Wieviel ist ein Menschenleben wert?

Vor 8 Tagen haben Bomber der USA in Kundus ein Hospital von Ärzte ohne Grenzen angegriffen, bei dem Angriff kamen 22 Menschen ums Leben. Heute nun berichtet unsere Lokalzeitung, dass man die Angehörigen der Opfer entschädigen möchte. Und ich stelle mir die Frage, wieviel so ein Menschenleben denn dem Imperium wohl wert ist.

Der Angriff auf das Hospital ist in meinen Augen ein ganz klares Kriegsverbrechen. Unsere Bundesregierung sieht das offensichtlich anders, wie folgendes Video aus der Bundespressekonferenz zeigt:

Der Sprecher redet sich auf lückenhafte Informationen heraus und vergewaltigt sozusagen den Konjunktiv. Und die Forderung nach Aufklärung und dem Schlüsseziehen ist in meinen Augen auch nur die pure Heuchelei, auch die Meldung „so was darf sich nicht wiederholen“. Denn da möchte ich an den 4. September 2009 erinnern als auf Anforderung von Bundeswehroffizier Georg Klein zwei Tanklaster bei Kundus angegriffen worden und 91 Menschen dabei den Tod fanden. Menschen die nicht unbedingt „Aufständische“ waren.

Damals wie heute galt aber offensichtlich erst mal die Devise „Hau drauf“ und nacher gucken wir mal was wir erwischt haben. Während man beim Vorfall in 2009 noch entschuldigend anmerken könnte, dass die Tanklaster ja im Kriegsgebiet waren und man eben trotz unklarer Aufklärungslage angegriffen hat um einen Selbstmordanschlag mit den Tanklastern zu verhindern muss beim Angriff auf das Hospital in Kundus vor einer Woche ganz klar festgestellt werden, dass den Streitkräften bekannt ist, dass an dieser Koordinate auf dem Globus ein Krankenhaus steht. Wenn man sich also trotz dieses Wissens zu einem tödlichen Bombenangriff entschließt, dann ist das ein Kriegsverbrechen und auch ein Angriff auf die Genfer Konventionen.

Glenn Greenwald hat in der vergangenen Woche dann auch aufgezeigt, dass die Ausreden von „oops, Versehen mit Kollateralschaden“ nun hin zur „Rechtfertigung“ gewechselt haben, angeblich hätten sich Taliban im Hospital verschanzt und deswegen griff man an. Aber selbst wenn die Taliban tatsächlich dort gewesen wären rechtfertigt es nicht, das Gebäude zu zerstören. Und schon gar nicht, nachdem von dort während des Angriffs noch informiert wurde, dass man geade ein harmloses Krankenhaus bombardiert.

Die Chancen, dass tatsächlich jemand dafür zur Verantwortung gezogen wird und vor ein Kriegsverbrecher-Tribunal gestellt wird sind indes faktisch nicht vorhanden. Die USA weigern sich ja seit je her standhaft den internationalen Strafgerichtshof in Den Haag anzuerkennen und haben auch schon angedroht, Militärangehörige die dort vor Gericht gestellt werden „rauszuholen“.

Es bleibt die Frage, was da in Kundus tatsächlich passiert ist. Ist es eine Tragödie die aus purer Dummheit der Verantwortlichen ihren Lauf nahm? Dann muss man dringend darüber nachdenken, ob wir es weiterhin verantworten können, diesen Dummköpfen Kriegsgerät in die Hände zu geben und sie damit machen zu lassen was ihnen gerade in den Sinn kommt.

Oder war es ein absichtlicher Angriff? Ärtze ohne Grenzen war möglicherweise den Militärs ein Dorn im Auge weil sie Kriegsopfer ohne Ansehen der Person behandelt haben, also im Zweifelsfall auch „Aufständische“ die medizinische Hilfe brauchen.

Ärzte ohne Grenzen haben angekündigt, nun ihre Zelte in der Region abzubrechen, da es ihnen dort zu unsicher ist. Ich kann das nach dem Angriff sehr gut nachvollziehen, stelle aber auch fest, dass damit nun kaum noch jemand in der Region ist, der neutral ist und Wert auf Menschenrechte legt. Von zukünftigen Schweinerein die dort im Namen des Kriegs gegen den Terror passieren werden werden wir also wohl nicht mehr informiert werden.

Und das Entschädigungsangebot ist in meinen Augen auch ein Schlag ins Gesicht. Die Leute dort sind gestorben, sie sind tot und kein Geld der Welt kann sie wieder zurückbringen. Diese Einstellung, man könne alles mit Geld „regeln“ widert mich extrem an.

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