehr polemisch und unterschwellig hatte man Angst, dass er für diesen harten (aber gerechtfertigten) Kurs über kurz oder lang beim Sender in Ungnade fallen wird. Nun geht er und er wird ein Loch hinterlassen das nicht einfach wieder zu schließen ist.  Schade, denn mit der Anstalt hatte er die Möglichkeit an einem Abend Millionen von Fernsehzuschauern zu erreichen, die Reichweite einer Theaterbühne erscheint im Vergleich dazu doch gering.

Wenn es tatsächlich sein freier Entschluß ist das zu tun dann müssen wir das respektieren. Trotzdem wünsche ich mir, dass bei seinen Bühnenauftritten jemand das filmt und im Internet einstellt, denn seine bissigen Kommentare zum Tagesgeschehen waren immer das Salz in der Suppe des täglichen Wahnsinns und gaben einem Hoffnung, dass es doch noch intelligente Leute gibt die sich nicht scheuen, unbequeme Wahrheiten auszusprechen.

Schade, denn Georg Schramm war sozusagen auch das Argument für die GEZ-Gebühren. Hoffen wir dass sein Weggang nicht der Anfang vom Ende der Anstalt ist, denn eine Slapstick-Sendung wie es Scheibenwischer am Schluß war möchte ich mir nicht antun. Dafür rentiert es sich dann nicht mehr bis spät in die Nacht wach zu bleiben.

Georg, mach es gut und geniesse Dein Bühnenpublikum. Und lass öfter mal was hören.

Experten am Werk

Heute sind es 5 Wochen dass im Golf von Mexico die Bohrplattform „Deepwater Horizon“ explodiert und gesunken ist. Seitdem sprudelt das Öl aus dem Bohrloch am Meeresgrund, zunächst behauptete BP dass es ja nur 800.000 Liter am Tag wären, mittlerweile spricht man von 15 Millionen Litern am Tag. Man hätte das ganz wohl verhindern können, wenn man ein Sicherheitssystem eingebaut hätte das den Konzern allerdings 500.000 Dollar gekostet hätte.  Dieses Video auf YouTube berichtet über das fehlende Sicherheitssystem und auch darüber, dass es zwar bei Bohrungen vor Norwegen vorgeschrieben wäre, nicht aber bei Bohrungen vor der US-Küste. Wem verdanken wir das? Der Deregulierung unter der Regierung Bush. Die hat übrigens auch die Haftung für Ölunfälle auf 75 Millionen Dollar begrenzt.

Was da aktuell im Golf von Mexico abgeht dürfte eine Katastrophe für die ganze Region sein. Das Öl wird mit Chemikalien bekämpft deren Wirkung für das Ökosystem genauso tödlich ist wie das Öl. Das Loch ist weiterhin offen und es hat wohl auch keiner so eine rechte Peilung, wie man es schließen könnte. Mittlerweile erreicht die Ölpest die Küstenlinie von Lousiana und zudem bewegt sich wohl auch Öl auf Florida zu.

Immerhin konnte man gestern lesen, dass BP nun zugibt, dass das eine große Katastrophe sei. Wenn ich solche Meldungen lese, dann kriege ich einen unbändigen Zorn. Zorn auf die Idioten die wegen der Einsparung von 500.000 Dollar nun eine Katastrophe angerichtet haben deren Bewältigung mit Geld allein wahrscheinlich gar nicht zu zahlen ist. Und Zorn auf eine US-Regierung die diese Pfuscher von BP weiterwursteln lässt und Zorn auf die Regierungen im Rest der sogenannten zivilisierten Welt die hier auch nur tatenlos zusehen. Als wäre das alles nur ein Problem der Amis.

Und die 4. Gewalt, die Medien? Denen ist der Ausfall eines gefoulten Fussballers zur Weltmeisterschaft viel mehr Berichterstattung wert und wird hier zur nationalen Katastrophe aufgebauscht während die tatsächliche internationale Katastrophe im Golf von Mexico kaum Beachtung findet. Nachrichten zum Thema muss man wirklich mühsam suchen. Man könnte fast den Eindruck bekommen, dass hier bewusst möglichst viel verschwiegen wird.

Bürgernaher Amtsschimmel für örtliche Großvorhaben

So lustig wurde in den 80-ern der Begriff „BaFöG“ in einem Asterix Comic übersetzt. Heute ist der Amtsschimmel eher „finanzmarktsnah“. Wie anders kann erklärt werden, dass Bundestag und Bundesrat heute mal schnell 148 Milliarden Euro für die Rettung desselben bereitgestellt haben während eine im April angeleierte Erhöhung des BaFöG welche uns nicht mal 1 Prozent dieser Summe gekostet hätte heute im Bundesrat gestoppt wurde.

Hier sieht man sehr deutlich wo die Prioritäten im Land sind. Bildung ist unwichtig, Hauptsache wir retten den Kapitalismus jede Woche aus der nächsten brenzligen Lage.

Die psychologische Marke von 6000

wurde heute laut Zeitung wieder mal vom Dax unterschritten. Warum ist diese Marke psychologisch wichtig. Vielleicht sollte man sich mal das hier genau anhören:

Da kann ich nur zustimmen. Eine Politik die sich an den Öffnungszeiten der Börse in Tokio orientiert ist ein Armutszeugnis für dieses Land.

Wie die Jungfrau zum Kind

bin ich zu einem neuen Musikinstrument gekommen. Eigentlich war das für Cristina gedacht, aber ihre Handgröße ist nicht kompatibel zur Größe des Instrumentes. Also habe ich jetzt die ehrenvolle Aufgabe, das spielen zu lernen. Irgendwann pfeife ich dann bestimmt aus dem letzten Loch.

Zum Glück war bei der Lieferung auch was für mich, nämlich ein neuer Kopfhörer für den Pocket-Pod mit dem ich abends immer E-Gitarre übe. Am neuen Instrument gibts aber keinen Kopfhöreranschluß, also mal sehen, wie die Nachbarn das wegstecken.

Hurra, die Arbeitslosenzahl sinkt

Und zwar auf nur 2,3 Millionen im Jahr 2030! So zitiert heute die Augsburger Allgemeine einen Artikel im Focus über die Berechnungen des Wirtschaftsforschungsinstitutes Prognos.

Na, das ist doch mal weitsichtig gedacht. 20 Jahre in die Zukunft. Leider berichtet der Focus nicht, ob jemand für dieses Orakel auch noch einen Auftrag erteilt und vielleicht sogar Geld ausgegeben hat. Denn das wäre wohl in jedem Fall rausgeschmissenes Geld. Oder glaubt tatsächlich einer, dass irgendwer heute sagen kann, wieviele Arbeitslose wir in 20 Jahren haben werden? Wo unsere Wirtschaftseliten doch schon kläglich daran gescheitert sind die Finanzkrise voherzusehen obwohl es eigentlich genug Anzeichen dafür gab?

So eine Nachricht ist das Papier nicht wert auf dem sie gedruckt wird. Das einzige was ich so einer Meldung entnehmen kann ist dass Albert Einstein recht hatte mit seiner Vermutung betreffend der Unendlichkeit:

Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die menschliche Dummheit. Aber beim Universum bin ich mir nicht ganz sicher.

Wir kochen über

Zumindest mein Zorn ist kurz vor dem Überkochen wenn ich das lese, was der hessische Chef-Koch gerade wieder abgelassen hat: Wir leben über unsere Verhältnisse. Und darum müssen wir auf die Schuldenbremse treten, denn schließlich soll die Schuldenneuafnahme im Jahr 2016 nur noch 6 Milliarden Euro betragen.

Wie diese Bremse aussehen wird ist klar: Vollbremsung bei allen Sozialleistungen, Roland Koch will ja schon bei der Kinderbetreuung und der Bildung sparen. Früher war unter Schülern der Witz verbreitet, dass man eigentlich den Status des politischen Gefangenen haben müsste weil die Schulpflicht ja existiert, damit unser Land nicht irgendwann mal von totalen Vollidioten regiert wird. Mission failed würde ich sagen, wenn ich die heutige politische Elite anschaue.

Allerdings verkündet Koch ja nichts wirklich Neues. Wie ein DejaVu sehe ich einen Bundeskanzler Schröder vor mir der dem geschockten Volk verkündet, dass man lange über seine Verhältnisse gelebt hat und zuviel Mitnahmementalität herrscht. Es sei daher notwendig dass man den Gürtel enger schnalle und die Deutschland AG ein einer gewaltigen Anstrengung namens Agenda 2010 wieder auf Kurs bringe. Was uns diese zukunftsweisende Politik gebracht hat sehen wir an den Heerscharen der Arbeitslosen die ohne Aussicht auf einen Job von den Jobcentern verwaltet und geknechtet werden. Und an den schönen Statistiken zur Lohnentwicklung in den letzten 10 Jahren. Da dürften wir das Schlußlicht in Europa sein und dank unserer Lohnzurückhaltung konnten wir uns zum Exportweltmeister auschwingen was anderen Ländern in der Eurozone ein massives Außenhandelsdefizit einbrachte. Kein Problem, das finanzieren wir jetzt mal schnell mit neuen Kreditien die sich in der Größenordnung eines halben Bundeshaushaltes bewegen, mal kurz und schmerzlos beschlossen, denn es gibt ja angeblich keine Alternative.

Und natürlich mussten wir die Banken retten, denn die waren ja systemrelevant wie man uns erzählt. Und jetzt kommt dieser Kotzbrocken daher und erzählt uns, dass wir über unsere Verhältnisse leben würden. Ja Herr Koch, ich lebe tatsächlich über meine Verhältnisse. Denn auch mein Konto ist permanent überzogen und trotzdem gebe ich Geld für Dinge aus, die ich nicht brauche. Beispielsweise Windeln für das Kind unserer Freundin die finanziell noch schlechter gestellt ist als wir und der wir trotzdem helfen weil die staatliche Hilfe hier offensichtlich versagt. Und obwohl ich weiß, dass diese Investition in Windeln sozusagen „voll für den Arsch“ ist mache ich das viel lieber als unserem Staat einen Teil meines sauer verdienten Geldes in Form von Steuern zu geben, denn das ist zwar genauso „für den Arsch“, nur eben etwas abstrakter. Aber da ich ja abhängig Beschäftigter bin habe ich eh keine Chance, Steuern nicht zu zahlen, denn das holt sich der Staat ja schon bevor mein Gehalt überwiesen wird. Und der karge Rest wird dann mit Verbrauchssteuern belastet.

Nicht dass man mich falsch versteht. Ich bin durchaus für Steuern und würde ich wissen, dass das Geld zu wirklich sinnvollen Dingen verwendet wird dann wäre das auch ok. Wenn ich aber sehe, wie unser aller Steuergeld in marode Banken gepumpt wird und man nun eine gescheiterte Währung krampfhaft am Leben erhalten will ohne aber die Ursachen für das Scheitern zu eliminieren, dann kriege ich so richtig Lust auf Frust.

Und wenn da noch so ein neoliberaler Einpeitscher kommt der mein ich müsse meine Gürtel enger schnallen, dann ist irgendwo die Schmerzgrenze erreicht. Aber warten wir mal auf die nächste Stufe in dieser Spardebatte, da werden dann voraussichtlich wieder diverse Opfer der verkorksten Politik der letzten Jahre gegeneinander ausgespielt. Business as usual.

Nicht die Spekulanten sind schuld

an der Krise des Euro sondern die Schulden. So jedenfalls der Experte Kai Carstensen vom Ifo-Institut der heute in der Augsburger Allgemeine zitiert wird. Eine Begründung dafür hat er auch, die Schulden waren schließlich schon da als die Spekulanten kamen.

Transportieren wir diese bestechende Logik doch mal auf ein anderes Szenario. Wenn ich an einer Tankstelle mit einem Flammenwerfer aufkreuze und damit Unsinn mache, dann besteht durchaus die Wahrscheinlichkeit, dass die Kombination aus Tankstelle und Flammenwerfe in die Luft fliegt. Aber natürlich ist dann die Tankstelle daran schuld, die war ja vorher schon da und ich mit meinem Flammenwerfer bin total unschuldig.

Na ja, von einem „Experten“ der vom Ifo-Institut bezahlt wird habe ich auch keine wirklichen Argumente erwartet.