Die Bertelsmann-Stiftung und die Rente

Heute veröffentlichte die Bertelsmann-Stiftung eine etwa 100 Seiten lange Studie zum Thema „Rente“. Man stellt nun fest, dass Familien angeblich von unserem derzeitigen Rentensystem benachteiligt sind und will das ändern.

Da ich selbst ja schon einen Silberstreif namens „Rentenalter“ am entfernten Horizont ausmachen kann und ich schon mal von einem Volksverräter mit der Meldung „Es reicht nicht, selber vorsorgen ist angesagt“ über den Tisch gezogen wurde bin ich etwas sensibilisiert was „Rentenreformkonzepte“ angeht.

Die Bertelsmann Stiftung hat also ihre Glaskugel poliert und sieht da, dass es ab spätestens 2030 (also in 16 Jahren) „eng“ werden wird. Solche langfristigen Prognosen sind toll, aber leider auch sehr unscharf, wie z.B. Volker Pispers zu berichten weiß.

Was als Problem erkannt wird ist zum Beispiel folgendes:

Kinder finanzieren in ihrem späteren Erwerbsleben mit ihren Einzahlungen in die Rentenkasse nicht nur die Altersversorgung ihrer eigenen Eltern, sondern auch die der Kinderlosen aus ihrer Elterngeneration.

Tja, an der Stelle würde ich ja jetzt ihnen gleich das Mackenroth-Theorem um die Ohren schlagen, wenn sie in ihrer Studie das nicht schon in einer Fußnote erwähnt hätten. Natürlich mit „Anpassungen“, denn Mackenroth darf in unserer neoliberalen Ideologie einfach nicht uneingeschränkt recht haben.

Und natürlich stellt man noch viel schlimmere Dinge fest:

Ein heute 13-Jähriger wird im Laufe seines Lebens durchschnittlich 77.000 Euro mehr in die Rentenkasse einzahlen als er selbst an Rente beziehen wird.

Super Prognose, die nicht mal berücksichtigt, ob der heute 13-jährige irgendwann Kinder haben wird oder nicht. Und für genau dieses Problem hätte ich ohne viel zu orakeln eine einfach Lösung, nämlich damit aufzuhören das Renteneintrittsalter wie die sprichwörtliche „Karotte“ vor den Esel (Rentenbeitragszahler) zu halten und dieses Alter immer weiter nach oben zu schieben. Denn natürlich werden die wenigsten der heutigen jungen Generation tatsächlich bis 67 (oder länger) arbeiten, aber weil sie das nicht tun werden sie weniger Rente erhalten.

Die Bertelsmann Stiftung hat natürlich einen anderen Lösungsansatz, der dreigeteilt ist:

  • Eine „Basisrente“ nach dem Umlageverfahren, die heutigen Beitragssätze werden eingefroren. Damit ist natürlich schon zementiert, dass diese Basisrente später mal nicht reichen wird.
  • Eine „Kinderrente“ die den Bürger anspornen soll streng nach dem biblischen Motto „seid fruchtbar und mehret euch“ für möglichst viel Nachwuchs zu sorgen, denn das gibt dann einen Bonus.
  • Wer aber trotzdem unter 3 Kindern bleibt oder gar kinderlos weil in unserem System Kinder ja auch ein Armutsrisiko darstellen der wird zu einer verpflichtenden kapitalgedeckelten Rente verdonnert. Also eine Art Zwangs-Riester der wieder Geld in die Kassen der Finanzwirtschaft spülen soll.

Spätestens an dieser Stelle bin ich dann an die Regierungszeit von Spaßkanzler Schröder erinnert, der uns ja damals schon an die Finanzwirtschaft verkauft hat. Und das Kochrezept ist das gleiche: Wir schüren Zukunftsängste, garnieren das mit einer vermeintlichen Reform die nur gutes tun will und weil der Staat ja immer knapp bei Kasse ist müssen die Bürger halt selbst für ihre Rente sorgen. Neu ist eben der Zwang zur „Sparrente“, der ökonomisch einfach Humbug ist, denn wie die NachDenkSeiten schon bewiesen haben wird  auch die kapitalgedeckelte Altersvorsorge vom jeweiigen Einkommen der laufenen Periode bezahlt, nur dass hier eben noch der „Gewinn“ für die Finanzwirtschaft hinzukommt.

Fazit: Im Westen nix neues, aber da Frau Nahles ja eh gerade an einer Rentenreform bastelt muss man natürlich die Gelegenheit beim Schopfe packen um mal wieder die tollen Ideen zur Gewinnmaximierung der Finanzwirtschaft zu propagieren. Vor allem jetzt, da der Bundespräsident Joachim Gauck ja bereits anfängt, den Neoliberalismus in Schutz zu nehmen.

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