Schlagzeilen

Heute morgen beim Zeitunglesen sprangen mir zwei Schlagzeilen der Augsburger Allgemeinen ins Gesicht.

Das Hauptthema: „Die Wirtschaft wächst endlich wieder“ mit dem Untertitel: „Konjunktur Die schwerste Rezession in der Nachkriegsgeschichte ist überwunden“.  Es ist erstaunlich. Sogar die Bildzeitung am Kiosk formuliert dies nicht als „Aussage“ sondern nur als vorsichtige Frage „Ist die Krise jetzt vorbei?“. Aber die Augsburger Allgemeine freut sich über 0,3% Wachstum zwsichen April und Juni 2009. Da kriegt man echt das Gruseln wenn aus solchen Wachstumszahlen jetzt schon das Ende der Krise vermeldet wird. Vielleicht sollten die Redakteure der Augsburger Allgemeinen auch hin und wieder die Nachdenkseiten lesen, denn in den „Hinweisen des Tages“ von heute stehen durchaus anderslautende Meldungen die passend zu meinem Gefühl vermuten lassen, daß die Krise noch längst nicht vorbei ist.

Ein wenig entschädigt wird man allerdings auf Seite 2, hier hat Horst Haitzinger die Situation in einer sehr gelungenen Karikatur mit einem Bild das mehr als 1000 Worte sagt auf den Punkt gebracht. Eben, dass der momentane Aufschwung noch lange keine Grund zum Jubeln ist.

Die andere Schlagzeile die mich ärgert: „Handschrift der Lobbyisten“ mit dem Untertitel: „Bundesregierung Kabinett nutzt externe Hilfe stärker als bisher bekannt“.  Ja, nachdem unsere wandelnde Reklame für Haargel sich erdreistet hat, ein Gesetz von einer Anwaltskanzlei schreiben zu lassen hat nun auch die Augsburger Allgemeine gemerkt, dass die Lobbyisten öfter mal aushelfen wenn es den Politikern an den passenden Formulierungen fehlt. Aber das „stärker als bisher bekannt“ treibt einem die Zornesröte ins Gesicht. Denn es ist keineswegs so, daß dieses Einbinden der Lobbyisten erst in den vergangenen Tagen bemerkt wurde. Ich greife mal in mein Bücherregal und hole das Buch „Der gekaufte Staat“ von Sascha Adamek und Kim Otto heraus. Dieses Buch hat auch einen Untertitel „Wie Konzernvertrete in deutschen Ministerien sich ihre Gesetze selbst schreiben“. Und woher wußte ich von diesem Buch? Die Emfpehlung dafür stand am 6. März 2008 auf den NachDenkSeiten.

Es ist also schon länger bekannt, was in unseren Ministerien läuft, aber die Augsburger Allgemeine hat es entweder verschlafen oder wollte es einfach nicht wissen. In beiden Fällen spricht das jedenfalls nicht für die journalistische Qualität unserer Zeitung.

Die Helden der Nation

Heute auf der Titelseite der Augsburger Allgemeinen: 5 junge Männer die es tatsächlich geschafft haben, heil und unversehrt von Mallorca wieder nach Hause zu kommen. Und in der Bildunterschrift dann auch gleich noch den Namen des heroischen Reiseveranstalters fallengelassen, damit auch alle wissen, wer die Touristen nach Mallorca und zurück fliegt. Das Sommerloch nimmt dieses Jah wieder dramatische Ausmaße an, wenn so eine Meldung mit Riesenfoto auf die Titelseite kommt…

Außerirdische Fragen im Bundestag

Die Augsburger Allgemeine hat auf ihren Online-Seiten heute einen Artikel über den grünen Bundestagsabgeordneten Petter Hettlich und seine Fragen betreffend der Möglichkeit, daß Außerirdische auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland landen könnten.

Er hat es tatsächlich im zweiten Anlauf geschafft, daß jemand seine Fragen beantwortet. Das ist mehr als manche andere mit vielen Unterschriften erreichen, aber der Status „Mitglied des Bundestages“ muß ja auch irgendwelche Vorteile haben.

Die Antwort kann man in Bundesdrucksache 16/13570 nachlesen:

Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, die eine zuverlässige Einschätzung der Wahrscheinlichkeit extraterrestrischen Lebens erlauben würden. Eine Landung Außerirdischer auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland hält die Bundesregierung nach heutigem wissenschaftlichen Kenntnisstand für ausgeschlossen.

Aus der Sicht eines Politikers eine akzeptable Antwort. Zum Thema „Außerirdische“ kann man ja durchaus geteilter Meinung sein. Meine ist die, daß es reichlich überheblich wäre zu glauben, wir wären die einzigen Intelligenzformen im All, andersrum ist aber die Wahrschenlichkeit von „Besuchern“ angesichts der in Lichtjahren gemessenen Entfernungen zum nächsten Planetensystem reichlich illusorisch. Der Warp-Antrieb ist noch nicht erfunden und Wurmlöcher sind auch recht selten in unserem Seitenarm der Galaxie.

Ein wenig schmunzeln läßt mich allerdings die Umfrage mit der Fragestellung „Glauben Sie an Außerirdsiche?“. Das klingt fast nach Erich v. Daniken reloaded und der Frage „Waren die Götter Astronauten?“. Prinzipiell müssten alle bis aud die Atheisten mit Ja antworten, denn Gott ist ja nicht von dieser Welt, also per Defintiion ein Außerirdischer.

Dem Herrn Hettlich und seinen grünen Parteifreunden wünsche ich, daß sie nach der Sommerpause genauso vehement Antworten zu Fragen suchen, die nicht nur den Hobbyastronom Hettlich bewegen, sondern die Bürger die ihm sein Mandat gegeben haben.

Zeitreisender in Dortmund gesichtet

Manchmal gibt es im RSS-Feed auch wirklich lustige Dinge. Gerade bei FeFe über einen Artikel der Polizei Dortmund gestolpert:

Die Beamten trafen also auf einen 36-jährigen Dortmunder, der seinen PKW eigentlich mit „Red Bull“ betanken, aufgrund des Preises aber auf Wasser umsteigen wollte.

Eigentlich sollte der Flux-Kompensator ja mit Plutionium laufen, aber das gab es wohl bei der Tankstelle auch nicht oder nur zu sehr überhöhten Preisen.

Dann kam die interessanteste These: Der Dortmunder würde gerne bei der Polizei anfangen. Da er aufgrund seines Alters (!!) jedoch keine Chance sähe, praktiziere er das sogenannte „Image Pressing“. Bedeutet für ihn: Er provoziert Polizeieinsätze und lernt den Beruf durch die Beamten vor Ort. (Learning by Doing!)

Echt ein Artikel zum Weglachen. Lesenswert.

Unwort des Jahres: „Geistiges Eigentum“

Auch wenn das Jahr 2009 erst halb rum ist habe ich doch schon meinen Favoriten für das Unwort des Jahres gefunden. Jedesmal wenn ich höre, wie sich Leute über den schlechten Schutz des geistigen Eigentums ausweinen könnte ich mich problemlos übergeben. Aktuellster Kandidat ist ein Artikel im Heise Newsticker zur Hamburer Erklärung.

Ja, ich gestehe, den Link zur Hamburger Erklärung habe ich gerade schamlos im Heise-Artikel geklaut. Darf ich daraus jetzt zitieren und es kommentieren oder schmücke ich mich dann mit fremden Federn und bin ein böser Dieb geistigen Eigentums. Egal, ich werde diese Erklärung gerne kommentieren.

Bezeichnend ist der erste Absaz, er zeigt gleich die Zielrichtung auf wohin die Reise gehen soll.

Das Internet ist für den Journalismus eine große Chance. Aber nur,
wenn die wirtschaftliche Basis auch in den digitalen Vertriebs-
kanälen gesichert bleibt. Das ist derzeit nicht der Fall.

Hallo lieber Journalismus, ihr solltet jetzt aber schnell aufwachen, beovr ihr diese große Chance verpennt. Denn Online-Journalismus funktioniert auch ohne wirtschaftliche Basis, eine Heerschar von Bloggern beweist täglich, dass es funktioniert. Natürlich kann man jetzt einwenden, dass Blogger ja „Freizeitjournalisten“ sind, aber einer Nachricht ist es egal, ob sie von einem Journalisten verbreitet wird oder von einem der sie live gesehen hat und darüber in seinem Blog berichtet.

Zahlreiche Anbieter verwenden die Arbeit von Autoren, Verlagen
und Sendern, ohne dafür zu bezahlen. Das bedroht auf die Dauer die Erstellung von Qualitäts-Inhalten und von unabhängigem
Journalismus.

Dieses Argument fällt für mich in die Kategorie „Nebelkerze“. Zahlreiche ist ein sehr relativer Begriff (3 Haare in der Suppe wären zahlreiche, 3 Haare auf dem Kopf eher nicht) und Anbieter definiert natürlich in keiner Weise um welche Angebote es geht. Unabhängig davon existiert ein Urheberrecht und man könnte gegen die zahlreichen Anbieter vorgehen wenn sie wirklich so gemein sind und ungeniert klauen.

Was das Thema „Qualitäts-Inhalten“ und „unabhängiger Journalismus“ angeht, da kann ich nur gequält grinsen. Immerhin haben ja auch Verlage wie der Springer Verlag mit seinem Qualitätsblatt „Bild“ diese Erklärung unterschrieben.

Wir treten deswegen entschieden dafür ein, den Schutz geistigen
Eigentums im Internet weiter zu verbessern. Freier Zugang zu
Webseiten bedeutet nicht zwingend kostenlosen Zugang. Wir
widersprechen all jenen, die behaupten, dass Informationsfreiheit
erst hergestellt sei, wenn alles kostenlos zu haben ist.

Richtig. Frei ist immer im Sinne von Freiheit zu verstehen und nicht im Sinne von Freibier. Die technischen Voraussetzungen für Micropayment sind vorhanden, es zwingt also niemanden irgendeine Online-Zeitung ihre Nachrichten kostenlos anzubieten, oder?

Das Problem der Online-Journalisten ist doch, dass eine Masse von Gratis-Anbietern den Markt sättigt und ein Pay-per-use-Anbieter dann qualitativ wirklich einen echten Mehrwert bieten müsste, damit er überhaupt Kunden findet.

Der freie Zugang zu unseren Angeboten soll erhalten bleiben, zum
Verschenken unseres Eigentums ohne vorherige Zustimmung
möchten wir jedoch nicht gezwungen werden.

Hier fallen zwei Dinge auf:

  • „Freier Zugang“ in obigem Absaz ist jetzt wie definiert? Freiheit oder Freibier?
  • Es geht um „unsere Angebote“, also die Angebote der Mitzeichner dieser Hamburger Erklärung. Für eine Erklärung dieser Art ist das legitim, soll aber aus solch einer Erklärung ein Gesetz gegossen werden, dann geht es nicht mehr um „unsere“ sondern um „alle“. So ein Gesetz müsste dann auch auf mein Blog anwendbar sein und ich lass mir per Gesetz nicht vorschreiben, von meinen Lesern Geld abzuköpfen.

Weiter im Text.

Wir begrüßen deshalb die wachsende Entschlossenheit von
Bundesregierung, Landesregierungen und den im Bundestag
vertretenen Parteien, die Rechte von Urhebern und Werkmittlern
weiter an die Bedingungen des Internets anzupassen.

Dieser Absatz fällt für mich in die Kategorie „Politikern im Wahlkampf Honig ums Maul schmieren“. Trotzdem sei sptizfindig angemerkt, dass sie nur von den im Bundestag vertretenen Parteien reden, also z.B. die Piratenpartei hier nicht mit einbeziehen.

Im Internet darf es keine rechtsfreien Zonen geben. Gesetzgeber und Regierung auf nationaler wie internationaler Ebene sollten die
geistige Wertschöpfung von Urhebern und Werkmittlern besser
schützen. Ungenehmigte Nutzung fremden geistigen Eigentums
muss verboten bleiben.

Hey, hier haben wir die Nummer 2 der Hitliste aus der Phrasendreschmaschine: „rechtsfreie Räume“ (hier als Zonen bezeichnet). Interessant ist auch die hier nicht behandelte Frage, wie der Begriff „geistiges Eigentum“ definiert ist. Sind Nachrichten „geistiges Eigentum“. Wenn heute der schiefe Turm von Pisa umfallen würde, wer hätte dann die Eigentumsrechte an dieser Nachricht? Reuters? dpa? Die Bild-Zeitung?

Am Ende muss auch im World Wide Web gelten: Keine Demokratie
gedeiht ohne unabhängigen Journalismus.

Jetzt könnte ich ja wieder ganz zynisch fragen, wo wir in Deutschland noch wirklich unabhängigen Journalismus haben. Die Antwort könnte lauten: Im World Wide Web in Form der vielen Blogs. Aber das haben die Verfasser der Hamburger Erklärung sicher nicht so gemeint.

Der Heise-Artikel schlägt jedenfalls heftige Wellen im zugehörigen Diskussionsforum, vor allem wohl weil auch der Heise-Verlag diese Hamburger Erklärung unterzeichnet hat und sich damit auf eine Seite schlägt die eigentlich nicht die ist, die man nach dem Lesen der redaktionellen Beiträge vermutet. Denn bislang stand Heise für sehr kritische Berichterstattung was Themen wie „geistiges Eigentum“ angeht.

So, jetzt habe ich doch tatsächlich für meinen Kommentar zur Hamburger Erklärung deren Text Absatz für Absatz geklaut verwendet. Sorry lieber Erklärungs-Verfasser, ihr habt da eine öffentliche Erkärung verfasst aus der ein Gesetzentwurf abgeleitet werden soll der auch mich als „freien Online-Journalisten“ tangieren wird. Daher muß ich eure Forderungen in entsprechender Weise zitieren um meine Kommentare dazu zu schreiben. Leider habt ihr es versäumt, in dieser Erklärung irgendwelche Verwertungsrestriktionen anzugeben, also gehe ich mal von „frei“ aus.

Mahlzeit!

Heute die Schlagzeile in unserer Wochenendausgabe, das Thema mit den Lebensmittelimitaten. Und natürlich die riesige Empörung quer durch alle politische Lager. Letztere scheint eine Nebenwirkung des aktuellen Wahlkampfes zu sein, denn schließlich sind es ja unsere Politiker die die Gesetze machen und festlegen, welche Inhaltsstoffe angegeben werden müssen und welche nicht.

Wer sich hier mal ein wenig näher informieren will, dem sei das Buch „Food-Design Panschen erlaubt“ mit dem Untertitel „Wie unsere Nahrung ihr Unschuld verliert“ von Udo Pollmer und Monika Niehaus nahegelegt. Ich habe mir dieses Buch vor ein paar Monaten aufgrund einer Empfehlung im Telepolis Forum gekauft und kann es wirklich nur weiterempfehlen, auch wenn es in gewisser Weise wieder zur Politikverdrossenheit beitragen könnte, denn man merkt halt auch hier, dass die Politik das tut, was die wirtschaftlichen Interessen der Lebensmittel-Großkonzerne vorschreiben.

Wer sich täglich ein wenig vergnügen will kann regelmäßig bei www.abgespeist.de vorbeischauen, dort werden die Werbelügen für Lebensmittel schonungslos entlarvt.

Rente mit 67 und die Augsburger Allgemeine

Gestern am Zeitungsstand irgendwo fiel mein Blick auf die Schlagzeile der Bild-Zeitung die da vermeldete, dass die Rente mit 67 wohl nicht kommen wird. Das hat denen angeblich der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Pronold geflüstert.

Prompt beackert die Augsburger Allgemeine heute das Thema auch recht ausführlich. Auf der Titelseite gibt es einen Artikel in dem das Spektrum der Politik den Herrn Pronold wegen seiner Äußerung rüffelt.

Auf Seite 2 gibt es dann einen Kommentar von Rudi Wais zum Thema. Der starte mit dem Satz

Die Rente mit 67 ist nicht populär, aber notwendig.

Da ist man doch gleich richtig vorbereitet was dann kommt. Allerdings schafft es Herr Wais dann doch den Leser zu überraschen denn der Kommentar begnügt sich darin, auf eine am boden liegende SPD einzuprügeln und sie sozusagen angesichts ihrer Orientierungslosigkeit zu verhöhnen. Nicht, dass ich viel Mitleid mit der SPD hätte, aber irgendwie erscheint mir so ein Kommentar doch ein wenig sadistisch. Zu guter Letzt kramt Herr Wais dann noch in der Demographie-Kiste und schreckt die Leser damit auf, dass man im anderen Fall den Bundeszuschuss an die Rentenkassen auf 100 Milliarden Euro hieven müssste.

Da schaut man natürlich ehrfürchtig hin. 100 Milliarden Euro, das ist ungefähr der Betrag der ohne großes Federlesens mal schnell in eine marode Bank namens HRE gepumpt wird. Aber wehe, man müsste das in die Rentenfinanzierung stecken.

Im Politik-Teil dann noch mal ein großer Artikel aus der Feder des Herrn Wais. Unter „Die Ausgangslage“ liest man:

Mit der Erhöhung des Rentenalters von 65 auf 67 Jahre will die Bundesregierung die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in den kommenden Jahren abei 20% stabilisieren. Im Moment liegt der Beitragssatz bei 19,9%. Ohne die Rente mit 67 würde er nach verschiedenen Berechnungen bis zum Jahr 2030 auf 24,5% steigen.

Das jahr 2030 liegt in einer 21 Jahre entfernten Zukunft. Wir haben also Prognosen die 21 Jahre in die Zukunft reichen. Da fällt mir spontan Volker Pispers und sein Beitrag in der Anstalt zum Thema Prognosen ein.

Und natürlich kommt auch wieder das Argument mit dem Zuschuß zur Rentenfinanzierung aus Steuergeldern. Das ist aber eigentlich nur ein Beweis für das Mackenroth-Theorem, eben die Aussage, dass die nicht arbeitende Bevölkerung von der arbeitenden Bevölkerung versorgt werden muß. Also das was wir „Generationenvertrag“ nennen, wobei gerne übersehen wird, dass die arbeitende Bevölkerung in diesem Fall nicht nur die Rentner sondern eben auch die Kinder versorgt. Es ist schon sehr befremdlich zu sehen wenn die neoliberalen Parolen immer versuchen einen Konflikt anzuheizen dass die Alten die Jungen finanziell ausbluten lassen und sich aber keiner Gedanken macht, dass das Mackenroth-Theorem auch für die Versorgung der Kinder angewendet werden muß.

Unabhängig davon krankt unsere Rentenversicherung aktuell weniger an der demographischen Situation, denn wäre es so würde eine Verschiebung des Rentenalters von 65 auf 67 eigentlich nur dann was bewirken wenn der Anteil der Leute die zwischen 65 und 67 das Zeitliche segnen recht groß ist. In Zeiten der Wirtschaftskrise und den damit verbundenen Arbeitsloenproblemen bedeutet „Rente mit 67“ aber eigentlich nur, dass man mit weniger Rente zufrieden sein soll weil man seine Beitragsjahre wohl kaum voll kriegen wird. Da sind dann plötzlich doch wieder genügend Junge da die einen Job brauchen auf dem man demnach nicht mehr länger kleben bleiben soll.

Die andere großen Probleme sind natürlich die steigende Anzahl von nicht sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen und der ständig wachsende Anteil an Niedriglohnjobs. Klar, dass die paar Beitragszahler am Existenzminimum sich dann schon abrackern müssen um die zahlreichen Rentner zu finanzieren.

Seltsamerweise lese ich bei solchen Artikeln aber nie Gedanken zur Änderung des Rentensystems. Warum werden die Rentenversicherungsbeiträge nur von der Bevölkerung in abhängigen Arbeitsverhältnissen bezahlt? Solange das so ist stellt der Bundeszuschuß aus Steuergeldern ja nur einen gerechten Ausgleich dar um die anderen über Steuerabgaben am Rentensystem zu beteiligen. Wie wäre es um die Finanzierung einer umlagenfinanzierten Rente bestellt, wenn jeder arbeitende Mensch einen festen Prozentsatz seiner Einkünfte in ein solches Rentensystem einzahlen würde, also ohne Beitragsbemessungsgrenze. Einkommensmillionäre zahlen dann entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit und der Durchschnittsbürger eben auch. Ich wage zu behaupten, dass so eine Reform den Beitragssatz unter die 10%-Marke bringen könnte und dass dabei am Ende Renten rauskommen die für die Betroffenen mehr als ein Almosen nach über 40 Jahren Arbeit darstellen.

Natürlich ist so eine Forderung bei den aktuellen Macht- und Lobbystrukturen illusorisch, denn diejenigen die dann mehr zahlen müssen werden alles daran setzen daß es nicht so kommt. Also werden wird die Politik weiterhin fleißig die gesetzliche Rente demontieren und die verängstigen zukünftigen Rentner in die Fänge einer privaten Versicherungswirtschaft treiben deren zukünftige Rentenzahlungen aber auch gemäß des Mackenroth-Theorems von den dann Erwerbstätigen zu erbringen sind.

Hurra, das Sommerloch ist da

Anders kann ich den Artikel auf der Titelseite der Augsburger Allgemeinen über das Thema „Rentengarantie und zusätzliche Kosten“ gar nicht kommentieren. Leider hat die Augsburger Allgemeine diesen Artikel nicht online gestellt, man kann ihn nur online lesen wenn man die Testausgabe des E-Paper heute anklickt. Ein weitgehend ähnlicher Artikel findet sich bei den adhoc-News. Der Artikel in der Augsburger Allgemeinen unterscheidet sich eigentlich nur insofern davon, dass die AZ die Hinweise auf die Kritik des DGB sich gespart hat.

Daher will ich mal meinen Senf dazu geben. Zum Thema Bernd Raffelhüschen braucht man hoffentlich nichts mehr sagen, wer sich ein wenig informiert hat wird wissen, dass Raffelhüschen ein „Mietmaul“ der INSM ist und zudem eng mit der Versicherungswirtschaft verknüpft ist. Damit ist es sein Ziel, die gesetzliche Rente schlecht zu reden.

Der andere Experte, ein Professor namens Alex Börsch-Supan ist hier deutlich schwerer einzuordnen. Eine Suche im Netz mit seinem Namen und dem additiven INSM zeigt nur, dass er von der INSM schon mal inverviewt wurde, aber das ist ja an sich noch kein Makel. Also muß ich wohl auf seine Argumente eingehen.

Ein Durchschnittsverdiener wird demnach um bis zu 240 Euro im Jahr belastet. „Dies bedeutet eine deutliche Umverteilung von Jung nach Alt“, heißt es in seiner Expertise.

Hier stellt sich mir die Frage ob damit wieder der Generationenkonflikt angeheizt werden soll. Natürlich hat der gute Professor recht, wenn die Ausgaben der Rentenversicherung steigen muß sich das irgendwo auf der Einnahmenseite niederschlagen. Und ja, es gibt bestimmt genügend private Haushalte in denen 240 Euro im Jahr so richtig weh tun.

Noch seltsamer finde ich allerdings folgende Aussage:

Für die jüngere Generation wird die gesetzliche Rentenversicherung daher deutlich unattraktiver.

Ein echter Experte würde so etwas eher kaum sagen. Denn bei der gesetzlichen Rentenversicherung kommt es nicht auf „Attraktivität“ an da der Bürger sowieso keine Wahloption hat. Attraktivität ist immer ein relativer Begriff, d.h. wenn die gesetzliche Rentenversicherung weniger attraktiv ist wird eine andere Variante eher attraktiv erscheinen.

Jetzt gucken wir aber mal ganz neutral auf die Probleme der Rentenversicherung. Sinkende Einnahmen sind vor allem darauf zurückzuführen, dass der Anteil der nicht sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse ständig steigt. Zusammen mit dem Niedriglohnsektor macht das mittlerweile 25% der arbeitenden Bevölkerung aus. Gefördert durch die konsequente Weigerung über das Thema „Mindestlohn“ zu diskutieren.

Auf der anderen Seite haben wir die Beitragsbemessungsobergrenze die dazu führt, dass Josef Ackermann (Deutsche Bank) oder andere Top-Verdiener exakt genausoviel Euro jeden Monat an die Rentenversicherung zahlen wie ich, der ich in der höchsten Tarifgruppe unterwegs bin.

Dann haben wir noch die Selbständigen, denen es freigestellt ist, ob sie Beiträge zur Rentenversicherung leisten oder nicht.

Gestern abend bin ich über ein Video mit Georg Schramm gestolpert, der hier mal das Schweizer Modell beschrieben hat.

Jeder – vom Niedriglohn-Jobber bis hin zum Bankmanager zahlt einen festen Prozentsatz seiner Einkünfte in die Rentenversicherung ein. Das bedeuet, dass die sogenannten „Leistungsträger“ eben auch viel mehr reale Euros einzahlen als sie es hier in Deutschland tun. Ich wage mal die Prognose, dass wir bei einer Umsetzung dieser Regelung mit einem sehr viel geringeren prozentualen Rentenversicherungsbeitrag höhere Renten an die Rentner auszahlen können als wir das heute machen nachdem man zugunsten der „Riester-Rente“ auch noch „Dämpfungsfaktoren“ eingesetzt hat.

Also stellt sich die Frage, warum jetzt wieder der Kriegsschauplatz „Alt gegen Jung“ in den Medien eröffnet wird. Wovon soll abgelenkt werden oder warum werden diese unsäglichen Hetzparolen wieder rausgekramt? Haben wir schon wieder Sommerloch? Eigentlich kaum zu glauben angesichts der Wirtschaftskrise, der Debatte über die Zensur im Internet oder die aktuelle Entwicklung nach den Wahlen im Iran.

Es geht doch nichts über den Nachrichten-Mainstream

Vorhin als ich meine Tochter zum Klavierunterricht gebracht habe gab es im Autoradio gerade Nachrichten. Es wurde berichtet, dass heute der Bundestag über die Patientenverfügung abstimmt. Soweit so gut. Aber mein Blutdruck ging schlagartig in die Höhe, als die nächste Bemerkung kam: „Für diese Abstimmung ist der Fraktionszwang aufgehoben so dass die Abgeordneten nach ihrem Gewissen abstimmen können.“

Aber Hallo! Was bitteschön soll denn dieser Nebensatz, der sich heute auch in diversen Online-News findet, sucht einfach mal nach den Wörtern „Patientenverfügung Fraktionszwang“, dann werdet ihr fündig.

Mit solchen Bemerkungen wird dem Bürger suggeriert, dass der Fraktionszwang die Normalität darstellt die für besondere, ethisch und moralisch eventuell problematische Abstimmungen aufgehoben wird.

Vielleicht sollte der eine oder andere Nachrichtenscheiberling einfach mal einen Blick ins Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland werfen. Dort heißt es unter Artikel 38:

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

Von wegen Fraktionszwang. Wenn Fraktionen ihre Abgeordneten zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten zwingen wollen, dann handeln sie damit verfassungswidrig! Ihr dürft gerne auch bei Wikipedia unter Fraktionszwang nachgucken, da steht im Prinzip das gleiche was ich hier auch schreibe.

Rezession im Herbst vorbei?

Die Zeitung von gestern tönt auf der Titelseite vom Aufschwung im kommenden Jahr und gibt als Begründung an, dass der DAX gerade um 38% gestiegen ist.

Da konnte ich nicht anders als mal wieder einen Leserbrief an die Zeitung zu schreiben:

Sehr geehrte Damen und Herren,

was ich gestern auf der Titelseite der AZ lesen musste kann ich eigentlich nur mit einem Kopfschütteln kommentieren. Haben die letzten Jahrzehnte denn nicht gezeigt, dass Börsenkurse mit der realen Wirtschaft eigentlich kaum mehr was gemeinsam haben. Bei einem steigenden DAX von „Aufschwung“ zu reden ist ein Schlag ins Gesicht derer die bei fallenden Börsenkursen entlassen werden weil es ihrer Firma so schlecht geht und bei steigenden Börsenkursen entlassen werden weil man ja weitere Einsparungen braucht damit der Börsernkurs weiterhin steigt.

Noch lächerlicher sind dann die Prognosen eines Herrn Rees der glaubt, der momentane Anstieg der Kurse wäre ein Beleg dafür, dass er mit seiner Prognose dass die Rezession im Herbst vorbei wäre nun recht hat. Das einzige von dem ich sicher weiß, dass es im Herbst vorbei sein wird ist der Bundestagswahlkampf. Wobei aber noch offen ist, ob wir eine neue Regierung wählen oder vielmehr die Insolvenzverwalter für diese kaputt gewirtschaftete Bundesrepublik.

Mit freundlichen Grüßen
Rainer König

Irgendwie ist bei vielen wohl noch nicht angekommen, dass die sagenhaften Gewinne die der eine an der Börse macht eben die Verluste der anderen sind. Und wer ein wenig die Kursentwicklung in den letzten Jahren verfolgt hat wird sehen, dass steil ansteigende Börsenkurse für die Belegschaft der Firmen eher ein Grund zur Panik denn zu Freude sind.

Andererseits zeigt dieser Zeitungsartikel auch sehr schön, wie verzweifelt die Lage sein muß wenn wir jetzt schon auf die Weissagungen aus der Zauberkugel von irgendwelchen Analysten unsere Hoffnung für die Zukunft aufbauen. Wie sehr diese „Experten“ auch daneben liegen können sehen wir ja an unserer aktuellen Situation.