Diese Woche haben die investigativen Journalisten von Correctiv.org einen Artikel über ein Geheimtreffen von Rechtsextemen, AfD-Mitgliedern und Mitgliedern der Werteunion in Potsdam veröffentlicht. Gesprächsthema bei diesem Treffen war die zwangsweise Deportation von nicht arischen Menschen, auch wenn die Rechtsradikalen dafür gerne den Euphemismus „Remigration“ verwenden würden. Für mich als Demokrat ist nun der Moment gekommen, an dem der Rechtsstaat beweisen muss, dass er sich gegen solche Umstzurzversuche zur Wehr setzen kann.
Sofortmaßnahme AfD-Verbot
(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.
Artikel 21, Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland
Nachdem die CDU nun, wenn auch mit einiger zeitlicher Verzögerung den teilnehmenden CDU-Mitgliedern bei diesem Treffen mit einem Parteiausschlußverfahren droht geht die AfD in die Offensive. So schrieb Rene Springer (MdB) auf „X“, dass dass die millionenfache Abschiebung von Ausländern kein Geheimplan, sondern ein Versprechen wäre.
Aus meinem Blickwinkel sind damit die in Artikel 21 GG definierten Vorausetzungen erfüllt um diese Partei als verfassungswirdrig zu erklären. Ich habe deswegen diese Woche auch schon die Volker Ullrich (CSU), Ulrike Bahr (SPD) und Claudia Roth (Grüne) welche die Abgeodenten für den Wahlkreis Augsburg-Stadt sind angeschrieben und geben, ein Verbotsverfahren gegen die AfD aktiv zu unterstützen. Denn es ist ja nicht nur der Bericht von diesem Geheimtrefen, der zeigt, das die AfD alles andere als auf dem Boden der freiheitlich-demkratischen Grundordnung steht, die Partei wurde ja mittlerweile in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thürigen als gesichert rechtsextrem eingestuft. Rechtsanwalt Thomas Stadler aus München hat übrigens schon vor einer Woche einen sehr guten Blogartikel zu den Möglichkeiten eines AfD-Verbots veröffentlicht.
Mittlerweile gibt es auch in vielen deutschen Städten Demonstrationen für ein Verbot der AfD, auch vor dem Kanzerlamt in Berlin demonstrierten hunderte Menschen. Die Politik ist also unmissverständlich aufgefordert sich des im Grundgesetz defnierten Instrumentariums zur Abwehr von Verfassungsfeinden zu bedienen. Und zwar bitte quer durch alle demokratischen Parteien, was mich nach dem Bekanntwerden des Treffens massiv gestört hat war das dröhnende Schweigen von CDU-Chef Friedrich Merz und CSU-Chef Markus Söder. Merz spricht sich gar gegen ein AfD-Verbotsverfahren aus, so als wolle er, dass die CDU zum Steigbügelhalter bei der Machtergreifung der Nazis wird. Und auch Söder steht einem Verbotsverfahren skeptisch gegenüber. Er würde die AfD lieber politisch bekämpfen, was angesichts des Höhenfluges der AfD sehr fragwürdig erscheint.
Sind wir das Karnickel vor der Schlange?
An dieser Stelle frage ich mich, ob unsere Politik nun die Rolle des von der Bedrohung paralysierten Karnickels vor der Schlange einnimmt, bevor sie dann final von dieser gefressen wird.
Natürlich ist es eine starke Ansage eine Partei vebieten zu wollen, die in machen Bundesländern bis über 30% Zustimmung bei den Umfragen zu haben scheint. Und hier sind wir beim eigentlichen Kern-Problem, denn die AfD hat eine gut geölte Propagandamschinerie und betätigt sich sehr erfolgreich beim Rekrutieren von Anhängern, oder wie man bei den Bauernprotesten diese Woche auch schön sehen konnte, bei der sprichwörtlichen Bauernfängerei.
Ich habe die letzten Wochen mehrfach in den Facebook-Postings der lokalen Presse kommentiert und dabei die Demokratie zu verteidigen versucht. Die Gegen-Kommentare aus dem rechten Lager sind zahlreich und zeigen mir deutlich, dass hier die Leute nichts anderes tun, als die Hetzkampagnen und deren Pseudo-Argumente immer wieder zu wiederholen. Wenn ich dann mit einer simplen Google-Suche jede Menge Fakten liefern kann, die diese Pseudo-Argumente als den Unsinn enttlarven der sie sind, dann ist der nächste Schritt ein persönlicher Angriff auf mich, man unterstellt mir, das sich dumm wäre, nicht lesen könne oder gar „finanziert“ werde. Als ich dann dem Kommentator antwortete, dass wirklich jeder der nicht über eine Lizenz zum Gelddrucken verfügt auf die eine oder andere Weise „finanziert“ wird war Ruhe. Bezeichnend ist auch, dass gerade im Zusammenhang mit den Bauernprotesten die Grünen als die Sündenböcke hingestellt werden. Einer bezeichnete die Grünen gar als korrupt, nach dem Hinweis dass die Grünen in der Liste der Korruptionsskandale in Deutschland gerade dreimal auftauchen war auch hier wieder Funkstille. Aber es ist mühsam und mein Unterbewusstsein schimpft mich bei jedem Kommentar und meint „du wirfst schon wieder Perlen vor die Säue“, denn in diesen Kommentaren geht es niemals um den Erkenntnisgewinn oder eine sachliche Diskussion sondern nur ums Hetzen und Poltern. Jeder unbequeme Kommentator wird dann beleidigt und man fabuliert von Dingen die man angeblich nicht gecheckt hätte.
An dieser Stelle merke ich dann, wie krass schlecht es um unser Bildungssystem bestellt ist, denn hier sehe ich viele Leute die offensichtlich jeder populistischen Propaganda auf den Leim gehen. Und ja, ich kann es in einer gewissen Weise sogar verstehen, denn unser kapitalistisches und neoliberales System hat dafür gesorgt, dass wir sehr viele Leute haben die sich als „abgehängt“ sehen und auch sehr viele, die eine große Angst vor dem sozialen Abstieg haben, wobei sozialer Abstieg ja eigentlich auch nur wieder ein Euphemismus für für die Niedriglohn-Hölle ist, die man mit allen Mitteln verteidigen will. Man schaue sich nur mal die aktuellen Diskussionen über die Bürgergeld-Erhöhung zum Jahreswechsel an oder um das Streichen der Bezüge bei den „Faulenzern“ die aus welchen Gründen auch immer die „Mitwrkung“ verweigern. Dass Menschen mit Depressionen oft gar keine Kraft mehr haben die tägliche Post zu sichten und so eine gute Chance haben Termine vom Jobcenter zu verpassen interessiert die Wortführer der Sanktionspolitik natürlich nicht mal am Rande.
Ein weiterer Nebeneffekt ist natürlich, dass die Menschen, die hier ums tägliche Überleben kämpfen und ständig am Limit sind nach der Definition der Maslowschen Bedürfnispyramide gar nicht in der Lage sind sich großartige Gedanken über die rechtsexreme Bedrohung zu machen, denn sie sind viel zu sehr mit ihrem eigenen Kampf gegen die Widrigkeiten des Alltags beschäftigt. Und somit leichte Beute für die Heilsversprechungen eines „starken Mannes“ der sich als Fürsprecher des Volkes ausgibt.
Weitere Handlungsoptionen
Eine ganz wichtige Empfehlung ist in diesem Kontext: Geht wählen. Wann immer die Bürger zur Wahlurne gerufen werden muss es für jeden Demokraten zur moralischen Pflicht werden, seine Stimme ordentlich abzugeben. Denn die Rechten werden ihre Anhänger mobilisieren und zur Wahl schicken und bei geringer Wahlbeteiligung erhalten sie dann prozentual mehr Stimmen als sie bei einer höheren Wahlbeteiligung erreichen würden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Artikel 20 GrundGESETZ der Bundesrepublik deutschland
Der Atikel 20 Absatz 4 GG ist sozusagen der finale Rettungsanker den uns die Schöpfer des Grundgesetzes gegeben haben. Doch leider ist es auch ein „Catch-22„, denn er definiert in keiner Weise die Antwort auf die Frage, ob „andere Abhilfe“ noch möglich ist. Ist der Unwillen der Politik ein AfD-Verbotsverfahren anzustrengen bereits ein Indiz dass wir keine „andere Abhilfe“ mehr haben oder muss man warten, bis die Grußformel in Deutschland dann „Heil Höcke“ heißen wird? Und was bedeutet dieser Artikel für mich. Gehen wir mal vom schlimmsten alle Szenarien aus, der AfD gelingt die Machtergreifung, was heißt das dann für mich und meine Familie in der zwei Menschen einen Behindertenausweis haben und ein Familienmitglied kein reinrassiges Mitglied der „arischen Rasse“ ist. Meine Familie wäre also von den in Potsdam besprochenen Deportationsplänen massiv betroffen. Was dann? Flucht ins Ausland um der Verfolgung durch die neuen Nazis zu entgehen. Oder gegenhalten im bewaffneten Widerstand. Es erschreckt mich als anerkannten Kriegsdienstverweigerer eigentlich mächtig, dass ich auch anfange mich zu fragen, ob ein Waffeneinsatz gegen die neuen Nazi-Herrscher dann gerechtfertigt wäre. Wobei es dann für eine Berufung auf Artikel 20 Absatz 4 wiederum zu spät wäre, denn natürlich würden die Faschisten ihre eigenen Gesetze erlassen und aufs Grundgesetz „scheißen“, so wie sie es ja bereits heute tun.
Und nun?
Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Ich weiß nur, dass unsere Demokratie der wohl größten Bedrohung ihrer Geschichte ausgesetzt ist. Und dass alle Demokraten nun die Gelegenheit haben es besser zu machen als unsere Vorfahren welche die Machtergreifung durch Hitler im Jahr 1933 zugleassen haben.
Und natürlich ist das nicht das einzige Problem mit dem wir konfrontiert sind. In der Ukraine tobt immer noch der Krieg und die Völkergemeinschaft ist unfähig, diesen zu beenden und den Agressor zu sanktionieren. In Nahost brodelt seit dem Angriff der Hamas auf Israel und die Region gleicht einem Pulverfass das jeden Moment hoch gehen kann.
Und ich frage mich jeden Tag, was ich tun kann um etwas zu verbessern, denn einfach nur ohnmächtig zuzusehen wie die Zukunft meiner Kinder verspielt wird behagt mir eigentlich überhaupt nicht.
Ich stimme mit dem Beitrag überein.
Gibt es eine Möglichkeit als „normaler“ Bürger ein Verbotsverfahren anzustrengen?