Vor dem Gesetz sind alle gleich

Und weil das so ist wird auch mal schnell die Immunität eines Abgeordneten aufgehoben wenn dieser im Verdacht steht, er würde Kinderpornographie besitzen. Das ist auch dem ehemaligen SPD-Mitglied Jörg Tauss passiert und dank einer undichten Stelle im Ausschuß der die Immunität von Tauss aufgehoben hat war die Sensationspresse wohl noch vor der Polizei am Ort der Hausdurchsuchung gegen Tauss.

Tauss hat wohl tatsächlich Kinderpronos irgendwo gehabt und er hat mittlerweile auch erklärt, dass er sich diese verschafft hat um im Rahmen seiner netzpolitischen Arbeit abzuklären, was tatsächlich an der Aussage dran ist, dass ein Milliardenmarkt für Kinderpornographie existiert. Er könnte sich also ohne weiteres auf Absatz 5 von §184b StGB berufen und das tut er ja auch. Trotzdem wird seit geraumer Zeit fleißig gegen ihn ermittelt.

Eine andere Politikerin von der auch gemunkelt wird, sie würde Kinderpornographie besitzen und hätte diese sogar vor versammelten Journalisten vorgeführt um Fürsprecher gegen ihre damals noch im Planungsstadium befindlichen Stoppschilder zu bekommen ist unsere Familienministerin Ursual von der Leyen. Und aufgrund dieser Geschichten hat wohl jemand sich erdreistet und Anzeige gegen die Familienministerin erstattet, eben wegen Besitz und Verbreitung (öffentliche Vorführung) von Kinderpornographie. Hier könnt ihr sehen, wie das ausgegangen ist. Fefe war so nett, die entscheidenden Stellen auch gleich abzutippen (und ich habe heute schon genügend abgetippt):

Die vorliegende allein in Betracht kommende Strafnorm des § 184 b Abs. 1 Nr. 2 Strafgesetzbuch (StGB) erfordert ein öffentliches Vorführen von kinderpornographischem Material.Eine Vorführung ist nach allgemeiner Ansicht dann öffentlich, wenn sie von einem größeren, individuell nicht feststehenden bzw. jedenfalls durch persönliche Beziehungen nicht verbundenen Personenkreis wahrgenommen werden kann.

An anderer Stelle liest man dann auch ganz munter, dass für die Familienministerin natürlich §184b Abs. 5 gilt, immerhin hat sie ja im Jahr 4 ihrer Amtszeit als Familienministerin tatsächlich die Kinderpornographie im Internet „entdeckt“ und gleich angefangen sie zu bekämpfen.

Dagegen ist ein Politiker wie Tauss, der seit langer Zeit im Netz unterwegs ist und sogar genügend Sachverstand hat um zu wissen von was er redet natürlich ein ganz anderer Fall.

Post vom Petitionsausschuss

Heute habe ich einen Brief (ja, per Schneckenpost) vom Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages bekommen. Es ist die Reaktion auf meine über das Online-Portal eingereichte Petition von neulich.

Man dankt mir für meine Petition, will aber aus folgenden Gründen von einer Veröffentlichung meiner Petition absehen:

Der Petitionsausschuss hat Ihr Anliegen aufgrund einer sachgleichen Eingabe bereits früher geprüft.

Ich bitte Sie, das Ergebnis der als Anlage beigefügten Begründung zu einer Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses zu entnehmen, der der Deutsche Bundestag am 13. März 2008 zugestimmt hat.

Also war ich nicht der Einzige, der gerne eine Tarifansage für Call-by-call hätte. Immerhin schon etwas, und ja, wenn es dazu schon eine Entscheidung gab, dann interessiert die mich auch. Also mal in die Anlage geschaut, ich tipp das einfach mal ab:

Beschlussempfehlung

Das Petitionsverfahren abzuschließen.

Begründung

Mit der Petition wird eine generelle Tarifansagepflicht der Anbieter von Telefondienstleistungen im Rahmen sogenannter Call-by-Call-Verbindungen gefordert.

Es wird im Wesentlichen kritisiert, dass nur ein Teil der Telefondienstleister vor dem Zustandekommen eines Gesprächs eine Tarifansage tätigt. Da die Tarife der Anbieter ständigen Änderungen unterworfen seien, könne der Verbraucher die anfallenden Kosten nicht ausreichend beurteilen. Wie bei Handelsware, an der der Preis sichtbar anzugeben sei, müsse auch bei Telefondienstleistungen der Presihinweis vor der Inanspruchnahme der Dienstleistung erfolgen. Das derzeitige Telekommunikationsgesetz (TKG) bietet dem Verbraucher einen unzureichenden Schutz.

Zu dieser Thematik sind beim Petitionsausschuss drei weitere Petitionen eingegangen, die einer gemeinsamen parlamentarischen Behandlung zugeführt werden. Der Petitionsausschuss bittet daher um Verständnis, dass nicht auf jeden vorgetragenen Gesichtspunkt gesondert eingeganen werden kann.

Der Petitionsausschuss hat zu der Petition die Stellungnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) eingeholt. Außerdem wurde der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie gemäß Â§109 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GOBT) um Abgabe einer Stellungnahme gebeten, die das Anliegen der Petition den Gesetzentwurf der Bundesregierung „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung telekommunikationsrechlicher Vorschriften“ (Bundestags Drucksache 16/2581) betraf, das dem Fachausschuss zur federführenden Beratung vorlag. Diese Überweisung an den Fachausschuss hat das Ziel, die Petitionen in die Beratungen des Gesetzentwurfs einzubeziehen.

Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Mit der Verabschiedung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung auf Drucksache 16/2581 wurde dem Anliegen der Petenten nicht entsprochen. Die Belange des Verbraucherscchutzes stellen zwar einen wichtigen Aspekt bei der Gesetzgebung dar. Das Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften regelt daher die Rechte und Pflichten der Anbieter und ihrer Kunden. Es steht jedoch grundsätzlich jedem Unternehmen frei, zu entscheiden, wie es seine geschäftlichen Gepflogenheiten ausgestaltet und welche Serviceleistungen es für seine Kunden einbringt. Ind diese unternehmerische Freiheit fallen auch Entscheidungen über Preisansagen vor Call-by-Call-Verbindungen. Eine obligatorische Preisansagepflicht vor jeder Call-by-Call-Verbindung ist angesichts der geringen Preise für diese Verbindungen und der erheblichen Investitionen der Netzbetreiber nach Auffassung des Petitionsausschusses zudem unverhältnismäßig. Auf der andren Seite obliegt es der freien Entscheidung des Verbrauchers, ob er einen Anbieter mit Preisansage oder ohne dieses Serviceangebot wählt.

Zum Schutz der Verbraucher sieht das TKG eine Preisansagepflicht bei den 0(900)er- und 0(137)er-Rufnummern sowie für weitervermittelte Gespräche durch sprachgestützte Auskunftsdienste vor. Danach müssen Anbieter dieser Rufnummern den für die Inanspruchnahme des Dienstes zu zahlenden Preis zeitabhängig je Minute oder zeitunabhängig je Inanspruchnahme einschließlich der Umsatzsteuer oder sonstiger Preisbestandteile geben.

Gegen die geforderte Erweiterung der gesetzlichen Regelung spricht zudem ferner, das die Kosten zur Errichtung eines Preisansagesystems erhebliche Investitionen der Netzbetreiber zur Folge hätten, mit deren Umlage auf die Verbraucher zu rechnen sei.

Der Petitionsausschuss kann eine gesetzliche Änderung im Sinne des geäußerten Anliegens nicht in Aussicht stellen. Er empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen.

Das war die Anlage, die Links habe ich gleich eingebaut. Und was sagt mir das jetzt? Folgende Aussagen halte ich für wesentlich:

  • Das Unternehmen hat freie Hand bei der Ausgestaltung seiner geschäftlichen Gepflogenheiten, ist das Business-Modell also „Wucher & Abzocke“ dann gibt es keinen rechtlichen Handlungsbedarf. In Anbetracht der aktuellen Internet-Zensur-Diskussion frage ich mich dann schon, ob die Unternehmensgepflogenheiten ein rechtsfreier Raum sind…
  • Man kann einem solchen Call-by-Call-Anbieter einfach keine Preisansage aufbürden, die ist viel zu teuer. Das ist besonders hinreichend durch den Umstand erklärt, dass ein Anbieter mit 1,7 Cent Minutenpreis es schafft eine solche Ansage zu schalten, der Anbieter der 12 Cent pro Minute für die gleiche Leistung haben will aber nicht.
  • Und natürlich wären ja auch alle Verbraucher betroffen weil das Unternehmen die „hohen Investitionen“ (welche das wohl sind) wieder auf die Verbraucher umlegen würden.

Insbesondere der letzte Punkt ist sozusagen der Brüller, denn als unser Bundestag die Vorratsdatenspeicherung eingeführt hat um die Zahl von Null-Komma-Null Terroranschlägen in Deutschland weiter zu senken hat keiner Bedenken angesichts der enstehenden Investitionskosten zur Errichtung einer Protokollierungs-Infrastruktur geäußert. Und als sie unlängst das ZugangsErschwernisGesetz verabschiedet haben waren die Kosten der Provider für die Einrichtung einer Zensurinfrastruktur ihre geringste Sorge.

Fazit: Richtet sich ein Gesetz gegen bürgerliche Freiheitsrechte, dann sind die Kosten die jeder Bürger dafür aufbringen muß irrelevant. Richtet sich ein Gesetz gegen die modernen Raubritter und ihre dubiosen Geschäftsmethoden und würde so ein Gesetz dem Bürger in irgendeiner Weise nützen kann man es nicht beschließen weil die Einführung mit nicht zu rechtfertigenden Kosten verbunden ist.

Danke für diese Aufklärung zur Sachlage. Klick ich halt weiter auf das Kästchen das meine Suche bei Teltarif.de auf Anbieter mit Tarifansage einschränkt…

Zensursula lügt wieder schamlos

Kaum hat der Bundestag dem ZugangsErschwerungGesetz zugestimmt (aka Websperren gegen Kinderpornographie), schon meint unsere Familienministerin sich in ihrer grenzenlosen Dummheit mit den gleichgesinnten in andern Ländern zusammenschließen zu müssen.

Die Folge daraus ist klar, natürlich werden jetzt noch mehr Web-Sperren gefordert. Die Filterliste soll jetzt von Europol kommen und sozusagen die Vereinigungsmenge aller Filterlisten aller Staaten darstellen die sich dem unermüdlichen Kampf gegen die Kinderpornographie verschrieben haben.

Und das sind laut des verlinkten Heise-Artikels ja leider nicht alle, angeblich gibt es in 95 Staaten keine Gesetze gegen Kinderpornographie. Schrecklich und das erklärt auch, warum Zensursulas französiche Kollegin daraus zwanghaft ableitet, dass man halt lokal noch viel mehr sperren muß.

Dummerweise haben wir aber noch einen relativ unzensierten Netzzugang. Und weil sich 95 Staaten (bei insgesamt unter 200 Staaten auf der Welt) doch sehr seltsam anhört hat Dirk Landau mal recherchiert:

Um es kurz zu machen hier das Ergebnis meiner Recherche:

  • In 71 der 95 aufgeführten Länder ist Pornografie per se illegal. Also wäre eine Entfernung kinderpornografischer Inhalte von Servern in diesen Ländern unproblematisch zu gewährleisten.
  • Für 9 der Länder kam ich zu keinem Ergebnis ob der Fragestellung
  • 15 der 95 erlauben generell Pornografie und sind somit tatsächlich potenzielle „Kinderporno-Schurkenstaaten“
  • 3 der letztgenannten haben zwischenzeitlich allerdings entsprechende Kinderschutz-Gesetze, die auch Kinderpornografie berücksichtigen, erlassen

Verfassungswidrige Regierung

Vor einiger Zeit fand ich via NachDenkSeiten einen Link zum Goethe Institut. Normalerweise würde man das jetzt in die Kategorie Kultur einsortieren, aber was da stand war sehr aufschlußreich:

Es ist ein in der Geschichte der Bundesrepublik einmaliger Vorgang: In den letzten vier Jahren hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) jedes neue Sicherheitsgesetz, das im Zusammenhang mit der Anti-Terrorismus-Gesetzgebung auf den verfassungsrechtlichen Prüfstand kam, für verfassungswidrig erklärt.

Heute kam via blogwuerdig dann ein Link zu einer Übersicht der verfassungswidrigen Gesetze. Winfried Wacker hat sich mal die Arbeit gemacht und die Gesetze die angeblich unserer Sicherheit dienen sollen aufgelistet.

Diese Liste wird wohl noch länger werden wenn ein abschließendes Urteil zur Vorratsdatenspeicherung kommt und natürlich wird das ZugangsErschwG auch in die „Hall of Blame“ aufgenommen werden, welche die Unfähigkeit unserer Politiker dokumentiert selbst einfache und elementare Grundrechte zu verstehen und zu respektieren.

Dirk Hellbrecht (Piratenpartei Deutschland) bei Phoenix

Am Dienstagabend war der Vorsitzende der Piratenpartei Deutschland, Dirk Hellbrecht auf Phoenix zu sehen. Ich habe diese Sendung zwar verpasst, aber dank des Internets kann ich sie denn noch sehen. Ich verlinke hier mal die 5 Teile auf Youtube (wegen der 10 Minuten Begrenzung), denn keiner weiß wie lange die hochauflösenden Streams auf den Servern der ÖR-Sender abrufbar bleiben werden. Youtube scheint hier mehr Kontinuität zu haben:

Teil1, Teil2, Teil3, Teil4 und Teil5.

Die erste Kritik zur Sendung las ich gestern abend auf F!xmbr und da kam Hillbrecht gar nicht gut weg. Kristian Köhntopp nahm die Sendung zum Anlass einen Lebensbericht aus der Online Welt zu schreiben. Diesen Bericht können bestimmt viele Netzbürger nachvollziehen. Das Datenritter-Blog merkt allerdings an, dass diese Nachricht von Normalbürgern kaum verstanden werden wird und wenn wir die überzeugen wollen müssen wir in deren Sprache kommunizieren. Da hat er im Sinne von Paul Watzlawicks Definition einer Kommunikation vollkommen recht: Es kommt nicht darauf an was man zu sagen glaubt sondern darauf, was der Empfänger der Botschaft versteht. Ingo Jürgensmann sieht Hillbrechts Auftritt hingegen etwas entspannter.

Nachdem ich mir gerade die Sendung via Youtube angesehen habe möchte ich natürlich auch meinen Senf dazu schreiben.

Ja, Hillbrecht hat sich in meinen Augen ganz wacker geschlagen. Ich weiß nicht, welche Fernseh-Erfahrung er hat und ich möchte nicht wissen wie ich mich an seiner Stelle verhalten hätte. So aus der bequemen Zuschauerperspektive fallen einem ja meistens die Dinge viel leichter als wenn man selbst auf dem heißen Stuhl sitzt.

Den beiden Gesprächspartnern von Hillbrecht, dem Moderator Christoph Minhoff und dem CDU-Politiker Rupert Scholz muß ich jedoch schleche Noten in Sachen Diskussionskultur ausstellen. Es kam während der Sendung immer wieder vor, dass Hillbrecht mitten im Wort unterbrochen wurde und seine Argumente nicht zu Ende formulieren konnte.

Hier muß man Hillbrecht allerdings auch attestieren, daß er sich relativ leicht abwürgen ließ, ein rhetorisch besser geschulter Redner hätte das wohl nicht zugelassen.

An anderen Stellen haben Minhoff und Scholz hingegen offensichtlich vergessen, dass sie noch einen dritten Gesprächspartner haben und philosophieren relativ lange über Dinge, die sie eigentlich nicht vollständig verstehen (was sie auch zugeben).

Rhetorische Ansatzpunkte hätten auch die von Scholz konstruierten Beispiele gehabt. Als er mit dem hypothetischen Mordaufruf gegen Hillbrecht auf einem Server in Uruquay (schreibt man das so?) die Notwendigkeit von lokalen Sperrverfügungen in Deutschland zu begründen versuchte weil man ja den Mordaufruf auf dem Server in Südamerika nicht löschen kann hätte man schon entgegnen können, daß so ein Mordaufruf zwar in der Tat strafbar ist, aber sich andersrum wohl in einem zivilisierten Land wie Deutschland hoffentlich niemand soweit entblödet einem solchen Aufruf Folge zu leisten und einen tatsächlichen Mord zu begehen.

Und als die Sprache auf die Urheberrechte und das geistige Eigentum kam wollte Scholz mit dem Grundgesetz argumentieren, daß ja nicht zwischen materiellem und geistigem Eigentum unterscheidet und man deswegen beides zu schützen hat. Hier hätte man gleich bei Artikel 14 GG Absatz 2 einhaken können der da lautet:

Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

Darunter verstehe ich als moderner Mensch eine Verpflichtung, sein Wissen (also das was manche als ihr geistiges Eigentum ansehen) der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen.

Besonders krass war dann zum Ende der Sendung noch das Thema „Jörg Tauss“ der vom Moderator Minhoff sozusagen wieder öffentlich schuldig gesprochen wurde. Das erinnerte dann schon ein wenig an die Hexenprozesse der heiligen Inquisition.

Rente mit 67 und die Augsburger Allgemeine

Gestern am Zeitungsstand irgendwo fiel mein Blick auf die Schlagzeile der Bild-Zeitung die da vermeldete, dass die Rente mit 67 wohl nicht kommen wird. Das hat denen angeblich der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Pronold geflüstert.

Prompt beackert die Augsburger Allgemeine heute das Thema auch recht ausführlich. Auf der Titelseite gibt es einen Artikel in dem das Spektrum der Politik den Herrn Pronold wegen seiner Äußerung rüffelt.

Auf Seite 2 gibt es dann einen Kommentar von Rudi Wais zum Thema. Der starte mit dem Satz

Die Rente mit 67 ist nicht populär, aber notwendig.

Da ist man doch gleich richtig vorbereitet was dann kommt. Allerdings schafft es Herr Wais dann doch den Leser zu überraschen denn der Kommentar begnügt sich darin, auf eine am boden liegende SPD einzuprügeln und sie sozusagen angesichts ihrer Orientierungslosigkeit zu verhöhnen. Nicht, dass ich viel Mitleid mit der SPD hätte, aber irgendwie erscheint mir so ein Kommentar doch ein wenig sadistisch. Zu guter Letzt kramt Herr Wais dann noch in der Demographie-Kiste und schreckt die Leser damit auf, dass man im anderen Fall den Bundeszuschuss an die Rentenkassen auf 100 Milliarden Euro hieven müssste.

Da schaut man natürlich ehrfürchtig hin. 100 Milliarden Euro, das ist ungefähr der Betrag der ohne großes Federlesens mal schnell in eine marode Bank namens HRE gepumpt wird. Aber wehe, man müsste das in die Rentenfinanzierung stecken.

Im Politik-Teil dann noch mal ein großer Artikel aus der Feder des Herrn Wais. Unter „Die Ausgangslage“ liest man:

Mit der Erhöhung des Rentenalters von 65 auf 67 Jahre will die Bundesregierung die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in den kommenden Jahren abei 20% stabilisieren. Im Moment liegt der Beitragssatz bei 19,9%. Ohne die Rente mit 67 würde er nach verschiedenen Berechnungen bis zum Jahr 2030 auf 24,5% steigen.

Das jahr 2030 liegt in einer 21 Jahre entfernten Zukunft. Wir haben also Prognosen die 21 Jahre in die Zukunft reichen. Da fällt mir spontan Volker Pispers und sein Beitrag in der Anstalt zum Thema Prognosen ein.

Und natürlich kommt auch wieder das Argument mit dem Zuschuß zur Rentenfinanzierung aus Steuergeldern. Das ist aber eigentlich nur ein Beweis für das Mackenroth-Theorem, eben die Aussage, dass die nicht arbeitende Bevölkerung von der arbeitenden Bevölkerung versorgt werden muß. Also das was wir „Generationenvertrag“ nennen, wobei gerne übersehen wird, dass die arbeitende Bevölkerung in diesem Fall nicht nur die Rentner sondern eben auch die Kinder versorgt. Es ist schon sehr befremdlich zu sehen wenn die neoliberalen Parolen immer versuchen einen Konflikt anzuheizen dass die Alten die Jungen finanziell ausbluten lassen und sich aber keiner Gedanken macht, dass das Mackenroth-Theorem auch für die Versorgung der Kinder angewendet werden muß.

Unabhängig davon krankt unsere Rentenversicherung aktuell weniger an der demographischen Situation, denn wäre es so würde eine Verschiebung des Rentenalters von 65 auf 67 eigentlich nur dann was bewirken wenn der Anteil der Leute die zwischen 65 und 67 das Zeitliche segnen recht groß ist. In Zeiten der Wirtschaftskrise und den damit verbundenen Arbeitsloenproblemen bedeutet „Rente mit 67“ aber eigentlich nur, dass man mit weniger Rente zufrieden sein soll weil man seine Beitragsjahre wohl kaum voll kriegen wird. Da sind dann plötzlich doch wieder genügend Junge da die einen Job brauchen auf dem man demnach nicht mehr länger kleben bleiben soll.

Die andere großen Probleme sind natürlich die steigende Anzahl von nicht sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen und der ständig wachsende Anteil an Niedriglohnjobs. Klar, dass die paar Beitragszahler am Existenzminimum sich dann schon abrackern müssen um die zahlreichen Rentner zu finanzieren.

Seltsamerweise lese ich bei solchen Artikeln aber nie Gedanken zur Änderung des Rentensystems. Warum werden die Rentenversicherungsbeiträge nur von der Bevölkerung in abhängigen Arbeitsverhältnissen bezahlt? Solange das so ist stellt der Bundeszuschuß aus Steuergeldern ja nur einen gerechten Ausgleich dar um die anderen über Steuerabgaben am Rentensystem zu beteiligen. Wie wäre es um die Finanzierung einer umlagenfinanzierten Rente bestellt, wenn jeder arbeitende Mensch einen festen Prozentsatz seiner Einkünfte in ein solches Rentensystem einzahlen würde, also ohne Beitragsbemessungsgrenze. Einkommensmillionäre zahlen dann entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit und der Durchschnittsbürger eben auch. Ich wage zu behaupten, dass so eine Reform den Beitragssatz unter die 10%-Marke bringen könnte und dass dabei am Ende Renten rauskommen die für die Betroffenen mehr als ein Almosen nach über 40 Jahren Arbeit darstellen.

Natürlich ist so eine Forderung bei den aktuellen Macht- und Lobbystrukturen illusorisch, denn diejenigen die dann mehr zahlen müssen werden alles daran setzen daß es nicht so kommt. Also werden wird die Politik weiterhin fleißig die gesetzliche Rente demontieren und die verängstigen zukünftigen Rentner in die Fänge einer privaten Versicherungswirtschaft treiben deren zukünftige Rentenzahlungen aber auch gemäß des Mackenroth-Theorems von den dann Erwerbstätigen zu erbringen sind.

Sie haben es tatsächlich gewagt

Gestern war ein denkwürdiger Tag. Die Regierungskoalition hat die Websperren beschlossen und damit faktisch den Grundstein für eine universelle Zensur von beliebigen Inhalten gelegt.

Da war es egal, daß bei der größten Petition aller Zeiten sich knapp über 134.000 Mitbürger gegen ein solches Vorhaben ausgesprochen haben. Da war es egal, daß unzählige Experten davon abgeraten haben, wohl wissend daß so ein Beschluß die Büchse der Pandora öffnet und man die Geister die man damit ruft nie mehr los wird.

In ihrer absoluten Überheblichkeit sind unsere Volksvertreter leider zu weit gegangen. Offensichtlich ist es bei ihnen noch nicht angekommen, daß sie damit nicht Lieschen Müller verarschen sondern „Netizens“, also Leute die über ein gewaltiges Netzwerk an Kontakten zu anderen Leuten verfügen und dieses nun auch für einen Wahlkampf nutzen werden, dessen oberstes Ziel nur lauten kann: Jagt diese Regierung zum Teufel!

Wie ein Oppositionsredern der FDP angemerkt hat ist dieses Gesetz nicht nur verfassungswidrig weil es der Zensur Tür und Tor offnet sondern es ist in sich schon verfassungswidrig weil der Bund damit in die Kompetenzen der Ländergesetzgebung eingreift.

Ab heute herrscht Infokrieg und auch wenn die Regierung die weitgehende Kontrolle über die Printmedien hat und in der Bild-Zeitung sozusagen ihr offizielles Propaganda-Sprachrohr hat schläft das Netz nicht.

Bereits heute morgen war eine Seite online, auf der man nachsehen kann welcher Abgeordnete wie abgestimmt hat. Hier der Dank an Jörg Tauss und die anderen Abgeordneten die genügend „Arsch in der Hose hatten“ bei diesem wichtigen Thema eine namentliche Abstimmung zu erzwingen. Jörg Tauss hat natürlich gegen das Gesetz gestimmt und das auch sehr gut begründet.

Bislang habe ich meinen RSS-Reader noch gar nicht angeworfen um die üblichen Seiten abzugrasen, aber über die Kommentare des Heise-Forums zum Thema habe ich mittlerweile wieder Links auf soviele neue interessante Blogs erhalten, dass meine Blogroll wohl bald in die dreistelligen Bereiche geht.

Auch wenn ein einzelner Blogger vielleicht nicht die gleiche „Reichweite“ hat wie eine gedruckte Zeitung, so sind wir den Print-Medien trotzdem zahlenmäßig weit überlegen. Und als besonderer Vorteil kommt die direkte Verfügbarkeit der Informationen im Netz (wenigstens solange die Sperr-Infrastruktur noch nicht aktiv ist) hinzu was bedeutet, dass jede „Netzbürger“ sich blitzschnell aus diversen Quellen informieren kann und nicht mehr auf die Informationen aus einer Tageszeitung angewiesen ist.

Zudem werden am morgigen Samstag in vielen deutschen Städten Demonstrationen stattfinden. Es werden also „Netzbürger“ auf die Straße gehen um den „Normalbürger“ zu informieren, daß unsere Regierung gerade eines der elementarsten Grundrechte außer Kraft gesetzt hat.

Natürlich wird es Verfasungsbeschwerden gegen dieses Gesetz geben. Aber bis die verhandelt sind wird noch viel Zeit vergehen. Und da wir ja jetzt die Endphase des Bundestagswahlkampfes haben kann unser aller Aufgabe nur darin bestehen, den Dialog mit den von der Propaganda manipulierten Massen zu suchen und unseren Standpunkt deutlich und nachdrücklich darzulegen.

Den kann man übrigens in Artikel 5 des Grundgesetzes nachlesen:

„Eine Zensur findet nicht statt.“

Eine weitere wichtige Funktion ist, das Thema auch in die Welt zu tragen. Gerade eben habe ich ein paar Links auf englischsprachige Seiten via IRC in die Welt geschickt, denn die Chat-Freunde aus anderen Staaten sind durchaus an der politischen Entwicklung in anderen Staaten interessiert.

Lasst uns diese Regierung am 27. September dermaßen abwatschen, daß sie sich ihr Leben lang an diesen Denkzettel erinnern werden. Und vielleicht merken sie dann, daß das Netz lebt und ähnlich wie ein Organismus auch Abwehrkräfte gegen Angreifer auf die Freiheit im Netz mobilisieren kann.

Wobei hier nochmals ganz klar hervorgehoben wird, daß wir unter Freiheit nicht das Recht verstehen strafbare Inhalte im Netz zu verteilen und abrufen zu können. Aber darum geht es letztlich auch gar nicht, wie der CDU-Politiker Thomas-Strobl aus Baden-Württemberg (übrigens der Schwiegersohn von Bundesinnenminster Schäuble) heute der erstaunten Welt präsentiert hat. Das Protokoll der Bundestagssitzung war wohl noch nicht mal fertig getippt, da fordert er schon eine Ausweitung der Sperren auf Killerspiele. Und ich würde nicht dagegen wetten, daß nicht schon ganz andere Begehrlichkeiten in der Warteschlange stehen, wie z.B. das Sperren von Filesharing-Seiten, das Sperren von unliebsamer Kritik und vielleicht sogar das Sperren meines Blogs. Ok, vielleicht messe ich mir hier jetzt zuviel Bedeutung bei, aber ausschließen möchte ich aktuell gar nichts.

Ich bin jedenfalls der Ansicht, daß ich es meinen beiden Kindern schuldig bin dafür zu sorgen, daß der Rechtsstaat wiederhergestellt wird. Schließlich haben sie ein Recht darauf in einer Demokratie aufzuwachsen.

Hurra, das Sommerloch ist da

Anders kann ich den Artikel auf der Titelseite der Augsburger Allgemeinen über das Thema „Rentengarantie und zusätzliche Kosten“ gar nicht kommentieren. Leider hat die Augsburger Allgemeine diesen Artikel nicht online gestellt, man kann ihn nur online lesen wenn man die Testausgabe des E-Paper heute anklickt. Ein weitgehend ähnlicher Artikel findet sich bei den adhoc-News. Der Artikel in der Augsburger Allgemeinen unterscheidet sich eigentlich nur insofern davon, dass die AZ die Hinweise auf die Kritik des DGB sich gespart hat.

Daher will ich mal meinen Senf dazu geben. Zum Thema Bernd Raffelhüschen braucht man hoffentlich nichts mehr sagen, wer sich ein wenig informiert hat wird wissen, dass Raffelhüschen ein „Mietmaul“ der INSM ist und zudem eng mit der Versicherungswirtschaft verknüpft ist. Damit ist es sein Ziel, die gesetzliche Rente schlecht zu reden.

Der andere Experte, ein Professor namens Alex Börsch-Supan ist hier deutlich schwerer einzuordnen. Eine Suche im Netz mit seinem Namen und dem additiven INSM zeigt nur, dass er von der INSM schon mal inverviewt wurde, aber das ist ja an sich noch kein Makel. Also muß ich wohl auf seine Argumente eingehen.

Ein Durchschnittsverdiener wird demnach um bis zu 240 Euro im Jahr belastet. „Dies bedeutet eine deutliche Umverteilung von Jung nach Alt“, heißt es in seiner Expertise.

Hier stellt sich mir die Frage ob damit wieder der Generationenkonflikt angeheizt werden soll. Natürlich hat der gute Professor recht, wenn die Ausgaben der Rentenversicherung steigen muß sich das irgendwo auf der Einnahmenseite niederschlagen. Und ja, es gibt bestimmt genügend private Haushalte in denen 240 Euro im Jahr so richtig weh tun.

Noch seltsamer finde ich allerdings folgende Aussage:

Für die jüngere Generation wird die gesetzliche Rentenversicherung daher deutlich unattraktiver.

Ein echter Experte würde so etwas eher kaum sagen. Denn bei der gesetzlichen Rentenversicherung kommt es nicht auf „Attraktivität“ an da der Bürger sowieso keine Wahloption hat. Attraktivität ist immer ein relativer Begriff, d.h. wenn die gesetzliche Rentenversicherung weniger attraktiv ist wird eine andere Variante eher attraktiv erscheinen.

Jetzt gucken wir aber mal ganz neutral auf die Probleme der Rentenversicherung. Sinkende Einnahmen sind vor allem darauf zurückzuführen, dass der Anteil der nicht sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse ständig steigt. Zusammen mit dem Niedriglohnsektor macht das mittlerweile 25% der arbeitenden Bevölkerung aus. Gefördert durch die konsequente Weigerung über das Thema „Mindestlohn“ zu diskutieren.

Auf der anderen Seite haben wir die Beitragsbemessungsobergrenze die dazu führt, dass Josef Ackermann (Deutsche Bank) oder andere Top-Verdiener exakt genausoviel Euro jeden Monat an die Rentenversicherung zahlen wie ich, der ich in der höchsten Tarifgruppe unterwegs bin.

Dann haben wir noch die Selbständigen, denen es freigestellt ist, ob sie Beiträge zur Rentenversicherung leisten oder nicht.

Gestern abend bin ich über ein Video mit Georg Schramm gestolpert, der hier mal das Schweizer Modell beschrieben hat.

Jeder – vom Niedriglohn-Jobber bis hin zum Bankmanager zahlt einen festen Prozentsatz seiner Einkünfte in die Rentenversicherung ein. Das bedeuet, dass die sogenannten „Leistungsträger“ eben auch viel mehr reale Euros einzahlen als sie es hier in Deutschland tun. Ich wage mal die Prognose, dass wir bei einer Umsetzung dieser Regelung mit einem sehr viel geringeren prozentualen Rentenversicherungsbeitrag höhere Renten an die Rentner auszahlen können als wir das heute machen nachdem man zugunsten der „Riester-Rente“ auch noch „Dämpfungsfaktoren“ eingesetzt hat.

Also stellt sich die Frage, warum jetzt wieder der Kriegsschauplatz „Alt gegen Jung“ in den Medien eröffnet wird. Wovon soll abgelenkt werden oder warum werden diese unsäglichen Hetzparolen wieder rausgekramt? Haben wir schon wieder Sommerloch? Eigentlich kaum zu glauben angesichts der Wirtschaftskrise, der Debatte über die Zensur im Internet oder die aktuelle Entwicklung nach den Wahlen im Iran.

Es geht doch nichts über den Nachrichten-Mainstream

Vorhin als ich meine Tochter zum Klavierunterricht gebracht habe gab es im Autoradio gerade Nachrichten. Es wurde berichtet, dass heute der Bundestag über die Patientenverfügung abstimmt. Soweit so gut. Aber mein Blutdruck ging schlagartig in die Höhe, als die nächste Bemerkung kam: „Für diese Abstimmung ist der Fraktionszwang aufgehoben so dass die Abgeordneten nach ihrem Gewissen abstimmen können.“

Aber Hallo! Was bitteschön soll denn dieser Nebensatz, der sich heute auch in diversen Online-News findet, sucht einfach mal nach den Wörtern „Patientenverfügung Fraktionszwang“, dann werdet ihr fündig.

Mit solchen Bemerkungen wird dem Bürger suggeriert, dass der Fraktionszwang die Normalität darstellt die für besondere, ethisch und moralisch eventuell problematische Abstimmungen aufgehoben wird.

Vielleicht sollte der eine oder andere Nachrichtenscheiberling einfach mal einen Blick ins Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland werfen. Dort heißt es unter Artikel 38:

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

Von wegen Fraktionszwang. Wenn Fraktionen ihre Abgeordneten zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten zwingen wollen, dann handeln sie damit verfassungswidrig! Ihr dürft gerne auch bei Wikipedia unter Fraktionszwang nachgucken, da steht im Prinzip das gleiche was ich hier auch schreibe.