Am Montag habe ich meine Workstation auf openSUSE Leap 15.2 aktualisiert. Das hatte ein paar kleine Stolpersteine und auch Konsequenzen für meine Hardware.
Das Update hatte dabei einiges zu tun, wie der folgende Screenshot zeigt:
Ein Großteil dieser Pakete ist wohl texlive geschuldet was auf meinem Rechner sehr viele Pakete installiert hat. Aber egal, der Update-Algorithmus muss das schaffen.
Das Update verlief auch relativ gut, einmal wurde der Verbindungaufbau zum Updateserver abgelehnt, aber ein „retry“ hat dieses Problem dann behoben.
Trickreich wurde es beim Installieren des Update-Kernels, hier kam die Meldung, dass die Installation des Kernels nicht möglich wäre, da hierfür mindestens 8 MB auf „/boot“ frei sein müssen. Tatsächlich sind da 106 MB frei, also „WTF?!“.
Ich habe mich dann in einer zweiten Konsole eingeloggt und mal geschaut, was so in „/boot“ rumliegt. Da lag dann ein früherer Kernel von Leap 15.1 inklusiver der initrd, den weggeworfen und dann lief auch die Kernel-Installation problemlos weiter.
Nach dem das Update durch war dann der Moment des Reboot. Kiste bootet hoch, und ich bekomme einen graphischen Anmeldebildschirm in 640×480 Auflösung. Yeah!
Mal schnell geschaut, der nvidia-Treiber ist nicht geladen und auch nicht der nouveau, denn der ist ja blacklisted weil vorher der nvidia-Treiber installiert war.
Als Problem-„Ursache“ entpuppt sich meine Graphikkarte eine Quadro FX 5800 die 2008 auf den Markt kam und damals mit 2500€ (die ich aber nicht bezahlt habe, don’t panic) auch sehr teuer war. Die lief unter Leap 15.1 noch mit dem nvidia-gfxG03-kmp-default Treiber, aber für den neuen 5.3.18-Kernel von Leap 15.2 gibt es bei nVidia diesen Treiber, der eh in einer sehr alten Version vorhanden war, nun nicht mehr.
Also Wechsel auf den nouveau-Treiber der im Kernel drin ist. Das war relativ einfach, nur das Blacklisting aufheben und neu starten, dann kommt man wieder in den Genuß von Full-HD-Auflösung auf zwei Monitoren.
Der erste Ausflug in die Web-Spielwelt zeigt dann aber, dass hier etwas klemmt. Alles ist extrem zähflüssig, so als würde man durch Honig waten müssen. Also mal Google befragt und gelernt, dass der nouveau-Treiber im Chrone-Browser auf einer schwarzen Liste steht und deswegen die Spiele so schnarchlangsam sind. Aber ok, diese Einstellung kann man überschreiben, nur offenbart sich danach, dass auch der aktuelle nouveau-Treiber wohl Probleme mit der FX 5800 hat, manche Icons sieht man gar nicht, manche sehen etwas bizarr aus.
Das war dann der Moment in dem ich mich entschieden habe, die Graphikkarte durch eine neuere zu ersetzen. Da ich kein Hardcore-Gamer bin (bzw. dafür ein Playstation hätte) bestelle ich eine einfache Quadro P400. Die hat 3 Monitorausgänge als Mini-Display-Port und die passenden DVI-Adapter dabei, das ganze kostet knapp 120 €.
Gestern wurde die Karte geliefert, also mal schnell alte FX 5800 raus und neu Karte rein. Booten, klappt problemlos, nur meine Bildschirmhintergründe muss ich neu einstellen. Dann ein Blick ins Kernel-Log, auch mit der neuen Karte schmeißt der nouveau-Treiber weiter seltsame Meldungen, so langsam kann ich also nachvollziehen, warum die Chrome-Entwickler wenig Vertrauen in diesen Treiber haben.
Also beschließe ich den proprietären nVidia-Treiber zu installieren. Statt Zypper will ich das über YaST machen und bin dann doch erstaunt, dass direkt nach dem Start von YaST der nvidia-Treiber bereits vorselektiert ist und einfach installiert werden kann.
Jetzt läuft hier der nvidia-gfxG05-kmp-default Treiber und der scheint gut zu funktionieren. Keine seltsamen Einträge mehr im Kernel-Log und auch das Spielen von Browser-Spielen läuft wieder so schnell wie man es erwarten würde.
Bei Wikipedia stehen auch die Daten der nVidia Quadro Graphikkarten und da habe ich mal die Daten von alter und neuer Karte rausgezogen und nebeneinandergestellt:
FX 5800 | P 400 | |
Launch | 2008-11-1 | 2017-02-06 |
Chip/GPU | GT200 (Tesla2) | GP107GL (Pascal) |
Chiptakt [MHz] | 650 | 1170 |
Speichertakt [MHz] | 816 | 1752 |
Speichergröße [MB] | 4096 | 2048 |
Speichertyp | 512-bit GDDR3 | 64-bit GDDR5 |
Speicherbandbreite [GB/s] | 102 | 32 |
Leistungsaufnahme (max.) | 189 | 30 |
OpenGL | 3.3 | 4.5 |
OpenCL | 1.1 | 1.2 |
Shader Model | 4.0 | 5.0 |
CUDA-Kerne | 240 | 256 |
CUDA-Capability | 1.3 | 6.1 |
Rechenleistung [GFlops] | 622,1 | k.A. |
HDR pro Farbkanal | 10 | 10 |
So schlecht sieht die preiswerte P 400 im Vergleich zur alten FX 5800 gar nicht aus. Ok, nur halb so viel Speicher auf der Karte und vom mehr als doppelt so hohen Speichertakt werde ich in meinem System, das auch schon alt ist und nur PCIe 2.0 Slots kennt auch wenig haben, aber dafür sind die Version von OpenGL und openSCL doch aktueller. Und statt 240 CUDA-Kernen gibt es nun schon 256. Besonders freut mich die geringere Leistungsaufnahme, nur noch 30 Watt statt 189 Watt.
Damit läuft openSUSE Leap 15.2 erst mal wieder weitgehend problemlos. Was noch zuklären ist wäre, warum nach dem Start von XFCE der akonadi-server einen Segfault hinlegt, aber das sind aktuell eher „minor annoyances“.
Die FX 5800 wird wohl den Weg in den Elektroschrott-Container machen, sofern sich keiner findet der das Ding noch verwenden könnte. Was natürlich ein paar Fragen zur Nachhaltigkeit aufwirft, denn das heißt ja, wer 2008 tatsächlich 2500€ in so eine Karte investiert hat ist jetzt bei linearem Wertverlust bei 0 angekommen, also etwas über 200€ im Jahr was fast doppelt so viel ist wie eine (auch schon drei Jahre alte) P 400 heute kostet. Daraus kann man eigentlich nur den Schluss ziehen, dass High-End-Hardware rasant an Wert verliert.