Seit einigen Wochen beschäftige ich mich ja mit Org-Roam, einem Emacs-basierten System um Notizen zu verwalten. Ja, ich weiß es gibt eine Menge an Notizen-Apps und da stellt Ihr Euch bestimmt die Frage, warum muss der Rainer jetzt wieder den Nerd-Level aufs Maximum erhöhen und so ein Tool nutzen das kaum einer kennt. Darum hier mal ein Einblick in das was ich gerade damit tue.
Natürlich gibt es Notizen die ich mir auch mal schnell auf einen Zettel schreibe oder vielleicht auch in einer Notizen-App wie Google Keep oder Evernote. Damit ist der das was mir gerade durch den Kopf gegangen ist erst mal für die Zukunft konserviert. Aber meistens war es das dann auch schon. Ich habe abstrakt gesprochen „Daten“ und klar, die kann ich jetzt noch irgendwie kategorisieren, z.B. Evernote-Schlagworte vergeben, dann wird sogar so was wie eine auffindbare Information daraus. Aber damit bin ich erst mal am Ende, jede Notiz steht mehr oder weniger für sich alleine.
Nun gab es im letzen Jahrtausend einen schlauen Menschen namens Niklas Luhmann, der seine Notizen in einem „Zettelkasten“ verwaltet hat, lange bevor der PC in jedem Haushalt Einzug hielt. Und er hat dabei ein System geschaffen um nicht nur die Notizen wieder zu finden, sondern sie auch in anderen Kontexten mit anderen Notizen zu verbinden. Wie das geht beschreibt Sönke Ahrens in seinem Buch „Das Zettelkasten-Prinzip“ das. Ich habe dieses Buch gelesen und ja, daraufhin habe ich das nächste Sachbuch nicht nur gelesen, sondern mir nach jedem Kapitel eine Notiz zu dem gemacht, was ich als Wissen in diesem Kapitel gelernt habe. Und diese Notizen habe ich dann in Org-Roam eingetragen. Das heißt, ich kann auch in weiter entfernter Zukunft mal wieder schauen, was für mich die grundlegenden Erkenntnisse dieses Buches waren. Immerhin habe ich 439 Zeilen an Notizen. Und als weiterer Nebeneffekt dieser Notizen wurde dann meine Rezension auf Goodreads für dieses Buch die wohl längste Buchrezension die ich je geschrieben habe.
Und mit jeder Notiz entsteht Wissen das mit anderem Wissen verknüpft ist. Als schönes Gimmick für Org-Roam gibt es ein Webinterface welches die Notizen und ihre Verbindungen graphisch darstellt. Bei mir sieht das aktuell so aus:
Der türkise große Punkt im „Westen“ ist dabei das Buch, für das ich mir so viele Notizen gemacht habe, die Punkte darum sind „Kontext-Knoten“ also z.B. ein Knoten mit dem Titel „Achtsamkeit“ und wenn ich mal wieder einen Wissenschnipsel zu diesem Thema habe, dann kann ich den mit diesem Kontext verbinden und es entsteht ein Netzwerk. Die roten Punkte südlich sind ein paar andere Bücher die ich auch gelesen habe und die auch in dem Buch zu dem ich die Notizen machte referenzier sind. Die orangen Punkte im „Norden“ sind meine Ideen und gesammelten Hinweise zu Emacs, die grüne Gegend im „Osten“ behandelt all das Wissen zu Org-Roam an sich. Im „Süden“ gibt es eine paar noch isolierte Inseln, einmal habe ich mir sehr intensiv Gedanken zu der Frage gemacht, ob mein Tinten-Abo bei HP für das ich aktuell 11,99 € pro Monat zahle zu teuer ist und ein Umstieg auf einen Laserdrucker die Kosten senken könnte. Das Fazit war für mich ein echter Aha-Effekt. Ganz im Süden haben wir 6 Notizen die um den Kontext „Buchhaltung“ kreisen, denn für meinen Verein bei dem ich Vorstand bin suche ich gerade ein Buchhaltungsprogramm das auch von Nicht-Buchhaltern zu bedienen ist, vom Steuerberater akzeptiert ist (mit der Hoffnung, dass dann die Buchhaltungskosten dort geringer werden) und vor allem nicht zu teuer ist. Ich habe schon diverse Firmen deswegen kontaktiert und diverse Lösungen ausprobiert, jeder Versuch resultiert in einer Notiz, aber „die Lösung“ habe ich noch nicht gefunden.
Und wenn ich mir den Graphen so anschaue, dann habe ich das Gefühl, dass dies sozusagen ein „externes Wissens-Netzwerk“ ist. Neues Wissen kann ich als Notizen einbringen und dann mit bestehendem Wissen verknüpfen. Ich stehe noch relativ am Anfang, aber das Bauchgefühl sagt, dass hier etwas entsteht was mir hilft, dass Erkenntnisse die ich gewinne nicht nur im Kurzzeitgedächtnis sind, sondern langfristig zugreifbar und vor allem verknüpfbar mit anderem Wissen sind. Wichtig dafür ist, dass man die Notizen in eigenen Worten schreibt, also nicht nur Copy&Paste macht sondern die Erkenntnis so formuliert, wie wenn man sie jemandem anderen erklären müsste.
Aktuell wird Org-Roam grundlegend überarbeitet, bald wird des eine Version 2 geben die dann auch zu Änderungen bei den begleitenden Anwendungen führen wird. Ich freue mich schon auf diese Zukunft, denn es wird mir helfen, mein Wissen noch besser zu organisieren.