Diese Woche hatte ich wieder ein Erlebinis das in die Kategorie der Dinge fällt, die ich eigentlich gar nicht haben will. Ich musste mit meiner Tochter zum „Beratungsgespräch“ beim Kieferorthopäden da – trotz in der Vergangenheit „erfolgreich“ abgeschlossener kieferorthopädischer Behandlung – wieder eine deutliche Fehlstellung der Zähne hat.
Da ich vom früheren Kieferorthopäden und dessen Kommunikationsstil mit uns Eltern alles andere als zufrieden war und die Tochter nun gerne zu dem Kieferorthopäden gehen wollte bei der auch ihr Freund in Behandlung ist haben wir uns also dorthin begeben. Tochter meinte auch, dass zu diesem Gespräch die Unterlagen der bisherigen Behandlung nützlich wären, also habe ich alles was ich abgeheftet hatte kopiert und mitgebracht.
Tatsächlich war aber niemand an diesen Kopien wirklich interessiert (wozu habe ich mir die Arbeit gemacht?) und das „Beratungsgespräch lief auf eine Minute in einem großen Raum in dem mehrere Patienten mit Eltern auf ihre Behandlung warteten hinaus. Vom Kieferorthopäden bekam ich einen Zettel der dann auch gleich mal „vorausgefüllt wude“.
Super, dieser ganz dicke Hinweis „schneller, schmerzfreier und ästhetisch optimaler“, das motiviert doch denn als gute Eltern will man ja immer das beste für sein Kind. Aber in diesem nicht mal einminütigen „Beratungsgespräch hat sich mir in keiner Weise erschlossen, welche anderen Optionen wir haben. Also wie z.B. die von der Krankenkasse bezahlte Diagnostik aussehen würde im Vergleich zu den 900 Euro die wir da nun zahlen sollen. Ok, im letzen Abschnitt auf dieser Seite stehen dann ein paar  Features die wohl beim Kassenpaket nicht inklusive sind. Aber sory, ich bin kein Kieferorthopäde und daher weiß ich nicht, was den tatsächlich der Unterschied zwischen „Spezialzement für die Bänder“ und, ja und was eigentlich, ist.
Auf der zweiten Seite geht es dann weiter mit zusätzlich möglichen Optionen.
Was ist ein „Retainer“? Zum Glück gibt es Google und Wikipedia, da kann man sich dann schon schlau machen. Aber ich bin nun mal leider dank meines Berufes jemand der ganz intensiv in Prozessen denkt und der dabei ein intensives Augenmerk auf Qualtiät hat. Und ja, nach einer Minute „Beratung“ und zwei Seiten die mehr Fragen aufwerfen als sie beantworten fühle ich mich tatsächlich nicht beraten sondern eher über den Tisch gezogen. Natürlich alles zum Wohle des Kindes, als deutliche Suggestion „nehmt diese Optionen, sonst seid ihr keine guten Eltern“. Aber auf Basis dieser mageren Faktenlage über eine Ausgabe in Höhe von mindestens 1100 € zu entscheiden ist etwas, was bei mir ein sehr schlechtes Gefühl hinterlässt.
Warum muss das mit so einem oberflächlichen Formular gemacht werden. Mir ist klar, dass der Kieferorthopäde nicht eine halbe Stunde Zeit haben wird um all meine Fragen zu beantworten und ich hätte auch keine Probleme mich selbst zu informieren. Dazu bräuchte ich aber ein Dokument das mir eben nicht suggeriert „Du hast eh keine Wahl, also her mit dem Geld, ich muss schließlich auch meinen Porsche (oder wass auch immer) bezahlen“, sondern eben ein etwas umfangreicheres Dokument, das aufschlüsselt was die Unterschiede zwischen „Kassenmodell“ und „Zusatzleistungen“ sind und warum diese Zusatzleistungen empfehlenswert sind.
So wie das Beratungsgespräch gelaufen ist war das jedenfalls keine vertrauensbildende Maßnahme. Und wenn man dann schon nach kieferorthopädischen Begriffen googelt und dabei auf Artikel wie „Viele Eltern werden von Kieferorthopäden geschröpft“ stößt, dann trägt das auch nicht wirklich dazu bei, dass man sich besser fühlt. Â Und auch die Verbraucherzentrale hat zu dem Thema umfangreichere Texte als das was ich vom Kieferorthopäden erhalten habe.
Klar, ich habe keine Zweifel an der fachlichen Kompetenz des Kieferorthopäden, der Freund meiner Tochter ist zufrieden und die Praxis scheint mir gut organisiert zu sein. Und die Webseite der Praxis schmücken sehr viele Zertifikate. die an seinen Fähigkeiten als Kieferorthopäde keinerlei Zweifel lassen. Aber zum Gesamtprozess gehört eben auch eine funktionierende „Kundenschnittstelle“ und hier sehe ich wie oben beschrieben eben deutliches Verbesserungspotential. In meinem Berufsfeld würde man das, was ich hier bemängele als „FAQ – Frequently Asked Questions“ bezeichnen und ein entsprechendes Dokument erstellen in dem der „Kunde“ einfach nachlesen kann und Antworten zu den Fragen findet, die eben häufig gestellt werden. Und ich hoffe inständig, dass ich nicht der einzige bin, der solche Fragen hat.
[ratings]
Da kann ich Dir nur beipflichten. Das ist ein schwieriges Thema. Und einen Kieferorthopäden zu finden, der nicht die Eurozeichen in den Augen hat, wenn man als Patient auftaucht, ist wie ein 6er im Lotto.