Ich habe einen Mikrofonständer und eines der nützlichen Accessories dieses Mikrofonständers ist ein Kabelclip den man an den Mikrofonarm anclipsen kann und der dann das Mikrofonkabel am Arm entlang führt ohne dass es nach unten hängt. Also, ich hatte so einen Clip bis dieser dann sich entschloss, kaputt zu gehen.
Das Ding brach exakt an der dünnsten Stelle und das sieht dann so aus:
Ärgerlich, aber ist halt so passiert. Und Kleben dürfte an der Stelle nicht weiter helfen. Also was tun? Die Lösung war für mich ein Ausflug in das Thema CAD und 3D-Druck.
Für die Konstruktion in 3D gibt es diverse Programme, wenn man jetzt noch berücksichtigen soll, dass das hier auf meinem Linux laufen soll wird die Auswahl zwar geringer, aber trotzdem noch mehr als ausreichend.
Als erstes habe ich mir da mal OpenSCAD angesehen. Hiuer geschieht die Konstruktion über eine Beschreibungssprache mit der ich so wie ich das im Tutorial gesehen habe geometrische Grundkörper im Raumkoordinatensystem positionieren und dann „addieren“ oder „subtrahieren“ kann um Kombinationen oder eben Aussparungen zu erhalten.
Die andere Alterantive mit der ich mich beschäftigt habe ist FreeCAD, ein tatsächliches graphische Konstruktionsprogramm mit dem man mit der Maus (oder auf einem Graphiktablett) eine Zeichnung erstellen kann. Diese Zeichnung ist in erster Näherung erst mal eine „Skizze“. Diese Skizze kann man bemaßen und mit diversen „Einschränkungen“ versehen, so dass am Ende z.B. ein Grundriss herauskommt. Das habe ich für meinen Kabelclip mal ausprobiert, es war nicht ganz einfach, da ich eben ein absoluter Neuling in Sachen FreeCAD bin. Egal, am Ende sah mein Grundriss so aus:
Diesen Grundriss kann man nun in die dritte Raumachse erweitern, bei mir waren das 12mm Höhe. Heraus kommt ein 3D-CAD-Modell des Kabelclips. Den kann ich im FreeCAD-Dateiformat abspeichern oder eben auch als STL-Datei. STL steht hier für „Stereo Lithographie“, oder auch „Standard Triangulation/Tesselation Language“), kurz ein Dateiformat das meine Konsruktion geräteunabhängig beschreibt.
Soweit so gut. Doch was nun? Ich habe mal nach „3D Druckservice“ im Netz gesucht, denn ich wollte einfach mal wissen, was es da für Optionen gibt um sich was ausdrucken zu lassen.
Das Suchresultat war auf jeden Fall sehr interessant, denn ich hatte einfach mal einen simplen 3D-Körper (nicht den Clip, sondern was aus dem Tutorial) als STL-Datei abgespeichert und dann zu den verschiedenen Anbietern hochgeladen um zu sehen, wie teuer denn so was ist. Das Ergebnis war, dass wir hier eine sehr große Spanne haben, für ein und das gleiche Modell habe ich je nach Anbieter dann Angebote zwischen 15 und 156 Euro erhalten. Also Preisfaktor 10. Ok, man kann natürlich sagen, jeder weiß das vorher und kann sich überlegen ob er das zahlen will oder nicht.
Ich habe dann mein Modell an einen der günstigen Anbieter hochgeladen und mal einen 3D-Druck bestellt. Ein Clip für 3,38 Euro plus Versandkosten. Die Bestellung ging am 21. Februar raus. Einen Tag später habe ich dann gelernt, wie man in FreeCAD ganz einfach Kanten abrundet (ja, man sollte seine Tools besser kennen) und dann eine zweite Version bei einem anderen Anbieter bestellt, hier sogar deutlich günstiger für nur 1,15 Euro plus Versand.
Nun, 17 Tage nach der ersten Bestellung kam heute die Lieferung vom ersten Anbieter an. Der Ersatzclip ist etwas dicker ausgefallen als das Originalteil, lässt sich aber problemlos am Mikrofonstativ anclipsen und hält perfekt.
Man sieht auf dem Bild auch oben schön, den „Infill“ des 3D-Drucks. Experiment gelungen, Erfolgserlebnis.
Allerdings habe ich mit meiner Konstruktion auch Glück gehabt. Hätte ich da einen Fehler drin gehabt den ich nur nach Ausprobieren des Prototyps bemerken kann, dann wäre die „Turnaround“-Zeit bis zum nächsten Versuch tatsächlich wieder etwas mehr als 2 Wochen. Das macht eigentlich dann keinen Spaß mehr und erinnert an die Zeiten im Studium als wir unsere Programme als Lochkartenstapel im Rechenzentrum abgeben mussten um am nächsten Tag (oder noch späer) dann die Ausdrucke des Programmlaufs zu erhalten, jeder Tippfehler bedeutete also wieder mindestens einen Tag warten. .
Und als ich das Experiment gestartet habe, da habe ich mir gedacht einen 3D-Drucker für ein Ersatzteil anzuschaffen wäre, wie wenn ich eine Kuh kaufe weil ich ein Glas Milch trinken will. Mittlerweile sehe ich das deutlich anders, denn die letzten Wochen habe ich mich recht intensiv mit dem Thema beschäftigt.
Dabei habe ich dann auch mal die Toolchain weitergesponnen, denn aus der geräteunabhängigen STL-Datei macht man mit einem sogenanten „Slicer“-Programm dann die Steuerdatei für den 3D-Drucker, damit dieser das Modell schichtweise aufbauen kann. Habe ich im Slicer „Cura“ mal simuliert und das kam dann dabei heraus:
Unten in der Mitte steht dann, wie lange der Druck auf einem „Ender 3“ Drucker dauern würde, also 39 Minuten. Und das benötigte Druckmaterial, eben PLA-Filament wäre dann genau 6 Cent teuer, wenn man von einem Preis von 22 Euro für eine 1kg-Rolle Filament ausgeht.
Damit ist selbst der günstige Anbieter mit „nur“ 1,15 Euro für den Druck 19x so teuer wie das eigentliche Druckmaterial. Ok, ich weiß, dass man auch noch Stromkosten, Geräteabnutzung, Einrichtung des Gerätes (Arbeitszeit) mit einbeziehen muss, aber unter diesem Gesichtspunkt sind die 3D-Druckservice-Anbieter doch sehr sehr teuer.
Und ja, der Clip passt wunderbar für mein Mikrofonstativ. Ich habe aber noch ein zweites Mikrofonstativ, für das ich mal ein Testvideo erstellen durfte und da habe ich bemängelt, dass es dort keine solchen Clips gibt. Und da der Mikrofonarm des Stativs dort etwas dünner ist als am anderen Stativ ist der Clip dort sehr locker montiert. Also Skalierung auf etwa 90-95% wäre die Lösung für das andere Stativ. Aber das drucke ich dann irgendwann selbst.
Wie es der Zufall will gab es heute den Drucker, den ich im Auge habe, einen Sovol SV01 bei Amazon mit 15% Rabatt. Da ich übermorgen mal wieder Geburtstag habe konnte ich dann doch nicht widerstehen und habe mir den Drucker mal bestellt. Lieferung für den 17. März geplant, dann werde ich mal einen Blogartikel dazu schreiben wie es mir mit dem Ding ergeht. Von den Daten sieht es nicht schlecht aus, im Prinzip die Technik eines Creality Ender 3, aber einen Direkt-Extruder (was gut ist wenn man flexibles Material drucken will), ein etwas größeres Druckbett und mehr Druckhöhe und dann noch zwei Z-Achsen-Antriebe. Bin schon sehr gespannt.
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