Sind unsere Lehrer zu alt?

Heute morgen bei der Lektüre der Zeitung gab es einen Artikel, dass der EU-Kommission festgestellt, dass fast die Hälfte unserer Lehrer in Deutschland über 50 Jahre alt sind. Auch das ehemalige Nachrichtenmagzin hat einen Artikel dazu.

Was mir ganz und gar nicht gefällt ist die unterschwellige Botschaft, alte Leher wären „eingerostet“ und könnten keine „neue Lehrmethoden“ anwenden. Ja, was soll ich sagen, der ich zwar kein Lehrer bin, aber trotzdem in 2 Jahren auch das halbe Jahrhundert voll haben werde?

Neue Lehrmethoden müssen nicht per Definition auch gleich „besser“ sein. Eindrucksvolle Beispiele sind ja allein schon dadurch gegeben, dass wir seit Jahren trotz heftigem Herumdoktern am Bildugnssystem bei PISA immer noch schlecht abschneiden. Eine andere Sicht auf den „modernen Firlefanz“ bietet Clifford Stoll in seinem Buch „Logout„, hier geht es zwar vornehmlich um die Frage, ob ein Computer im Unterricht sinvoll ist, Stoll würzt das aber mit Erfahrungen aus der Vergangenheit als die „neuen Lehrmethoden“ in Form von „Videorecorder“ oder „Sprachlabor“ ausprobiert wurden.

Die Frage ist natürlich, warum so viele Lehrer so alt sind. Ok, blöde Frage, jeder wird älter, das ist ganz natürlich und eigentlich sollte Nachwuchs da sein um die Plätze der Älteren einzunehmen, wenn diese aus dem Berufsleben ausscheiden.

Und genau hier liegt meiner Meinung nach ganz unschuldig der Hase im Pfeffer. Lehrer sind Beamte auf Lebenszeit, was ihnen durchaus gegönnt sei. Ein Beamter wird aber im allgemeinen seinen Job bis zum Rentenalter ausüben während in der Privatwirtschaft mit dem Überschreiten der 50-Jahres-Grenze die Arbeitnehmer ja mehr oder weniger „Zum Abschuß freigegeben“ sind. Je nach Kultur der Firma werden sie dann in Altersteilzeit geschickt oder in schlimmen Fällen als „Low-Performer“ gebrandmarkt und aus der Firma geekelt. Klar, dass privatwirtschaftliche Unternehemen daher eine ganz andere Alterstruktur haben als ein Staatsunternehmen wie die Schule.

Wie es in anderen europäischen Ländern mit dem Lehrerberuf aussieht weiß man auch nach Lesen des Artikels nicht so genau. Ok, andere Länder haben wohl auch viele jüngere Lehrer, was vielleicht auch daran liegt, dass dort der Lehrerberuf einen höheren Stellenwert hat als hier.

Hier sind ja Lehrer oft als „Halbtags-Jobber“ mit 13 Wochen Urlaub verrufen. Dass neben der Unterrichtszeit auch andere Arbeit notwendig ist wird gerne übersehen, aber genausogut könnte ich behaupten dass die Müllmänner einen tollen Job haben weil sie ja nur am Montag zum Tonnenleeren kommen.

Mir persönlich ist es jedenfalls egal wie alt der Lehrer meiner Kinder ist, wichtig ist, dass er gut ist und sein Unterricht die Kinder begeistern kann. Aber wie das halt so ist bei den diversen Statistiken, die sagen zwar viel über die Quantität aber nichts über die Qualität aus.

Lügen, verdammte Lügen und Statistik

Nach der Wahl ist vor der Wahl. Heute war aber erst mal eine Lektion in der beliebten Sportart „Wie lügt man mit Statistik“ dran. Zumindest wenn man die Tageszeitung liest. Da wird die Union zum Sieger deklariert und die SPD hat ein Desaster erlebt. Rein statistisch betrachtet haben sich aber mehr Wähler von der Union abgewendet als von der SPD. Daran ändert auch die momentan noch vorhandene Mehrheit der Stimmen nix. Blog Ausburg hat zudem angemerkt, daß zumindest hier in Augsburg DIE LINKE den höchsten Zuwachs an Stimmen zu verzeichnen hat, aber darüber berichtet natürlich keiner.

Eine andere höchst interessante Statistik hat Blogwuerdig.de erstellt. Hier wird aufgezeigt, wie der Stimmenanteil der Parteien aussieht, wenn man auch noch die Nichtwähler mit beräcksichtigt. Mit 57,9% stellen diese Nichtwähler nämlich die eigentliche Mehrheit der Wähler dar.

Danke liebe Nichtwähler für eure grenzenlose Ignoranz. Ich kann ja jeden verstehen der sagt „ist doch eh egal was ich wähle, es wird sich nix ändern“ oder „warum soll ich meine Stimme einer Splitterpartei geben, die kommen doch sowieso nicht über die 5% Hürde“ und so weiter und so fort. Tatsächlich heißt aber Nichtwählen auf die demokratische Mitbestimmung zu verzichten.

Jetzt machen wir einfach mal ein Gedankenexperiment und sagen, daß nur die Hälfte der Nichtwähler genau deswegen nicht zu Wahl gegangen ist. Also immer noch etwa 28% der Wähler. Hätten diese Nichtwähler sich entschieden, ihre Stimme einer der Themenparteien wie „Piratenpartei“, „Tierschutzpartei“ usw. zu geben, dann hätten diese reelle Chancen gehabt, die 5%-Hürde zu knacken und ins Europaparlament einzuziehen. Und die Machtverhältnisse der sogenannten „etablierten“ Parteien würden nun ganz anders aussehen. Dann würde der Regierungskoaltion sogar der Arsch auf Grundeis gehen, denn wenn man so ein Ergebnis auf die nächste Bundestagswahl projiziert, dann dürften einige Politiker schlaflose Nächte bekommen.

Aber es ist ja gut, wenn man den Verdruß der Leute so gut füttert, daß sie gar nicht mehr zur Wahl gehen und somit auf ihr Grundrecht verzichten. Für die Bundestagswahl würde ich mir wirklich eine Wahlbeteiligung von mindestens 80% wünschen, denn nur dann ist die Mehrheit wirklich eine repräsentative.

Wenn keiner mehr zur Wahl ginge könnten sich die knapp über 600 Abgeordneten auch selbst wählen und hätten damit genau ihre Sitze im Parlament wieder gerettet. Nichtwählen ist also keine Lösung, Alternativen wählen schon. Darum habe ich gestern meine Stimme auch der Piratenpartei gegeben und war somit einer von 741 in ganz Augsburg.

Demokratie auf Italienisch

Meine Frau hat heute Post vom italienischen Konsulat bekommen. Es gibt wohl ein „Referndum popolare“, also so etwas wie eine Volksabstimmung zu geplanten Gesetzesänderungen.

Eigentlich müßte man da ja applaudieren, aber als ich die Stimmzettel für die Abstimmung gesehen habe blieb mir der Applaus sozusagen in der Kehle stecken. Ich habe die Stimmzettel mal abfotografiert (zum Größenvergleich ist eine 10 Euro Banknote mit auf dem Bild). Allein die Typographie dieser Stimmzettel mit serifenloser Schrift die ungefähr 8 pt groß ist und mit einem Absatz in Blocksatz und einer Zeilenlänge von 39 Zentimeter signalisiert mir hier ganz deutlich: „Sag einfach Ja oder Nein, das was wir Dich fragen brauchst Du gar nicht zu verstehen.“ Entsprechend aussagekräftig ist der Inhalt formuliert, er beschreibt enthält nämlich nur in endlos langen Sätzen die Aussage, welche Worte in welchen Paragraphen von eventuell geändert werden sollen. Wer diesen Text auf anhieb versteht kann auch einen 1000-Zeilen Kernel-Patch ohne Kenntnis des betroffenen Quellcodes auf Anhieb verstehen.

Referendum

Wieviel Aufwand hätte es wohl gemacht, hier eine ordentliche Typographie anzuwenden die den Lesefluß nicht verhindert und was wäre dabei gewesen, wenn man die alte und die geplante neue Version tatsächlich gegenübergestellt hätte. Das Problem dabei dürfte sein, dass dann die Leute viel eher sehen werden, worüber sie denn abstimmen.

Wenn man so etwas sieht, dann fragt man sich schon, wohin die Reise in Europa geht. Ok, Italien ist Dank seines fettnäpfchen-erprobten Ministerpräsidenten sowieso politisch ein wenig im Abseits, aber solche Aktionen wie dieses Referendum zeigen deutlich, dass man hier wohl nur dem Volk das Gewünschte serviert, aber halt in einer eigentlich unverdaulichen Form.

Das Ergebnis dürfte dann ebenso zufällig sein wie wenn man eine Münze hochwirft…

Demokratie 2.0

Ja, es ist ein Kreuz mit dem EU-Vertrag. Die Iren wollen ihn nicht und haben in einer Volksabstimmung dagegen votiert. Und nun gerade eben wieder in den Tagesthemen: Druck auf Irland um irgendwie dem Vertrag doch noch zuzustimmen. Genau so stelle ich mir Demokratie 2.0 vor, das Volk wird zwar gefragt aber bei unpassender Antwort dann ignoriert.
Heute stand auch in der Zeitung, daß Tschechien auch „überredet“ werden muß. Was wohl herausgekommen wäre, hätte man in jedem EU-Land eine Volksabstimmung gemacht?

Raketenschild für Europa

Dieser Montagmorgen hat mich schon wieder zu einem Leserbrief an unsere Zeitung inspiriert. Grund war der von der Union geforderte Raketenschild für Europa.

Sehr geehrte Damen und Herren,

sagen Sie demjenigen der die Titelseite der heutigen Augsburger Allgemeine erstellt hat doch bitte ein herzliches Dankeschön. Es mag vielleicht gar nicht beabsichtigt worden sein, aber mit der Plazierung des Artikels über das von der Union geforderte Raketenschild und dem danebenstehenden Artikel über die „Millionen die absteigen“ ist es sehr schön gelungen zu demonstrieren, was unsere Politiker gerade tun.

Auf der einen Seite versuchen sie uns vor imaginären Gefahren zu schützen, denn die Wahrscheinlichkeit, dass Europa mit Atomraketen angegriffen wird ist verschwindend gering. Würde die Union mit der gleichen Vehemenz andere mögliche Gefahrenquellen für EU-Bürger angehen, dann wäre heute nicht nur das Rauchen verboten sondern auch das Autofahren, das Betreten von Haushaltsleitern und viele andere Dinge durch die Menschen ums Leben kommen könnnen.

Gleich daneben lesen wir dass Millionen vom Abstieg bedroht sind und das ist leider keine Meldung aus der Bundesliga. Der Aufschwung der ja eigentlich nun unten angekommen sein sollte macht sich bislang noch nicht in den Geldbörsen der Arbeitnehmer bemerkbar. Die Regierung kümmert sich derweil aber lieber um Themen die zwar sündhaft teuer sind, bei denen man aber sehr viel besser Erfolge vorweisen kann (solange keine Rakete einschlägt ist das Raketenschild wie immer es auch aussehen mag ein Erfolg) als dass sie die tatsächlichen Probleme im Land angehen würde. Was allerdings auch kein Wunder ist, könnte ich mein Gehalt selbst festsetzen wäre ich sicher auch nicht vom Abstieg bedroht.

Bin ja mal gestpannt, ob die das abdrucken.