Am Dienstag war ein denkwürdiger Tag. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die NPD zu unbedeutend ist und man sich darum gar nicht erst bemühen muss, diese Partei zu verbieten. Klar, die paar NPD-Mitglieder die womöglich erst dank der Verfassungsschutz-Leute in ihren Reihen über eine mehr als 2 stellige Mitgliederzahl verfügen sind vielleicht nicht wirklich der Rede wert. Aber was ist mit den Nazis, die aus dem Auffangbecken für Dummköpfe kommen? Am Dienstag abend hat der Landesvorsitzende der AfD in Thüringen in Dresden eine Rede gehalten die ich nicht unkommentiert lassen kann.
Ich werde allerdings diesmal ein wenig anders als sonst vorgehen. Üblicherweise kopiere ich ja die Teile auf die ich eingehen werde im Volltext in mein Blog, doch bei dieser rechtsextremen Hetze möchte ich dieses Blog nicht mit dem Nazi-Gesülze verschmutzen, welches Björn Höcke da von sich gegeben hat. Ich hoffe ihr habt dafür Verständnis. Die Niederschrift der Rede befindet sich auf Pastebin und genau diese Abschnitte werde ich kommentieren.
Es beginnt damit, dass Höcke „Freunde, Mitstreiter und Patrioten“ begrüßt. Die Erwähnung der Patrioten kann als ein Gruß an Pegida gesehen werden, über die Bescheuertheit des Begriffes „Patriotische Europäer“ habe ich mich ja schon vor geraumer Zeit ausgelassen. Höcke bezeichnit sich interessanterweise als „unbequemer Redner“, womit er sicher nicht unrecht hat.
Höcker erinnert dann an seinen „Pegida-Erstkontakt“ im Jahr 2014 in Dresden und dass er da ortsunkundig die Pegidisten nicht direkt fand sondern durch Gruppen von „sogenannten Antifaschisten“ durch musste. Tja, ich bin ehrlich gesagt froh, dass es damals schon diese Gegner von Pegida gab.
Es ist allerdings schon derb, wenn er dann (Zeile 27) darauf hinweist, das dieses „Durchbrechen durch die Reihen der Antifaschisten“ für ihn heute eine lebensgefährliche Aktion wäre. Will er sich damit zum Held hoch stilisieren?
Er beschreibt die Pegidisten die er damals traf als „wirtschaftlich Abgehängte“ und keinesfalls als „grölende Nazis“, auf der anderen Seite sind die Gegner von Pegida natürlich „wilde Horden“ und „kreischende, verhetzte, von iduziertem Irreseingekenzeichnete jugendliche Wirrköpfe“. Was Höcke hier macht nennt man „Framing“, er suggeriert seinen Anhängern, sie wären „die Guten“ und die anderen wären „die Bösen“. Klar, er hat seine Spießgesellen am Anfang ja auch als Freunde begrüßt.
Anschließend versucht er den Eindruck zu erwecken, dass er ja nicht gegen den Staat agiert, sondern vielmehr diesen Staat retten will. An dieser Stelle möchte ich ihm fast die Lektüre von „Das Geisterhaus“ von Isabel Allende nahelegen, da kann man schön nachlesen was passiert, wenn man glaubt man müsse seinen Staat retten.
Ab Zeile 69 fängt er dann an, von Vaterlandsliebe zu reden und dass eigentlich Dresden die deutsche Hauptstadt sein solle, denn hier leben die Mutbürger die ja soviel für den Staat tun wollen. Und er ruft nach einer politschen Wende.
Danach kritisiert er offen die Flüchtlingspolitik und bemängelt den angeblich fehlenden Schutz unserer Außengrenzen.
Weiter geht die Hetzrede mit Verweis auf steigende Kriminalität und Gealt, natürlich dürfen da die radikalen Islamisten nicht fehlen. Ganz krass wird es dann wenn er vom „Import fremder Völkerschaften “ spricht. Das ist eindeutig ausländerfeindlich.
Und dann skizziert Höcke eine Bedrohung der Existenz unseres „Volkes“ weil wir Geburtenrückgang haben und Masseneinwanderung. Am Geburtenrückgang ist also auch die Regierung schuld? Und anstatt in der Masseneinwanderung (die wahrscheinlich gar nicht so massiv ist wie er es skizziert) einen positiven Impuls zu sehen ordnet er sie seinem Feindbild zu.
Und dann fordert er seine „Freunde“ auf, Deutschland Stück für Stück zurückzuholen. Derweil scheint der Saal zu kochen, man applaudiert und ruft „Höcke, Höcke“. Dann folgt von ihm der HInweis auf seine Partei, die AfD, welche laut seiner Aussage die letzte revolutionäre Chance für unser Vaterland ist.
Höre ich da „Revolution“? Und was soll das Gerede vom „Vaterland“. Gerade „Vaterland“ ist eine Vokabel die mich persönlich an die Nazi-Zeit erinnert.
Es folgt eine längere Selbstbeweihräucherung wie wichtig doch die AfD als „bürgernahe“ Partei ist und dass sie in ihren rechtsradikalen Parolen so etwas wie „Aufklärungsarbeit“ sehen. Insgesamt sieht er wohl die AfD in einer „historischen Mission“.
Die nächsten Parolen und Schimpfattacken gegen ander Politiker erpare ich mir groß zu kommentieren, es ist halt das übliche Gesülze von einem, der gerne den „starken Mann“ markiert.
Interessant wird es dann ab Zeile 206. Hier versucht er seine Anhänger auf einen „langen und entbehrungsreichen Weg“ einzuschwören an dessen Ende der „vollständige Sieg“ steht.
Spätestens hier fühlt man sich doch dann ganz fürchterlich an die Rede von Joseph Goebbels im Sportpalast erinnert. Und dazu kann ich nur zwei Dinge sagen:
- ‚Wenn ein sogenannter „Führer“ jemanden auf einen „langen, entbehrungsreichen“ Weg einschören will, dann heißt das in anderen Worten nur, dass dieser Führer zwar vielleicht seine Vision von einem „Endsieg“ hat, aber absolut keinen Plan, wie er denn dieses Ziel erreichen will. Mit dem Hinweis auf den langen und schwierigen Weg versucht er Zeit und einen Vertrauensvorschuss zu kaufen und hat natürlich eine gute Ausrede, wenn es Rückschläge gibt, denn er hat es ja gesagt, dass es schwierig wird.
- Ich will auch keinen vollständigen Sieg. Ich befinde mich mit niemandem im Krieg und der Begriff „Sieg“ bedeutet immer, dass es auch eine Verlierer geben wird. Wir können unsere Probleme gleich welcher Art aber nicht dadurch lösen, dass wir die jeweils andere Seite „vernichtend schlagen“, denn das dreht lediglich die Vorzeichen um, aber das Spannungsfeld welches zum Problem führte bleibt weiter bestehen.
Dann schwadroniert Höcke über diverse Reden ehemaliger Bundespräsidenten und erzählt ein wenig aus seiner Familiengeschichte.
Ab Zeile 256 wird es dann wieder sehr konkret, denn Höcke vergleicht z.B. die Bombardierung Dresdens im zweiten Weltkrieg mit den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki. Und dass man uns mit dieser Bombardierung die kollektive Identität rauben wollte.
Ich bin ja jetzt kein Militärhistoriker, aber ich denke mal, die Bombardierung der Städte im 2. Weltkrieg erfolgte mit dem Ziel, den inneren Widerstand gegen Hitler zu mobilisieren. Denn wenn die Sicherheit in der Heimat nicht mehr gegeben ist fängt man ja auch mal an, sich gegen die eigene Regierung zu stellen, bestes Beispiel dafür ist ja genau die Rede von Höcke der fehlende Sicherheit als Motivator gegen die aktuelle Regierung zitiert.
Und dann fängt er an gegen die „Erinnerungspolitik“ zu hetzen, denn diese lähmt ja angeblich ein Volk. Im Holocaust-Mahnmal in Berlin sieht er „Denkmal der Schande“ und fordert einen neuen Patriotismus, denn ansonsten wäre unsere „deutsche Identität“ in Gefahr.
Also, ich bin hier geboren und ich fühle mich in keiner Weise in meiner Identität als Deutscher behindert, wenn ich mich über die dunklen Seiten der deutschen Geschichte bewußt werde. Diese grausamen Dinge passierten lange vor meiner Geburt, ich hätte sie also auch beim besten Willen nicht verhindern können. Und darum sehe ich auch keinen Grund, am Boden zu kriechen und zu heulen, so wie mir das dann ein AfD-Fan geantwortet hat, als ich in einem Tweet erwähnte, dass das Wort „Denkmal“ duchaus auch als Aufforderung angesehen werden kann. Aber ich bin mir der unseligen Deutschen Geschichte bewusst und fühle die historische Verantwortung, alles dafür zu tun, dass sich solche Dinge nie mehr wiederholen.
Dazu muss ich aber keine Nazi-Partei unterstützen und auch keine populistischen Reden schwingen. Was Höcke hier in Dresden von sich gegeben hat war eine widerliche Nazi-Hetzrede. Natürlich ist der nachdem er den üblichen Shitstorm losgetreten hat zurückgerundert und hat in einer Presseerklärung behauptet, er wäre falsch verstanden worden. Das übliche Schema eben, erst mal provozieren und ausloten wie weit man gehen kann, bei Gegenwind dann wieder Kreide fressen und auf unschuldig tun.
Wenn man aber berücksichtigt, dass Björn Höcke kein dahergelaufener Nazi ohne Job ist der sein Heil bei den neuen Führern sucht, sondern ein Lehrer für Geschichte mit Beamtenstatus, dann muss ich davon ausgehen, dass Höcke sehr genau vorher wusste wie seine Rede aufgenommen weden wird und alles was er von sich gegeben hat war eine wohl geplante Provokation. Und genauso wie damals Goebbels ist Höcke brandgefährlch, denn er zündelt ganz bewußt um seine Gier nach Macht auszuleben.
An dieser Stelle muss man sich dann schon fragen, wieso so ein Nazi noch Beamter und Lehrer sein darf, wenn auf der anderen Seite Lehrerinnen die im Unterricht ein Kopftuch tragen wollen politisch „nicht tragbar“ sind.
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