#twoff

Das ist die Bezeichnung die manche Leute auf Twitter benutzen um zu signalisieren, dass sie jetzt „offline“ gehen. Einen #twoff der besonderen Art gab es am vergangenen Wochenende als ich vom BlackBerry aus twittern wollte und nur ein „Forbidden“ bekam.  Ich hatte nämlich den UberTwitter-Client auf meinem Smartphone installiert und der ist bei Twitter wegen angeblicher Policy-Verstöße in Ungnade gefallen.

Twitter als der der Hausherr hat also dem aufstrebenden Konkurrenten gezeigt wo der Hammer hängt. Aber es hat einen sehr bitteren Beigeschmack, diese Geschichte, denn für mich als User war nicht nachvollziehbar warum UberTwitter als „böse“ eingestuft wurde, Twitter agierte hier sozusagen als Richter und Henker in einem.

Ubertwitter heißt jetzt UberSocial und wartet wohl noch auf den Segen von Twitter. Besonders lustig ist, dass zeitgleich Ubertwitter im Blackberry Appstore als „featured app“ beworben wird, was man dann runterlädt ist aber weiterhin die verpönte UberTwitter-App.

Wobei mir diese durchaus besser gefällt als die offizielle Twitter-App für den Blackberry. UberSocial (um den neuen Namen zu nutzen) zeigt nämlich z.B. bei Profilen von Usern an ob Dir dieser User folgt oder nicht und kann wohl auch mehrere Twitter-Accounts verwalten. Außerdem gibt es Sonderfunktionen für Hashtags und beim Retweeten kann man noch selber was zufügen.

Jetzt bin ich halt wieder auf die offizielle App zurück und werde hin und wieder sehen, wie der Status von UberSocial ist. Zwei Twitter Apps auf dem Smartphone braucht kein Mensch, aber eine die nach Belieben abgeklemmt werden kann eigentlich auch nicht.

Auf Kollisionskurs mit der Pressefreiheit

befindet sich – ratet mal wer- unsere allseits geschätzte Union. Die ist nämlich ein wenig angefressen, dass sie in Fernsehsendungen wie „Frontal 21“ nicht so gut wegkommt und hat deswegen eine Ermahnung des Politikmagazins durchgesetzt. Es wird bemängelt, dass die Berichterstattung des Magazins nicht „ausgewogen“ sei und zudem „tendenziös“.

Liebe Unionspolitiker, wenn ich mir eine Sendung mit dem Titel „Frontal 21“ ansehe, dann ist meine ganz persönliche Erwartungshaltung, dass diese Sendung mich über Mißstände und Schwachstellen in unserem System informiert. Ja, der Schlüsselbegriff ist „informiert“, denn natürlich fantasieren die Journalisten für die Sendung nicht irgendwelche Märchen aus tausendundeiner Nacht zusammen sonden berichten über die Bundespolitik. Wenn es der Berichterstattung an Ausgewogenheit fehlt, dann würde ich die Ursache vielleicht auch darin sehen, dass es eben auch der Bundespolitik an Ausgewogenheit mangelt und die Damen und Herren in der Poltik halt mal anstrengen müssten um nicht soviel Mist zu produzieren. Was ihr da gerade tut ist das Hinrichten des Überbringers der schlechten Nachricht.

Gedanken zu Ägypten

Momentan passieren in Ägypten Dinge die eigentlich weitaus mehr Beachtung erfahren sollten als sie von unseren Massenmedien derzeit erhalten. Das ägyptische Volk lehnt sich gegen einen Tyrannen auf der nach 30 Jahren im Amt des Präsidenten nicht zurücktreten will sondern sich mit Gewalt an seine Macht oder das was davon noch übrig ist klammert.

Dank Internet und vor allem Al Jazeera kann man sich aber trotzdem noch ein Bild von der Lage in Ägypten machen, auch wenn das Regime dort alles mögliche daran setzt um den Informationsfluss zu zensieren. Das führte sogar dazu, dass Ägypten sozusagen offline ging um den Massen die Möglichkeit der Kommunikation über das Internet oder SMS zu nehmen.

Die Lehre die man daraus ziehen muss ist, dass die Möglichkeit der freien Kommunikation einen Machtfaktor darstellt vor dem das Establishment riesige Angst haben muss, denn sonst würden sie diese Kommunikation nicht einschränken wollen. Ägypten musste alle „Leitungen“ kappen weil sie keine „weiche Zensurinfrastruktur“ etabliert haten. Deutschland versucht seit langem, eine solche „weiche Zensurinfrastruktur“ unter dem Deckmäntelchen der Kinderpornographie-Bekämpfung zu etablieren. Und geben wir uns nicht der Illusion hin, dass in Deutschland so etwas wie das gezielte Unterbinden der Massenkommunikation nicht passieren würde wenn es hier mal heiß wird.

Denn hier sehen wir weitere Paralellen zu Ägypten. Das ägyptische Volk protestiert ja nicht weil ihnen die Wüstensonne das Gehirn verschmort hat sondern weil sie die Schnauze voll haben von einem Regime das den Aufschwung feiert der aber nie beim Volk angekommen ist, so schilderte es gerade der Reporter auf Al Jazeera. Schauen wir nach Deutschland, dann sehen wir auch hier einen Aufschwung der trotz aller Jubelei nicht wirklich zum Wohlstand für das Volk führt. So verschieden von Ägypten ist unsere Situation also nicht, lediglich das böse Zungen behaupten in Deutschland bräuchte man für die Revolution eine Bahnsteigkarte.

Interessant ist auch, dass die Volksrepublik China Nachrichten aus Ägypten aus dem Internet filtert, man will wohl vermeiden, dass das eigene Volk auf irgendwelche Ideen kommen könnte. Bei uns gibt es ja viel wichtigere Themen und so ist laut Twitter das Thema in der heutigen Talkshow am Sonntagabend bei Anne Will unser allseits beliebter Verteidigungsminister der sich über die Meuterei auf der Gorch Fock freut weil sie ihn doch vor peinlichen Fragen zur Verletzung des Briefgeheimnises bei Feldpostbriefen aus Afghanistan bewahrt.

Das ägyptische Regime (oder das was davon noch übrig ist) hat heute übrigens auch Al Jazeera die Lizenz entzogen, offensichtlich sind sie ein wenig unangenehm berührt von der wirklich umfassenden Berichterstattung die man von Al Jazeera bekommt. In Deutschland dürfte so ein Schritt nicht notwendig sein, denn zum einen haben wir ja die Massenmedien eh schon gleichgeschaltet und zum anderen hat Al Jazeera seit den islamistischen Terroranschlägen ja eh das Attribut „Terroristensender“ anhaftend. Trotzdem läuft bei mir wann immer es geht der Live-Stream von Al Jazeera, denn die bringen die Art von Journalismus die ich in Deutschland schon lange nicht mehr gesehen habe. Da wird dann auch mal genau hinterfragt, warum die protestierenden Bürger als „gewalttätiger Mob“ deklariert werden wo doch die Gewalt von der Staatsgewalt aka Polizei ausgeht. Da sollte es jedem Stuttgarter in Erinnerung an die Vorfälle vom 30.09.2010 doch ganz warm ums Herz werden.

Interessant ist auch, dass mittlerweile viele Nationen ihre Bürger aus Ägypten ausfliegen und die sogenannte „Elite“ sich ebenfalls aus dem Staub gemacht hat, in 19 Flugzeugen die Kurs auf Dubai genommen haben. Wohin werden sich wohl unsere Ackermänner verdrücken wenn es hier losgeht? Die eigentliche Elite steht in Ägypten auf der Straße und fordert Demokratie und Freiheit ein.

Hier haben Staaten wie Deutschland und die USA jetzt massive Syntaxprobleme. Mubarak war bisher der Staatspräsident und ganz ehrlich hat man sich als Deutscher kaum Gedanken zur Staatsform in Ägypten gemacht, das steht auch nicht in den Reiseprospekten drin. Und natürlich wurde Mubarak von den USA als „verlässlicher Verbündeter“ gefördert, jedes Jahr mit Milliarden fürs Militär und die Waffen und Kugeln mit denen momentan auf Demonstranten geschossen wird könnten auch aus deutscher Produktion stammen. Wir werden in den nächsten Tagen sehen, mit welchen Wörtern berichtet werden wird. Die Sprache bietet hier ja schöne Nuancen, man kann ja entweder „Regierung“ (auf unserer Seite) oder „Regime“ (die Bösen) sagen oder eben „Rebellen“ (die sich gegen die Bösen auflehnen) oder „Aufständische“ (die gegen die Guten kämpfen).

Die einzige Sondersendung im Deutschen Fernsehen die ich bislang zu Ägypten gesehen habe brachte gestern abend dann auch eher einen nichtssagenden Vizekanzler und Außenminister und zimmerte Nebenbei an einer Gefahr der „Moslembruderschaft“ rum die natärlich beim präkonditionierten guten Bildzeitungsleser dann gleich wieder die Assoziation mit islamistischem Terror hervorruft.

Ich persönlich wünsche dem ägyptischen Volk dass sie das bekommen werden was sie derzeit vehement und mit hohem Blutzoll einfordern. Und wer auch immer in Zukunft in Ägypten regieren wird muss von uns akzeptiert werden solange er von seinem eigenen Volk akzeptiert wird. Mubarak hat fertig und muss Platz machen für einen Neuanfang, je eher umso besser.

Wenn die Zensoren Amok laufen

Die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen läuft wohl gerade Amok. Dran glauben mussten mehrere Folgen des elektrischen Reporters und auch das Video „Du bist Terrorist“. Jetzt ist man nicht mehr Terrorist sondern liest:

Sorry, „Du bist Terrorist“ was deleted at 1:58:33 Mon Aug 9, 2010. Vimeo has removed or disabled access to the following material as a result of a third-party notification by Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen claiming that this material is infringing: Du bist Terrorist. We have no more information about it on our mainframe or elsewhere.

Natürlich gibt es keine Angabe, welche Urheberrechte denn verletzt wurden und wer außer dem Veröffentlicher des Videos eigentlich noch Urheberrechte dafür beansprucht. Nein, es reicht offensichtlich aus wenn eine suspekte Gesellschaft behauptet es würde eine Urheberrechtsveletzung vorliegen und schwupps, schon ist das beanstandete Werk entfernt ohne den Veröffentlicher um eine Stellungnahme zu beten. Faktisch die Umkehr der Unschuldsvermutung. Es wird interessant werden, die Erklärung der GVU zu den Vorfällen zu lesen.

Meine Videos auf Youtube sind wenigstens noch da. 🙂

Liebe ist wieder für alle da

Die gute Nachricht für Rammstein-Fans wie meine Frau. Das Kölner Verwaltungsgericht hat den Song „Ich tu Dir weh“ wieder vom Index für jugendgefährdendes Material genommen. Dort ist er im letzten November auf Bestreben unserer damaligen Familienministerin Zensursula von der Leyen  gelandet. Das Gericht stellte fest:

«Die Bundesprüfstelle hat die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Indizierung eines der Kunst dienenden Werkes nicht in der gebotenen Weise beachtet», kritisierte das Gericht. «Das Lied „Ich tu dir weh“ enthält gerade keine aus einschlägigen filmischen, fotografischen oder literarischen Medien bekannte, detaillierte Darstellung von wirklichkeitsnahen Gewaltexzessen.» Die Gewaltelemente würden lediglich angedeutet und surreal übersteigert.

Alles schön und gut. Doch was sich meine Frau zum Geburtstag wünschte war eben genau das Album „Liebe ist für alle da“ von Rammstein und natürlich hat sie es bekommen. Dank Zensursula leider in einer Version ohne den Song „ich tu dir weh“. Wo kriege ich jetzt den fehlenden Song her? Im Rammstein-Blog steht, dass es wohl bald eine Single geben wird. Alles schön und gut, aber hätte unsere Zensursula damals nicht so über die Stränge geschlagen, dann hätten wir den Song heute schon, eben auf dem Album. Kann ich daher das Familienministerium angehen, damit sie mir die Kosten für die „Nachbesserung“ bezahlen?

Godwins Law auf dem Nockherberg

Auch beim „Derblecken“ auf dem Nockherberg kommt Godwins Law zum Einsatz:

Mit zunehmender Länge einer Online-Diskussion nähert sich die Wahrscheinlichkeit für einen Vergleich mit Hitler oder den Nazis dem Wert Eins an.

Nachdem Fastenprediger Michael Lerchenberg die Situation der Hartz-IV-Empfänger satirisch aufarbeitete hagelte es ob dieses Nazi-Vergleiches massive Proteste. Ich persönlich mußte allerdings herzhaft lachen als ich die folgenden Worte im Radio hörte:

Westerwelle wolle alle „Hartz IV“-Empfänger in einem mit Stacheldraht umgebenen Lager in Ostdeutschland sammeln. Über dem Eingang, „bewacht von neoliberalen Ichlingen im Gelbhemd, steht in eisernen Lettern: Leistung muss sich wieder lohnen“.

Sofort wurde die Erinnerung an den Spruch „Arbeit macht frei“ aus unserer unseligen Vergangenheit wach und man empöte sich. Besonders Westerwelle war massiv empört, dass er mit KZ-Wächtern verglichen wird. Auch die Präsidentin des Zentralrates der Juden zeigte sich empört, denn natürlich sind solche Vergleiche nicht zulässig.

Tatsächlich? Wenn wir doch bei jeder sich bietenden Gelegenheit den Neonazis entgegentreten und zum Volkstrauertag immer schwadronieren, dass sich die dunklen Epochen unserer Geschichte nicht wiederholen dürfen ist es meiner Meinung nach sogar verpflichtend, regelmäßig den aktuellen Status zu überprüfen um zu sehen, wohin wir uns entwickeln. 65 Jahre nach dem zweiten Weltkrieg sind die meisten Zeitzeugen des dritten Reiches tot oder sehr alt. Meine Eltern erlebten diese Zeit als junge Menschen und konnten mir vor ihrem Tod viel davon berichten.

Und wer heute der Generation von damals vorwirft nichts gegen diese Entwicklung damals getan zu haben darf heute niemanden einen Vorwurf machen, wenn er die damaligen Vorgänge als Meßlatte für das hernimmt, was aktuell in diesem Land passiert.

Ja, ich weiß, was in den KZs passiert ist war so grausam und abscheulich, dass man es sich nicht ausmalen kann. Trotzdem muss ich als freiheitsliebender Mensch die Frage stellen, was denn nun der große Unterschied zu den Folterlagern im Irak oder Guantanamo Bay ist.

Klar, die Hartz-IV-Empfänger werden nicht in einem Lager gehalten, denn so große Lager sind kaum zu realisieren. Also schafft man Ghettos in die die Gestrandeten in unserer Gesellschaft abgeschoben werden, die freie Wahl der Wohnung funktioniert ja nur, wenn man es sich leisten kann. Wer seine Miete von der Arge bekommt hat diese Wahl oft nicht.

Und was das Thema Zwangsarbeit angeht, eigentlich schützt uns Artikel 12 des Grundgesetzes vor dieser:

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

Trotzdem diskutiert der Herr Westerwelle ganz ungeniert, dass die Empfänger von Sozialleistungen doch zum Schneeschippen eingesetzt werden sollen, denn natürlich kann man das erwarten. Wird Schneeschippen also eine für alle gleiche öffentliche Dienstleistungspflicht? Wann sehen wir die Bundestagsabgeordneten beim Schneeschippen?

Wobei dieser an den Reichsarbeitsdienst erinnernde Vorschlag ja noch gar nicht das Schlimmste ist. Viel Schlimmer ist, dass jeder „Leistungsverweigerer“ von Sanktionen bedroht wird und somit tatsächlich ein Zwang ausgeübt wird, auch Arbeitsstellen anzunehmen in denen der Hartz-IV-Empfänger seine Arbeitskraft weit unter ihrem wirklichen Wert „anbieten“ muss. Der Arbeitsmarkt ist kein Markt mehr sondern der Staat bestimmt, dass man notfalls eben auch für einen Euro arbeiten muss. Ein eigentlich nicht hinzunehmender Eingriff in die Tarifautonomie die es jedem Arbeitssuchenden erlauben sollte, seine Arbeitskraft zu angemessenen Preisen auf dem Arbeitsmarkt anzubieten.

Ja Herr Westerwelle, es ist schon blöd, wenn das eigene dumme Geschwätz an der Messlatte der Vergangenheit gemessen wird und man erschreckt feststellen muss, dass da gar nicht mehr soviel Unterschied ist. Und weil man ja so massive Probleme mit der Kritik an seinen Handlungen hat freut man sich dann natürlich wenn man folgendes liest:

Der Bayerische Rundfunk schneidet in der heutigen zweiten Ausstrahlung die Passage mit dem umstrittenen KZ-Vergleich aus der Nockherberg-Übertragung. „Wir mussten die Sendung ohnehin kürzen, da lag es nahe die Passagen rauszulassen“, sagte BR-Sprecher Detlef Klusak.

Ach wie praktisch. Gleich mal die unliebsame Kritik entfernen, denn natürlich hat das ja schon jeder gesehen und es ist ja auch im Internet. Trotzdem erinnert dieser Vorgang an die legendäre Zwangsabschaltung des „Scheibenwischer“ am 22. Mai 1986 durch den Bayerischen Rundfunk.

Ja, es ist schon schön bestellt um unsere Medienlandschaft. Guckt man das Video bei Youtube an, dann hört man den Fastenprediger von „neoliberalen Ichlingen“ reden, in der Zeitung wandelte sich das „neoliberale“ in „junglieberale“. Offensichtlich eine selektive Wahrnehmung um das Wort „neoliberal“ zu vermeiden.

Nachdem sich der Zorn der Regierenden über den angestellten Hofnarren entladen hat tritt dieser ab:

Nach der öffentlichen Empörung über seinen KZ-Vergleich in der diesjährigen Nockherberg-Rede ist der Fastenprediger Michael Lerchenberg von seiner Rolle zurückgetreten.

Da können wir mal gespannt sein, wer im nächsten Jahr die Rolle des Fastenpredigers übernehmen wird. Django Asül ist ja schon in Ungnade gefallen, nun Michael Lerchenberg und wir beten zu Gott, dass er uns vor Matthias Richling in der Rolle des Bruder Barnabas veschonen möge.

Vielleicht wird ja irgendwann mal eingeführt, dass die Festrede dann erst mal vorab auf „political correctness“ überprüft und „freigegeben“ wird. Spätestens dann wäre aber wieder ein Vergleich mit der dunklen deutschen Geschichte fällig…

Zensur im Kinderzimmer

Nachdem Anna jetzt ihren eignenen PC hat müssen wir uns auch ein wenig über Webfilter Gedanken machen damit sie sich beim Surfen nicht mal in die schmutzigen Seiten des Internet verirrt. Heute habe ich mir mal dansguardian angesehen weil das bei Debian als Paket vorhanden ist.

Dansguardian arbeitet mit Squid als Proxy zusammen und ist blitzschnell installiert. Dann noch kurz die Konfig-Datei anfassen, wobei ich nix besonderes eingestellt habe sondern nur die Zeile mit dem UNCONFIGURED gelöscht habe, damit dansguardian dann auch startet. Im Webbrowser wird dann der Port von dansguardian und localhost als Proxy angegeben und schon läuft aller Traffic über den Filter.

Wie gut ist der Filter? Nun, die üblichen Seiten wie das bekannte Herrenmagazin oder das horizontale Filmportal werden natürlich geblockt. Schön fand ich, dass auch Seiten wie die Online-Seite der auflagenstärksten Zeitung mit den vier Buchstaben geblockt werden weil die Seite zuviele „bad words“ enthält. Sinnvolle Seiten wie die NachDenkSeiten passieren den Filter hingegeben problemlos. Da werde ich wohl am Wochenende mal was installieren. Bleibt die Frage, wie wir die gleiche Filterfunktion in der Windows-Partition hinkriegen, denn eigentlich will ich keinen dedizierten Rechner dauernd laufen lassen um zu filtern.

Die erste Millionen ist geschafft

Nein, nicht auf meinem Girokonto sondern bei der deutschen Wikipedia. Das wird auch gleich mit einer Sonderseite belohnt auf der ganz oben dann auch ein Aufruf des Gründers Jimmi Wales verlinkt ist. Der schreibt sehr schön:

Stellen Sie sich eine Welt vor, in der jeder Mensch freien Zugang zum gesamten Wissen der Menschheit hat. Das ist unser Ziel.

Sehr schön formuliert, das mit dem gesamten Wissen der Welt. Apropos, wer weiß etwas über Ernie Wasson? Nie gehört? Geht mir genauso, aber das ändert sich jetzt ja dank des millionsten Wikipedia-Artikels. Das Dumme ist nur: Ganz oben in diesem Jubiläumsartikel findet man folgenden Vermerk:

Dieser Artikel wurde zur Löschung vorgeschlagen.

Ja, das gesamte Wissen der Menscheit ist ihr Ziel, aber sie haben die Rechnung ohne die Blockwartmentalität der Löschfetischisten gemacht. Schuß ins eigene Knie und das mit voller Absicht. Gratuliere.

Mein Senf zum IT-Gipfel

Derzeit findet ja der IT-Gipfel in Stuttgart statt und da Heise Online so schön ausführlich darüber berichtet muss ich einfach auch mal meinen Senf dazu abgeben. Fangen wir an mit unserem neuen Innenminister Thomas de Maizère, der einen Dialog des Vertrauens schaffen will. Dabei soll der Staat eine „wichtige Rolle“ spielen, insbesondere in Sachen Kommunikation:

Natürlich dürfe es auch private Initiativen oder Absprachen von Bürgern untereinander geben, aber eine „sichere Kommunikation komplett privat“ in der Hand einer Firma könne es nicht geben.

Na, da wird er aber einen mächtigen Rüffel vom Koalitionspartner FDP bekommen, denn natürlich ist das Internet nicht in der Hand einer Firma, sondern der Markt regelt das. Beim Telefonieren will ja auch keiner mehr die Bundespost und das FTZ zurückhaben.

Wirtschaftsminister Brüderle hingegen will, dass die IT-Firmen „Gas geben“ damit sei nicht von anderen überholt werden. Und statt neue „Leuchtturmprojekte“ vorzustellen hat man nun Erfolge aus anderen Projekten vozuweisen:

Als ein erstes konkretes Ergebnis aus einem der Leuchtturmprojekte lobten Brüderle, Scheer und SAP-Vorstandssprecher Leo Apotheker Theseus. In einer Kooperation mit Nokia hat SAP dabei den ersten kommerziellen Dienst zur Schnellerkennung von Produktpiraterie gestartet. „Das Auslesen eines Barcodes mit dem Handy genügt zur Feststellung einer Verletzung“, sagte Apotheker.

Ach sieh da. Es geht mal wieder in Richtung geistiges Eigentum und Produktpiraterie. Und mein beschränkter Verstand versteht auch nicht, wieso Produktpiraten dann auf ihre Plagiate einen Barcode pappen der aussagt „Ich bin kein Original“.

Dafür entblödet sich der Microsoft Deutschland Chef und setzt sich für das Websperren-Gesetz ein. Das ist so blöd, da spar ich mir doch jeden Kommentar.

Unsere Kanzlerin musste natürlich auch ihre Unwissenheit präsentieren und der IT-Branche danken:

Das vierte Gipfeltreffen, das die Bundesregierung zusammen mit dem IT-Verband Bitkom veranstaltet, ist eine seriöse Veranstaltung der Schlips- und Jackett-Träger.

Ja, Kleider machen Leute. Da mag ich nur dezent dran erinnern, dass die Schlips- und Jackett-Träger aus der Finanzwirtschaft an der aktuellen Krise wohl nicht ganz unschuldig sind und es daher eine Lachnummer ist, seriös mit Schlips und Jackett gleichzusetzen.

Die Welt der Start-ups und der sozialen Netzwerke hat sich nicht eingefunden, sieht man vom künstlichen Rotschopf Sascha Lobos ab…

An dieser Stelle kann ich nur auf Fefes Blog verweisen:

Ich war ja zu diesem IT-Gipfel eingeladen dieses Jahr, aber die Einladung kam erst zwei Wochen, bevor das losging (in Stuttgart!?), und sah wie Spam aus (HTML-only-Mails werden eh raussortiert bei mir), daher bin ich nicht hingegangen.

Ja liebe Gipfeltreffen-Organisatoren, Medienkompetenz zahlt sich aus.

Besonders lustig war dann auch die Meldung, dass die Bundesregierung eine Zentrale gegen Bot-Netze plane:

Dem gemeinsam vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und dem Verband der deutschen Internetwirtschaft (eco) entwickelten Konzept zufolge hätten Internetzugangsanbieter (ISPs) längst die technische Möglichkeit, vireninfizierte Rechner bei ihren Kunden durch Analyse des Netzwerkverkehrs auszumachen.

Und was ist, wenn ich meinen Neztwerkverkehr gar nicht überwacht haben will? Ganz abgesehen davon, dass dies ziemlich dick aufgetragen ist, denn die Möglichkeiten, wie man Bots aus der Ferne steuern kann sind ja sehr groß. Viel zu groß um das alles mit einer Echtzeit-Traffic-Analyse zu erschlagen.

Aber klar, Widerstand ist zwecklos:

Vor der Umsetzung des Vorhabens soll jedoch noch geklärt werden, mit welchen Sanktionen Kunden rechnen müssen, die eine Zusammenarbeit mit den jeweiligen Internetdienstleistern verweigern.

Ganz scöhn dick aufgetragen. Nett ist auch dieser weichspülende Absatz:

Besser wäre es also, Anwender, die bislang an der Umsetzung von Sicherungsmaßnahmen auf ihrem PC gescheitert sind, vom Sinn der Aktion zu überzeugen und die Filtermaßnahmen von ihnen explizit gestatten zu lassen.

Da halte ich einfach mal mit „The six dumbest ideas in computer security“ dagegen und bin gespannt, wie die Spezialisten vom IT-Gipfel diese Argumente entkräften wollen.

Aber die Stoßrichtung ist klar, wenn man den letzten Artikel bei Heise liest. Hans Joachim Otto, parlamentarischer Staatsekretär im Wirtschaftsministerium schlägt hier eine „zwei Strikes“-Regelung vor:

Nicht eine Behörde, sondern die Internet Service Provider selbst sollten Kunden, bei denen sie urheberrechtswidrige Aktivitäten feststellen, zweimal mahnen.

Also sollen die ISPs die Blockwarte werden und klar, dank der Initiative gegen die Bot-Netze sollen sie ja eh den Traffic total überwachen. Und natürlich sollen die Provider bei wiederholten Auffälligkeiten dann auch petzen:

Nutzt dies nichts, dann soll laut Otto ein Bericht des Providers an ein eigens geschaffenes Gremium übersandt werden. Wie dieses zusammengesetzt sein soll und welche weiteren Schritte dann folgen, dazu lieferte Otto noch keine Details.

Ich sehe es förmlich vor mir, wie man dann dank der Denunziation des ISPs vor den Großinquisitor der Medienmafia geladen wird und hoffen kann, dass nach der Hexenverbrennung noch was übrig bleibt.

Natürlich findet Otto seine Idee gut:

Er sieht in der Verschiebung der Verantwortung für die Aufsicht von einer Behörde  wie der französischen Hadopi zu den Service-Providern selbst offenbar ein Stück mehr „Selbstverantwortung“ der Wirtschaft.

Tja, da fällt mir nur ein, dass damals als in der französischen Revolution diverse Köpfe im Wortsinne rollten man das ja auch als „ein Stück mehr Selbstverantworung des Bürgers“ ansehen kann.

Mein Fazit: Viel dummes Geblubber von schlipstragenden Jackett-Trägern die das Intenet nicht verstanden haben und eine Menge Beifall von den Firmen und Verbänden, die hoffen, mit den neuen Projekten wieder ähnliche „Erfolgsstories“ wie bei der LKW-Maut schreiben zu können. Sprich: Geld vom Staat für Unsinn zu bekommen, Hauptsache es hat was mit IT zu tun und wurde am IT-Gipfel beschlossen.