Alles und nichts

In den letzten Tagen sehe ich immer wieder Nachrichten zu den Aussagen von Unionspolitikern welche bei genauerer Betrachtung ein sehr schönes Beispiel für politische „Bullshit-Kommuniktion“ darstellen.

Die Stadtbild-Debatte

Unser Bundeskanzler Friedrich Merz hat sich diese Woche eine verbale Entgleisung geleistet, die nicht nur ein „ups, ein Waggon ist aus den Schienen gehüpft“ darstellt sondern für jeden Demokraten mit dem Zugunglück von Eschede1 vergleichbar ist. Er hat nämlich gesagt, dass es Probleme mit dem Stadtbild gibt und man deswegen nun im großen Umfang Rückführungen machen muss. Also eine zutiefst rassistische Aussage die auf den Punkt gebracht heißt „Menschen mit anderer Hautfarbe verschandeln das Stadtbild“.

Zu Merz‘ Verteidigung auf die Forderung der Grünen sich zu entschuldigen, hat dann CDU-Fraktionschef Jens Spahn folgendes im Bundestag gesagt: „Ich weiß nicht, Frau Kollegin Dröge, wo in Deutschland Sie unterwegs sind, aber an den Hauptbahnhöfen, auf den Marktplätzen dieses Landes, sind natürlich die Folgen irregulärer Migration zu sehen.“2

Die Brandmauer-Debatte

Momentan brodelt es in der Union und diverse Unionspolitiker stellen die Brandmauer zur AfD in Frage und würden lieber einen „anderen Umgang“ mit der AfD haben. Ausgehen tut diese Debatte von Ex-Generalsekretär Peter Tauber der folgendes sagte: „Wenn ich feststellen muss, dass eine gewählte Taktik über zehn Jahre nicht zu dem gewünschten Ergebnis führt, dann kann ich nicht einfach stumpf so weitermachen.“3

Und was wurde nun gesagt?

Lassen wir diese Aussagen mal auf uns einwirken und fragen uns, was den von Spahn und Tauber gesagt wurde?

Jens Spahn spricht von „Problemen“ ohne diese konkret zu benennen. Es bleibt der Interpretation jedes Empfängers dieser Botschaft überlassen sich die „Probleme“ vorzustellen und bietet Spahn zugleich die Möglichkeit sich immer auf „ich wurde falsch verstanden“ zurück zu ziehen, falls irgendwo was eskaliert weil z.B. ein Rechtsextremer diese „Probleme“ mit Gewalt lösen will.

Peter Tauber legt sozusagen den doppelten Rittberger4 beim politischen Schaulaufen hin, er lässt den Zuhörer im Unklaren, was denn das „gewünschte Ergebnis“ ist und sagt nur, man könne „so nicht stumpf weitermachen“ ohne zu benennen, wie er den konkret weitermachen möchte. Auch hier jede Menge Potential um später zu sagen man wurde missverstanden. Und nebenbei bemerkt kennt Herr Tauber den Unterschied zwischen Taktik und Strategie nicht. Taktik sind kurzfristige Operationen, bei einem Zeitraum von 10 Jahren würde zumindest ich eher über eine Strategie sprechen die natürlich langfristig angelegt ist.

Daher die Empfehlung bei Politiker-Aussagen immer zu hinterfragen, was eigentlich der Kern der Aussage ist. Was Spahn da tut ist nämlich nichts anderes als den „Confirmation Bias“5 zu bedienen und es damit jedem Zuhörer zu ermöglich, ihm einfach „recht“ zu geben, denn er sagt ja was wir denken. Nein, sagt er nicht, er spielt mit Euren Vorurteilen.

  1. Eisenbahnunfall von Eschede (Wikipedia) ↩︎
  2. Merz‘ Problem mit dem „Stadtbild“ (Tagesschau) ↩︎
  3. Brandmauer-Debatte in der Union brodelt weiter (Tagesschau) ↩︎
  4. Rittberger (Wikipedia) ↩︎
  5. Besätigungsfehler (Wikipedia) ↩︎

Ein Gedanke zu „Alles und nichts

  1. Unabhängig davon, was Merz und Spahn wirklich gemeint haben sollten, die Veränderung des Stadtbildes innerhalb der letzten 10 Jahre ist nicht von der Hand zu weisen. Beispiel: Eine kleine Stadt wie Limburg hat eine sehr hohe Anzahl an Flüchtlingen aufgenommen und ist damit hoffnungslos überfordert. Die subjektive und objektive Sicherheit hat sich in der Stadt dadurch nicht verbessert. Neue Brennpunkte sind entstanden, es vergeht kein Tag ohne Berichterstattung über Messerstechereien, Sachbeschädigungen, Pöbeleien, Körperverletzungen, Überfällen etc., der Bahnhofsvorplatz ist mittlerweile ein erschreckendes Tor zur Stadt. Die Stadt hat massiv mit Videoüberwachung, Ordnungspolizei und anderen Maßnahmen aufgerüstet und wird des Problems dennoch nicht Herr. Das sind Tatsachen, die auch in anderen Städten zur Kenntnis genommen werden und durchaus angesprochen werden müssen. Über die Art kann man streiten, und die Politik ist auch in der Lage zu handeln, wenn sie wollte und könnte.

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