Heute hat der Guardian (ja der, der die Snowden-Enthüllungen brachte) die Vermutung geäußert, dass die vielen pro-russischen Kommentare in den Artikeln zur Ukraine-Berichterstattung von Trollen im Auftrag von Putin geschrieben werden.
Da ich mich selbst zu den Putinverstehern, äh Trollen zähle bin ich natürlich einigermaßen entsetzt über diese Einsortierung in die Troll-Schublade. Und das gleich aus diversen Gründen:
- gerade vom Guardian hätte ich so eine Meldung nicht erwartet. Da frage ich mich schon, ob die möglicherweise einen Polit-Offizier zur Seite gestellt bekamen der ein wenig darauf achtet, dass linientreu berichtet wird. Ja, wir schreiben das Jahr 2014Â und nicht 1984, aber angesichts der sehr „ausgewogenen Berichterstattung“ in den Mainstream-Medien muss man diese Befürchtung hegen.
- Die Kategorisierung „Troll“ hat natürlich den Nebeneffekt, dass die alternative Meinung des Kommentators als falsch und ungültig diffamiert wird. Trolle sind nun mal „Idioten“ die auf Anweisung klatschen und das verbreiten was ihnen vorgegeben wird. Oh oh, das könnte in gleicher Weise auch für unseren Qualitätsjournalismus zutreffen. 🙂
- Schließlich ist der Begriff Troll aus Sicht der Schubladendenker viel besser als der Begriff Putinversteher. Denn „Putinversteher“ vermittelt ja den Eindruck, dass sich jemand die Mühe gemacht hat, die Argumente und Interessen des Herrn Putin zu betrachten und als Ergebnis dieses Denkvorgangs ist dann so etwas wie Verständnis entstanden. Das ist alles viel zu positiv in der Propagandaschlacht und ein Einsortieren in die Schublade „Trolle“ vermeidet somit wirkungsvoll, dass sich vielleicht sonst noch jemand über die Beweggründe des dämonsierten Putin Gedanken macht. Denken scheint unerwünscht in dieser Zeit zu sein.
Ich halte es auch zukünftig jedenfalls mit folgender Erkenntnis und werde daher keine vorschnellen Urteile bilden, schon gar nicht aufgrund von hetzerischer und einseitiger Berichterstattung.
Wann immer Du mit dem Finger auf jemanden zeigst, denke daran, dass im gleichen Augenblick drei Finger auf Dich selbst zeigen.
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Man muss doch nicht gleich Putinversteher aka Troll sein, wenn man versucht, ausgewogen und objektiv die Sachlage zu beurteilen und/oder darüber zu berichten. Was hier zur Zeit in den Mainstream-Medien passiert ist gleichgeschaltete Volksverdummung und nahe an der Kriegshetze. Ich komme mir manchmal vor (auch wenn ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht gelebt habe) wie zur Zeit vor dem 1. Weltkrieg: Hurra-Patriotismus, Lügen und Verzerrung der Wahrheit (übrigens auch von unseren Politikern, die doch geschworen haben, Schaden vom deutschen Volk abzuhalten).
Wo, bitteschön, kann man denn lesen, dass der Westen permanent gegen die 2+4-Verträge verstoßen hat und infolgedessen Russland militärisch und politisch immer mehr auf den Pelz gerückt ist?
Dass Russland dann etwas nervös reagiert, sollte verständlich sein, ähnlich nervös übrigens, wie die USA während der Kuba-Krise.
Putinversteher? Möglich, hat aber nix mit Sympathisant zu tun. Troll? Wenn jeder Andersdenkende heutzutage ein Troll ist, oK. Was aber sind die Volksverdummer?