Neulich sind wir bei Rewe an der Kasse angesprochen worden, ob wir denn die Rewe-App hätten. Es gab einen kleinen Flyer der die Vorzüge anpreis, also mal Zeit auf diese, in meinen Augen, Unsitte zu schauen, dass jeder Laden glaubt seine eigene App auf mein Smartphone nageln zu müssen.
Also mal diesen Flyer angeschaut.
- Ich kann dem Flyer nicht entnehmen, wie das Bonus-System funktionieren soll. Bei Payback gab es immerhin einen Umrechnungsfaktor zwischen Umsatz und Punkten. Das fehlt hier vollständig.
- Zum Thema Datenschutz steht da natürlich nix. Und auch auf der Webseite1 hält man sich in der FAQ eher bedeckt und verweist auf die Datenschutzhinweise in der App, aber um die zu sehen muss ich also die App erst mal installieren. Ok, Korrektur, man kann auch auf der Webseite die Hinweise zu Datenschutz2 und Teilnahmebedingungen3 einsehen.
Also dann mal ab zu Google Play4 um zu sehen, was dort über die App erzählt wird. Da geht es erst mal los mit den Berechtigungen die die App haben will.
- „Geräte- oder andere IDs“ Aha, sehr vielsagend und trotzdem nichts sagend.
- „Browserverlauf“. Wie bitte? Was geht Euch mein Browserverlauf an?
- „App-Interaktionen und Suchverlauf in der App“ Ok, das dürftet ihr eh dem Account zugeordnet haben.
- „Standort“. Warum? Ich weiß auch so wo mein nächstgelegener Rewe-Markt ist.
- „Zahlungsinformationen des Nutzers, bisherige Käufe und Kreditscoring“ Wie ist das zu verstehen? Bei jedem Einsatz der App macht Rewe eine Schufa-Abfrage? Und all das geht einen Supermarkt gar nix an.
- „Personenbezogene Daten wie E-Mail-Adresse, Nutzer-IDs (siehe oben), Adresse, Telefonnummer und sonstige Daten“. Aha. Und was genau sind dann noch „sonstige Daten“? Meine Schuhgröße, Gesundheitsdaten whatever.
Es bewahrheitet sich also mal wieder der Spruch
„Wenn es kostenlos ist bist Du nicht der Kunde sondern das Produkt.“
Schauen wir also mal in die Rezensionen. Einige sind voll des Lobes, denn immerhin verzichtet Rewe jetzt auf das Drucken von Prospekten sondern zeigt diese nun in der App an. Was hier als „Initiative zum Umweltschutz“ geframed wird ist einfach das Einsparen der Druckkosten. Und wenn Du die Angebote nicht im heimischen WLAN mit Flatrate liest, dann gehen die Kosten für den Datentraffic für die schönen bunten Bilder auf Dich.
Mit dem Wegfall von Payback scheint die App Mitte Dezember „aktualisiert“ worden zu sein was eine Menge Benutzer eher als „Verschlimmbesserung“ empfinden. Angebote wären jetzt nicht mehr einfach ersichtlich, und viele Funktionen würden als „nervig“ empfunden.
Lustig ist die Standardantwort des Rewe Teams bei Kritikpunkten, man gebe die Anregung an die zuständigen Kollegen weiter. Ein Rezensent schrieb dann auch sehr treffend, dass sich trotzdem seit einem Jahr nix verbessert hat. Na ja, gut Ding will Weile haben.
Und mit Hilfe der Rezensionen fange ich dann auch an zu verstehen wie das Bonus-System funktioniert. Es gibt wohl auf ausgewählte Artikel einen kleinen Bonus den Du in der App als Guthaben sammeln kannst um dann beim nächsten Bezahlen einen Geldbetrag aus Deinem Bonus-Guthaben zu verwenden, mindestens 1 Euro, höchstens 100 Euro.
Damit scheint man das in Urinstinkten verankerte „Jäger & Sammler“-Verhalten ansprechen zu wollen, denn ganz ehrlich, wenn ich für Artikel X einen Bonus von Y bekomme den ich erst mal sammeln muss um ihn zu einzulösen, warum kann dann Artikel X nicht einfach um Y weniger kosten? Dann wäre ja niemand zu einer merkwürdigen App gezwungen und es würden Leute die sich kein Smartphone leisten können oder wollen nicht von diesem Bonusprogramm ausgeschlossen.
Ich kann mir zwar ein Smartphone leisten, aber ich werde es trotzdem nicht mit dieser App zumüllen, denn aus meiner Sicht überwiegen die Nachteile beim Datenschutz die angepriesenen Vorteile bei weitem. Und ich will auch nicht unterschwellig durch irgendwelche Boni zum Kauf von bestimmten Produkten gedrängt werden.
Volle Zustimmung. Auch wenn es kein App-Zwang im eigentlichen Sinne ist, da man ja ohne App auch einkaufen kann. Das Deutschlandticket hingegen fordert App-Zwang, und so etwas geht gar nicht, wenn ich keine Alternativen zur App habe, wenn ich Leistungen in Anspruch nehmen will.
Übrigens, Digitalcourtage e.V. arbeitet seit Längerem gegen den App-Zwang.
Da kann man nur laut zustimmen zu jedem Satz. Das Schlimmste: Wer kein Smartphone möchte, ist ausgeschlossen, gilt für immer mehr Aspekte des Lebens.
Nicht nur in Deutschland.