Hyperinflation

Heute kam der Schlichterspruch zu Suttgart-21: Ja, man will den unterirdischen Bahnhof bauen und natürlich die von den Gegnern bemängelten Kritikpunkte beheben. Ich hatte das Vergnügen diese Nachricht im Autoradio zweimal zu hören. In der 19 Uhr Ausgabe der Nachrichten hieß es, dass ein Ausstieg aus dem Projekt mit bis zu 1,5 Milliarden Euro zu Buche schlagen würde und damit sehr teuer wäre. Eine Stunde später, in den 20 Uhr Nachrichten wurden diese Kosten dann bereits mit 2,8 Milliarden Euro beziffert. Da soll noch einer sagen,das wäre keine Hyperinflation wenn sich die Kosten innerhalb einer Stunde fast verdoppeln.

Die Bahn und die Politik wird über diesen Schlichterspruch sehr froh sein, denn jetzt können sie ja argumentieren, dass man festgestellt hat, dass der Bau des unterirdischen Bahnhofes notwendig wäre. Und man hat zugleich auch das Argument für steigende Kosten in der Hand, denn die werden jetzt natürlich den von den Gegnern erzwungenen Verbesserungen angelastet werden.

Fazit: So wie es aussieht wird in Stuttgart ein weiteres vom Steuerzahler finanziertes Milliardengrab entstehen das keinerlei Nutzen für die Allgemeinheit bringt aber dafür einigen Leuten ihre Pfründe sichert. Jetzt können wir mal auf die Landtagswahl am 27. März 2011 gespannt sein. Mir schwant jedenfalls Fürchterliches.

Terror gegen den Reichstag?

Das ehemalige Nachrichtenmagazin hat sich in den letzten Tagen weit aus dem Fenster gelehnt und von einem bevorstehenden Anschlag auf den Reichstag in Berlin schwadroniert. Unabhängig davon wie wahrscheinlich diese Bedrohung durch den Terror ist hat man jetzt eine gute Begründung aus dem Viertel um den Reichstag in eine Hochsicherheitszone zu machen. Und die wird am 26.11. auch dringend benötigt wenn dann der Souverän seinen Repräsentanten beibiegen will, was vom an diesem Tag zu beschließenden Sparpaket zu halten ist:

Geschickt eingefädelt, das mit dem Terrorziel Bundestag. So kann man sich bestens abschotten und weiter die vom Volk nicht mehr getragene Politik machen. Hoffen wir, dass kein übernervöser Sicherheitsmann letale Waffen gegen Bürger einsetzt, die einfach nur demonstrieren wollen. Wenn man mittlerweile schon herrenlose Plastiktüten sprengt, dann lässt das sehr eindeutige Rückschlüsse auf die staatlich geschürte Paranoia in Deutschland zu.

Der Kapitalismus frisst seine Kinder

Gestern war ich im Weltladen und habe dort wieder meine Kaffee-Bestände aufgefüllt. Bio-Espresso von Gepa für knapp 18 Euro das Kilo. Hergestellt und gehandelt nach den Fair-Trade-Richtlinien und damit schmeckt der Kaffee gleich doppelt so gut wie die Bohnen bei denen man nicht weiß, welchen gierigen Schlund man mit dem Preis stopft.

Zum Glück darf ich ja noch selbst entscheiden wo ich meinen Kaffee kaufe. Öffentliche Kommunen müssen so was ja ausschreiben und „Fair Trade“ ist nach Ansicht der EU-Kommission zu sehr einschränkend und würde den freien Wettbewerb behindern.

Und natürlich ist der „freie Wettbewerb“ das goldene Kalb um das wir alle tanzen, auch die Leute die einer Partei angehören die sich angeblich „christlich“ nennt. Der Spiegel schreibt hier was Theodor Elster von der CDU dazu meint:

Kinderarbeit mache Produkte billiger, und das sei ja der „entscheidende Wettbewerbsvorteil“, dozierte der CDU-Mann. Eine Verpflichtung, solche Zustände durch faire Beschaffung zu ändern, sehe er nicht: „So weit kann Bundestreue nicht reichen.“

Ja, für manche Politiker ist der Horizont ein Kreis mit dem Radius Null und sie nennen das dann „Standpunkt“. Danke für eine weitere Lektion über die christlichen Werte des Abendlandes die wir so vehement am Hindukusch verteidigen.

Der Geier sitzt auf der Laterne

Ich geh mit meiner Laterne, und meine Laterne mit mir.
Dort oben leuchten die Sterne, hier unten die GEMA vor Gier.

So sollte der Alternative Liedtext lauten den die Kinder bei den nun stattfindenden Martinsumzügen singen sollten. Heute hat mir jedenfalls der AZ-Artikel „Laterne, Laterne kostet jetzt GEMA-Gebühr“ das Frühstück sozusagen im Halse stecken lassen. Obwohl ich das Thema ja bereits aus anderen Quellen kannte.

Erstmals gibt es aber eine Information über die Preise, die die Kindergärten zahlen sollen. Bis zu 500 Kopien kosten 56 Euro. Oder anders ausgedrückt: Bei diesen Tarifen würde ein Pack Kopierpapier mit 500 Blatt (auf die man ja bei beidseitigen Kopien 1000 Kopien machen kann) dann ungefähr 115 Euro kosten, 3 Euro für das Papier und 112 Euro für die Urheberrechtsvergütung. Sozusagen ein Schnäppchen nachdem man ja schon für das Kopiergerät (egal ob Fotokopierer, PC, Drucker oder Scanner) seine Urheberrechtspauschale abgedrückt hat.

Wenn man im Web nach Kinderliedern sucht landet man unter anderem auch im Kinderlieder-Shop. Dort kann man sich die Noten und Texte des Liedes „Ich geh mit meiner Laterne“ problemlos als PDF runterladen. Allerdings steht auf den Seiten des Kinderlieder-Shops auch der Hinweis auf die Verwertungsgesellschaft Musikedition die hinter den Urheberrechtsgebühren für Liedkopien in Kindergärten steckt.

Die Webseite der VG-Musikedition ist dann auch sehr interessant. Das Thema „Kopiergebühr für Kindergärten“ erzünt wohl noch mehr Leute als nur mich und daher gibt es auf der Startseite gleich einen Link auf die Stellungnahme der VG Musikedition.

Das Geschütz welches die VG Musikedition auffährt um ihre Forderungen zu begründen ist §53 UrhG. Ein „absolutes Kopierverbot für Noten“ so wie es die VG Musikedition suggerieren will kann ich aber nicht sehen. Explizit heißt es unter Absatz 4 (auf den Musikteil gekürzt):

Die Vervielfältigung grafischer Aufzeichnungen von Werken der Musik,ist, soweit sie nicht durch Abschreiben vorgenommen wird, stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig oder unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2 oder zum eigenen Gebrauch, wenn es sich um ein seit mindestens zwei Jahren vergriffenes Werk handelt.

Das würde bedeuten, dass ich zwar nicht die oben verlinkte PDF fotokopieren darf weil es sich ja um das Werk des Musikverlages handelt, wohl aber selbst dieses Lied „abschreiben“ darf was ja auch durch die Gemeinfreiheit des Werkes an sich abgedeckt wäre.  Denn der Ursprung des beliebten Laternensong geht laut Liederlexikon weit in die Vergangenheit zurück und daher dürfen wir getrost annehmen, dass der dieses Lied im Status der Gemeinfreiheit steht.

Interessant ist auch, die Webseitenstruktur der VG Musikedition. Da erfährt man dann, dass Musikschulen pro Schüler 15 Euro pro Jahr bezahlen dürfen. Und für Kirchenchöre gibt man sich besonders viel Mühe und  verlinkt sogar eine PDF in der haarklein erklärt wird wie böse das Kopieren von Musiknoten doch ist.

In dieser PDF wird auch behauptet, dass ein „Abschreiben“ der Noten am PC, also z.B. das Setzen der Noten mit speziellen Notensatzprogrammen (ich selbst verwende hier gerne Lilypond) zwar erlaubt wäre, aber diese „Kopie“ dann auch nur ein einziges mal ausgedruckt werden dürfte und nicht 20 mal. Oder eben 20 mal ins Notensatz-Programm getippt werden müsste.

Da bin ich jetzt aber neugierig, denn im Falle des Laternensongs reden wir von einem gemeinfreien Werk. Das bedeutet für mich, dass ich zwar nicht das von einem Musikverlag gesetzte Notenblatt einfach fotokopieren darf, wohl aber das von mir selbst handschriftlich oder via Notensatzprogramm erstellte Notenblatt. Denn pardon me, dann müsste ja jeder Musikverlag der Klassiker veröffentlicht an irgendwen Urheberrechtsgebühren zahlen, tatsächlich ist so ein gemeinfreies Werk aber eine schöne Einnahmequelle da kein Urheber mehr vergütet werden muss und man an der „Verwertung“ verdient.

Es gibt im Web beispielsweise die Seiten des Gutenberg-Projektes von denen man die Klassiker der Weltliteratur als kostenlose und frei weitergebbare E-Books herunterladen kann. Sogar mein Cybook Opus E-Bookreader war bei der Auslieferung mit etlichen E-Books von dort gefüllt.

In Sachen Musik gibt es ein ähnliches Projekt namens Cantorion wo es freie Noten zum Runterladen gibt.  Eine weitere Sammlung von gemeinfreien Noten ist die Petrucci-Bibliothek.

Eine logische Konsequenz aus dieser Kindergarten-Abzocke wäre daher, in Kindergärten eben nur noch gemeinfreie Musik zu nutzen und sich an den entsprechenden kostenlosen Quellen zu bedienen.

Und so ganz nebenbei sollten wir auch nicht vergessen, dass bei den Martinsumzügen an einen Mann gedacht wird der sein Leben nicht der Gier sondern dem Teilen seiner Besitztümer mit anderen gewidmet hat. Aber solche sozialen Ideen haben in einer turbokapitalistischen Welt in der man sogar Kriege aus wirtschaftlichen Interessen heraus legitimieren will (jawohl Herr zu Guttenberg, sie sind später dran) keinen Platz mehr.

Frau Merkel, treten sie zurück!

Dank ihrer korrupten Politik zugunsten der Atomlobby trafen dieses Wochenende wieder junge Menschen im Wendland aufeinander. Auf der einen Seite welche in der Uniform der imperialen Knüppelschwinger, auf der anderen Seite besorgte Bürger in Outdoor-Kleidung um sich vor den zu erwartenden „Deskalationsmaßnahmen“ schützen zu können.

Guckt man sich die Videos genauer an, dann kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich manche der hier im Einsatz befindlichen Polizisten alles andere als wohl in ihrer Haut fühlen. Natürlich kann man jetzt argumentieren, dass es nicht der Job eines Polizisten ist sich wohl zu fühlen, aber hier wird ein ungelöster Konflikt ausgetragen indem man etwas für das es keinen Rückhalt beim Volk gibt mit Gewalt durchsetzen will.

So richtig sinnlos wird diese Auseinandersetzung wenn man dann noch lesen muss, dass die Castoren keineswegs mal im Salzstock zu Gorleben zwischengelagert werden sondern die nächsten 30-40 Jahre in einer Halle „abkühlen“ um danach… Ja, keiner weiß heute was man in 30-40 Jahren mit den Behältern machen soll. Und strahlen tun die Dinger noch eine sehr sehr viel längere Zeit.

Alle Castor-Behälter in Gorleben zu konzentrieren heißt nichts anderes als Tatsachen schaffen zu wollen, also z.B. dann den eigentlich ungeeigneten Salzstock mit irgendwelchen Gefälligkeitsstudien dann doch zum „Endlager“ erheben zu wollen. Na ja, in 30-40 Jahren werden viele unserer derzeitigen Politiker ja schon die berühmten Radieschen von unten sehen und die zukünftige Regierung wird sich freuen, wenn sie sich des Problems annehmen muss das die heutige Regierung mit ihrer unverantwortlichen Politik hinterlassen hat.

Statt sie in  Gorleben zu konzentrieren könnte man die Castor-Behälter auch großflächig in der Republik verteilen und z.B. wieder zu den AKWs karren die den Atommüll produziert haben. Aber das will natürlich keiner, denn kaum ein AKW hat einen Salzstock auf dem Hof um die Illusion des „Zwischenlagerns“ zu stützen.

Frau Merkel, als Dokter der Physik sollten sie genügend zum Thema wissen um Deutschland nicht an die Atomlobby zu verkaufen. Da sie es doch getan haben bleibt dem Volk keine andere Möglichkeit als Widerstand zu leisten und ihren Rücktritt zu fordern. Nehmen sie dabei bitte auch den Rest ihres Gruselkabinettes mit, wir brauchen keine Marionetten der Lobbyisten im Bundestag sondern Politiker, die die Probleme in unserem Land lösen wollen statt täglich neue zu schaffen.

Unschuldsvermutung

Die Online-Ausgabe der taz hat heute einen Artikel unter dem Titel „Schuld sind nicht die Neoliberalen„. Der Artikel behandelt die Public Private Partnerships (PPP) und den Umstand, dass bei solchen Aktionen der Bürger am Ende eigentlich immer draufzahlt. Interessant ist in dem Zusammenhang aber die in meinen Augen sehr blauäugie Aussage zur Ursache:

Besonders beliebt ist die Vermutung, dass „unfähige“ Politiker blind einer „neoliberalen Ideologie“ folgen würden. Doch tatsächlich haben viele Kommunalpolitiker keine Wahl: Ihre Gemeinden sind pleite. Sie können ihre Schulen nicht sanieren, ihre Hallenbäder nicht betreiben, die Parks nicht pflegen. Also wird das berühmte „Tafelsilber“ zu Geld gemacht und einem Investor überlassen.

Schlußfolgerung: Da die Kommunen pleite sind gibt es keine Alternative als das Tafelsilber an Investoren zu verhökern und natürlich sind die Neoliberalen daran nicht schuld. Für mich ist das allerdings viel zu kurz gedacht. Hier fehlt eindeutig die Frage nach dem „Warum“. Warum sind die Kommunen pleite? Könnte es vielleicht daran liegen, dass neoliberale Politik nicht nur in den Stadträten stattfindet die ihr Tafelsilber verscherbeln sondern in allen Ebenen bis hin zur Bundesregierung, die den Kommunen immer mehr Ausgaben aufbürdet um selbst „sparen“ zu können. Ist es nicht so, dass wir dank neoliberaler Politik seit Jahren keine realen Lohnzuwächse haben und sich das auf die Binnennachfrage (und damit die an die Kommunen fließenden Unternehmenssteuern) verheerend auswirkt? Ja, ist es nicht sogar so, dass sich Kommunen im „Wettbewerb um den günstigsten Industriestandort“ gegenseitig unterbieten was das Erheben von Gewerbesteuern angeht? Wundert es da dann noch einen, wenn die kommunalen Budgets allesamt total ausgereizt sind und kein Geld mehr da ist?

Aber ist es sinnvoll das Tafelsilber zu verkaufen um kurzfristig wieder Geld in die Kassen zu bekommen? Wenn ich pleite wäre könnte ich auch mein Haus verkaufen und dem neuen Eigentümer wieder Miete zahlen. Und ich wäre ihm ausgeliefert und würde bestimmt mehr zurückzahlen als der Kaufpreis den er mir heute zahlt. Genauso funktionieren die Public Private Partnerships. Für das schnelle Geld im Stadtsäckel werden zukünftige Generationen mit Schulden belastet.

In so einem Zusammenhang mit TINA (there is no alternative) zu argumentieren ist auch ein wenig daneben, denn wenn der Bankrott nur noch durch den Verkauf des Tafelsilbers aufzuhalten ist, dann stellt sich die Frage, wie es nach dem Verkauf desselben weitergeht. Solange an der Einnahmen- und Ausgabensituation der Kommune nichts geändert wird ist der Erlös des Tafelsilbers bestenfalls der Tropfen auf den heißen Stein der aber langfristig die Situation nicht verbessert.

Ich würde daher schon behaupten, dass die Krise in den kommunalen Haushalten der jahrelangen konsequenten neoliberalen Politik in allen Ebenen anzulasten ist. Auch wenn die taz hier anderer Meinung ist.