So wurde Deutschland mal definiert. Doch die Zeiten ändern sich und nach Meinung der CDU sind wir nun das Land der Erfinder und Ingenieure. Denn die Partei betreibt gerade eine Kampagne gegen das ab 2035 geplante Verbot von Autos mit Verbrennungsmotoren.
Merz will ein Verbot des Verbotes
Bereits am späten Mittwochabend meldete sich Parteichef Merz in der Zeit zu Wort und forderte eine Rücknahme des Verbrennerverbotes. Er begründete das damit, dass sowohl Robert Habeck der Philosophie studiert hat und auch er, der Jurist ist keine Ahnung von Technologie haben und sich deshalb nicht anmaßen können zu entscheiden welche Technologien in 10, 15 oder 20 Jahren die richtigen Technologien sind.
Nun Herr Merz, solche Entscheidungen treffen ja nicht sie oder Herr Habeck, sondern politische Entscheidungen werden vom Bundestag getroffen der ja aus 600+ Abgeordneten besteht und wenn diese alle gemäß Artikel 38 GG nach ihrem Gewissen statt nach Parteilinie abstimmen würden, hätten wir möglicherweise eine demokratische Entscheidung die einen Querschnitt der Bevölkerung repräsentiert.
Zudem verlangt niemand von den Parlamentarieren Experte für alle Themen zu sein über die abgestimmt werden muss. Und der deutsche Bundestag bietet sogar den Service des wissenschaftlichen Dienstes der bestimmt gerne Gutachten zu wichtigen Fragen erstellen kann. Man müsste ja nur auf die Stimme der Vernunft hören.
Es mutet für mich jedenfalls seltsam an, wenn ein Mensch, der gerne Bundeskanzler werden möchte Angst davor hat Entscheidungen zu treffen.
Fragen wir doch mal das Volk
Der zweite Akt dieser Posse findet gerade im Internet statt. Die CDU hat eine Umfrage geschaltet, deren URL https://aktion.cdu.de/ja-zum-auto ja bereits die Intention verrät. Diese Umfrage war wohl am Anfang auf einem etwas unterdimiensionierten Server, denn der lief oft in einen Timeout.
Das Ergebnis bei knapp 15000 Teilnehmern ist aber nicht so wie sich das die CDU gewünscht hat:
Die kruden Thesen der CDU
Aber gut, nutzen wir die Zeit um mal auf die „Aussagen“ auf dieser Seite einzugehen:
Deutschland muss Automobilland bleiben
Unser Weg in eine wirtschaftlich stärkere und klimaneutrale Zukunft ist innovativ und technologieoffen. Wir wollen ein Land der Erfinder und Ingenieure bleiben. Wir wollen ein starkes Industrieland bleiben.
Eine wirtschaftlich stärkere Zukunft? Am 15. Februar meldete die Tagesschau: „Japan verliert den dritten Platz unter den größten Volkswirtschaften der Welt und fällt damit hinter Deutschland zurück.“ Warum also muss die Zukunft für Deutschland wirtschaftlich noch stärker sein.
Innovativ und technologieoffen ist eine hohle Phrase für „wir haben keine Ahnung und wollen aber auch nichts ändern damit niemand auf seine Profite verzichten muss“.
Und ja, hier sind wir also nun das Land der Erfinder und Ingenieure statt das Land der Dichter und Denker.
Die CDU versucht hier eine Angst zu erzeugen, dass wir keine Erfinder oder Ingenieure sein können, wenn wir keine Autos mit Verbrenner haben und natürlich haben wir dann auch keine Industrie. Ach da fällt mir spontan die Solarindustrie ein, in der wir mal eine sehr gute Position hatten bis ein gewisser Peter Altmaier diesen Industriezweig in Deutschland ruiniert hat.
Innovationen ermöglichen statt verbieten
Der moderne Verbrenner ist eine deutsche Spitzentechnologie. Sie muss technologieoffen weiterentwickelt werden können. Saubere synthetische Kraftstoffe spielen dafür eine zentrale Rolle.
Oh ja, beim „modernen Vebrenner“ fallen mir ja ganz spontan so Dinge wie „Abschaltautomatik für Abgasuntersuchungen“ und „Abgasskandal“ ein. Und sehen wir es mal nüchtern, der Verbrenner existiert seit langer Zeit und nun ist die Zeit gekommen, dieses Konzept durch etwas besseres zu ersetzen. Das Streckennetz der Bahn wurde ja auch weitgehend elektrifiziert um von Dampf- und Diesellokomotiven weg zu komnen.
Jobs und Wohlstand erhalten
Unsere Autoindustrie schafft hunderttausende Jobs und sichert Familien ein gutes Einkommen. Sie trägt ganz wesentlich zum Wohlstand Deutschlands bei. Das soll so bleiben.
Hier wird wieder suggeriert, dass „Autoindustrie == Verbrennungsmotor“, dass es auch die Möglichkeit von E-Autos gibt wird geflissentlich ignoriert, denn es wäre dem Argument pro Verbrenner ja nicht zuträglich.
Zudem wird hier ein „Wohlstand“ ins Feld geführt, der sich anscheinend daran definiert, dass jeder ein Auto, natürlich mit Verbrennungsmotor, besitzen kann. Gleichzeitig haben wir im Monatsrhythmus „Jahrhunderthochwaser“, mittlerweile müsste auch dem letzten Deppen klar sein, dass der Klimawandel ein sehr akutes Problem ist und den Wohlstand der künftigen Generationen gefährdet, denn ohne Lebensgrundlage gibt es auch kaum Wohlstand.
Recht auf individuelle Mobilität schützen
Zur Ausbildung oder zur Arbeit fahren. Familie oder Freunde besuchen. Das ist individuelle Freiheit und oft nur mit dem Auto möglich.
Die Partei, die sich durch 16 Jahre Stillstand beim Ausbau von öffentlichem Nahverkehr „ausgezeichnet“ hat beklagt nun, dass manche Mobilitäsanforderungen nur mit dem eigenen Auto zu bewältigen sind. Tja, hättet ihr halt mal in zukunftsfähige Verkehrskonzepte investiert statt aufs Auto fixiert zu sein.
Noch dazu sei anzumerken, dass „zur Ausbildung“ fahren wohl eher schwierig ist, da Azubis oft zu jung für eine Fahrerlaubnis sind, ganz zu schweigen davon, dass mit einer Aubildungsvergütung ein Auto kaum finanzierbar ist.
Zu behaupten, dass individuelle Freiheit nur mit einem Auto verwirklichbar ist, das hat schon einen sehr seltsamen Beigeschmack.