Manchmal möchte ich einfach nur kotzen

Sorry für die etwas provokative Überschrift, aber manchmal liest man Dinge wie die heutige Berichterstattung über das Urteil zu den Post-Mindestlöhnen und dann verpürt man ohnmächtige Wut und das Bedürfnis, das Verdauungssystem auf „Rückwärtsgang“ zu schalten.

So schreibt z.B. Birger Nicolai in der Online-Ausgabe der Welt:

Das Urteil gegen den Post-Mindestlohn von bis zu 9,80 Euro ist richtig. Denn die Deutsche Post und die Gewerkschaft Ver.di haben den Lohn mit Tricks erzwungen – gegen den Willen der Wettbewerber. Ohne die fragwürdige Untergrenze wird die Konkurrenz belebt, und neue Jobs können entstehen.

Dort wird auch ganz schön begründet warum der Post-Mindestlohn durch „Trickserei“ zustande kam:

Damals hatte ein Arbeitgeberverband, der ausschließlich von der Deutschen Post besetzt worden war, zusammen mit Ver.di einen hohen Mindestlohn ausgehandelt.

Andere Firmen aus der Branche wie TNT, Pin oder WAZ Post waren gar nicht am Verhandlungstisch. Nur so konnte die Deutsche Post einen Lohn durchdrücken, den die Konkurrenten während ihres Geschäftsaufbaus gar nicht zahlen konnten.

Also echt, das ist unfair wenn der Ex-Monopolist, der wahrscheinlich auch der größte Anbieter von Postdienstleistungen ist seine „Mehrheit“ ausnutzt um einen sauteuren Mindestlohn zu beschließen.

Und dann geht es absolut geil weiter im Kommentar:

Stattdessen hatten diese Firmen eine eigene Lohnuntergrenze mit einer neuen Gewerkschaft festgelegt. Die liegt zwar – im Westen Deutschlands – um rund ein Viertel niedriger als der Post-Mindestlohn, nämlich bei 7,50 Euro statt 9,80 Euro wie der jetzt gekippte Betrag. Sie ist aber verbindlich für alle Firmen und schützt die Beschäftigten daher vor Willkür.

Also nochmal zum Mitschreiben damit es alle auch richtig verstehen:

Wenn die Post zusammen mit der Gewerkschaft ver.di einen Mindestlohn aushandelt, dann ist das illegal und Trickserei weil man die anderen Mitbewerber nicht gefragt hat.

Wenn diese Mitbewerber mit einer neuen Gewerkschaft einen Hungerlohn als Mindestlohn definieren und das unter Ausschluß von Post und ver.di, dann ist das ein gerechter und verbindlicher Mindestlohn und schützt vor Willkür.

Ganz unwillkürlich fällt mir da wieder der Roland Koch ein der dann wieder schwadronieren wird, dass es einem Arbeiter schwer vermittelbar ist arbeiten zu gehen wenn die Hartz-IV-Empfänger das gleiche Geld fürs Nixtun bekommen. Dass man als Gegenmaßnahme statt die Hartz-IV-Empfänger weiter zu entwürdigen auch den Arbeitern einen anständigen Mindestlohn zahlen könnte ist keinem der Politiker eingefallen.

Interessant sind bei diesem Kommentar aber auch noch zwei Dinge:

  1. Die Kommentarfunktion wurde von den Admins gerade deaktiviert, wahrscheinlich passen die Kommentare so gar nicht zur neoliberalen Ausrichtung der „Welt“.
  2. Eine Online-Umfrage sagt nach knapp 2000 Stimmen aus, dass 41% der Meinung sind, dass Mindestlohn noch höher als die 9,80 Euro liegen müsste. 40% halten den Mindestlohn für gerecht und nur 19% für zu hoch. Bin mal gespannt, wann diese Umfrage ausgeblendet wird.

Aber vielleicht sollte man das Urteil einfach als Steilvorlage nehmen und gegen alles mögliche klagen, also z.B. gegen die Abkehr von der paritätischen Verteilung bei den Krankenkassenbeiträgen die ja auch ohne die Beitragszahler zu fragen beschlossen wurde.

Die Bandbreite: Spieglein, Spieglein

Heute hat sich der Besuch bei „Alles Schall und Rauch“ wieder gelohnt:

Ein schöner Song der mehr Inhalt hat als manche Schnulze bei DSDS. Wenn ich mir die Musik von der Bandbreite so anhöre, dann wüßte ich schon welche CD ich mir zum Geburtstag in etwas mehr als 6 Wochen wünschen könnte.

Lesenswert ist auf jeden Fall auch das Spiegelblog auf das im Video hingewiesen wird.

Liebe GEZ

heute wende ich mich an Sie mit einer Frage die mich aktuell beschäftigt. Es geht um die Höhe der Rundfunkgebühren und die Frage, ob diese nach den Ereignissen des letzten Freitages nicht gekürzt werden müssen.

Artikel 5 Grundgesetz sagt unter anderem aus:

Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Mit dem Absägen von ZDF-Chefredakteur Brender sehe ich jedoch leider eine massive Einflussnahme der Politik auf die Berichterstattung des Senders ZDF. Das bin ich nicht bereit mit meinen Rundfunkgebühren zu finanzieren. Teilen Sie mir bitte mit um welchen Betrag für das ZDF ich die Rundfunkgebühren verringern kann.

So, das habe ich gerade mal ins Kontaktformular der GEZ eingehackt. Mal sehen ob die darauf antworten oder nicht.

Gerade vorhin habe auf Youtube einen Bericht des NDR Magazins ZAPP gesehen. Da wird ausgesagt, dass momentan nur politische Parteien das Recht hätten, wegen dieser Affäre vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Ich bin ja jetzt kein Verfassungsrechtler, aber ich sehe das anders. Die Politik sägt mit dieser Einflußnahme ganz heftig am Artikel 5 rum und der gehört zu den fundamentalen Grundrechten. Also bin ich und jeder andere Bürger davon betroffen und somit sollten wir auch eine Klagebefugnis vor dem Bundesverfassungsgericht haben.

Politik und Neusprech

Heute bin ich über ein schon älteres Video vom 25C3 gestolpert. Martin Haase referiert hier über „Neusprech im Überwachungsstaat„. Mein Fazit: Absolut sehenswert, vor allem weil er sehr viele anschauliche Beispiele bringt. In der Abschlußdiskussion mit dem Publikum wird dann auch ein Buch „Politiker-Deutsch für Anfänger“ erwähnt. Da habe ich doch gleich mal die Suchmaschine meiner Wahl befragt und bin hier gelandet: „Politiker-Deutsch für Fortgeschrittene„. Sozusagen ein kleines Wörterbuch mit vielen anschaulichen Beispielen, von A wie

Abweichler: Abgeordneter, der sich auf Grundgesetz Art.38 beruft und seinem Gewissen folgt.

bis Z wie

zielgenau einsetzen: „Derzeit fällt es den Politikern im Osten Deutschlands schwer, die Subventionsmilliarden zielgenau einzusetzen.“ (Nachrichten BR, 2.10.2006).
Im Klartext: das Geld wird verschwendet.

Allerdings ist diese Seite nicht mehr so ganz aktuell, denn das neueste Buzzword unserer Politiker heißt derzeit ja „Schattenhaushalt„. Ja, wenn ich mir meinen Geldbeutel ansehe, da sieht es auch ganz schön schattig aus, was wohl auch an den gigantischen Tarifabschlüssen der letzten Jahre liegt.

Denker in Uniform

Die NachDenkSeiten haben heute einen höchst interessanten Artikel mit dem Titel „Bundeswehr: Marsch in die Vergangenheit„:

„Wir sind dabei, das Vertrauen der Afghanen durch die unverhältnismäßige Gewalt zu verlieren.“ Das schrieb der Oberstleutnant Jürgen Heiducoff, der von 2006 bis zu seiner Abberufung 2008 in der Funktion des militärischen Beraters in der deutschen Botschaft in Kabul war, in einem Brief an Bundesminister Frank-Walter Steinmeier. „Es ist unerträglich, dass unsere Koalitionstruppen und ISAF inzwischen bewusst Teile der Zivilbevölkerung und damit erhoffte Keime einer Zivilgesellschaft bekämpfen. Westliche Jagdbomber und Kampfhubschrauber verbreiteten Angst und Schrecken innerhalb der Zivilbevölkerung.“ Heiducoff, unter seinen Offizierskameraden als aufrichtig und engagiert geltend, warnte vor einer völkerrechtlichen Aushöhlung des UNO-Mandats und kritisierte in diesem Zusammenhang die sich immer mehr verselbständigende militärische Führung. Auch in der Informationspolitik gegenüber Politikern und Journalisten würde die militärische Lage unzulässig geschönt dargestellt. Die Militärführung und die sie stützende Bürokratie reagierte wie immer: Zunächst mit Druck.

Obwohl ich selbst nicht bei der Bundeswehr war halte ich unsere „Bürger in Uniform“ trotz allem für Leute die sich eben entschieden haben, die Grundwerte unserer Demokratie eben notfalls auch mit militärischen Mitteln zu verteidigen. Zu den Grundwerten unserer Demokratie gehört aber meines Erachtens vor allem auch das Recht eines jeden Menschen die Handlungen die er tut oder zu denen er per Befehl verdonnert wurde zu hinterfragen und sich nötigenfalls auch Aktionen zu verweigern, die sich nicht mit seinem Gewissen vereinbaren lassen. Aus diesem Grund habe ich damals zur Hochzeit des Kalten Krieges auch den Wehrdienst verweigert, zu frisch waren Dinge wie Nato-Doppelbeschluß und der Abschuß von KAL 007 über Sachalin.

Dieser Artikel zeigt aber dann, dass Denker in Uniform wohl eher unerwünscht sind. So wie man sich es eben vorstellt, der Soldat hat zu kämpfen und nicht zu denken, das ist bei der Sache möglicherweise nur hinderlich. Wer trotzdem nachdenkt

wird zunächst als „Nestbeschmutzer“ stigmatisiert und der Konflikt zum individuellen Problemfall erklärt. Wenn Soldaten heute darüber hinaus riskieren, Missstände in der Bundeswehr oder der Sicherheitspolitik öffentlich aufzuzeigen, müssen sie mit harten Sanktionen oder Strafen rechnen.

Wir erinnern uns mal zurück, als die Mauer in Berlin fiel und Deutschland die Wiedervereinigung feierte. Wenig Grund zum Feiern hatten damals die Soldaten der DDR die wegen ihrer „Pflichterfüllung“ an der innerdeutschen Grenze sich vor einem Gericht zu verantworten hatten, obwohl ihre Handlungen zur Zeit der Tat von DDR-Recht „gedeckt“ waren. Damals hieß es, dass ein Soldat eben selbt auch feststellen muss  wann ein Befehl gegen internationales Recht verstößt und diesen dann eben nicht ausführen darf.

Heute, nicht mal 20 Jahre später kriegen mitdenkende Soldaten dann Probleme, wenn sie das was ihnen befohlen wird hinterfragen. So etwas ist bestimmt nicht das, was man gemeinhin unter dem Begriff „Rechtssicherheit“ versteht.

Ich habe jedenfalls vor den Denkern in Uniform sehr viel Respekt, denn es zeigt dass es durchaus noch vernünftige Menschen bei der Bundeswehr gibt. Allerdings gehören diese wohl auch angesichts der Unionspläne die Bundeswehr auch im Landesinneren einzusetzen wohl zu der extrem unbequemen Kategorie, denn die könnten dann ja auch die Sinnhaftigkeit eines Inlandseinsatzes hinterfragen.

Seltsame Begrifflichkeiten

Wie unterschwellig die Journalisten uns zu manipulieren versuchen merkt man wenn man hin und wieder seinen Blick über die Schlagzeilen wandern lässt. Neulich tönte es noch „Die Mehrheit der Deutschen ist mit dem Wahlausgang zufrieden“ wobei diese Mehrheit sich in 53 Prozent niederschlug. Heute abend lesen wir dafür von den als neoliberal bekannten Magazinen „Nur 77 Prozent für Gabriel“.  53 Prozent sind also eine klare Mehrheit, 77 Prozent (deutlich mehr als 2/3) hingegen reichen nur für ein „Nur“..?

Ja, ich weiß 53% sind die Mehrheit und 77% sind wenig wenn sonst solche Wahlentscheidungen mit Stimmanteilen >80% passieren. Aber andererseits dürfte der neue designierte Parteivorsitzende der SPD einen Höllenjob haben um die Partei wieder aus der Versenkung zu holen und sie vielleicht sogar wieder für Leute die in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts Willi Brandt zugejubelt haben wählbar zu machen.

Auf der andern Seite sind 53% sozusagen eine sehr knappe Mehrheit, zumal hier ja tatsächlich nur eine Stichprobe genommen wurde und man sicher darüber philosophieren kann, ob diese Stichprobe tatsächlich für alle Deutschen repräsentativ ist.

Die politische Meinungsmache ist eben ein sehr subtiles Geschäft. Mein Tip an alle die sich hier ein wenig weiterbilden wollen: Lest das Buch „Meinungsmache“ von Albrecht Müller.

Links für 2009-09-26 (Gestapo-Remix)

Heute mal nur einige Links zum gleichen Thema und eine sehr provokative Überschrift, aber am Vorabend der Bundestagswahl sollte man schon darauf aufmerksam machen, dass dieser Staat massiv in Gefahr ist.

Morgen habt ihr alle es in der Hand, diese Entwicklung zu stoppen oder „abzunicken“. Geht wählen!

Die seltsamen Seiten des Wahlkampfes

Diese Woche gab es in unserer Zeitung wieder einen Artikel über Jörg Tauss und angeblich neue Vorwürfe. Da ich aber alternativ bei Heise rein gar nix darüber gelesen habe bin ich jetzt mal auf die Webseite von Jörg Tauss gegangen. Dort liest man unter anderem:

Report Mainz liegt nach eigenen Angaben die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft vor. Dies ist ein weiterer bemerkenswerter Vorgang im „Fall Tauss“. Die Beurteilung, ob die gesamte Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft noch mit rechtsstaatlichen Ermittlungen zu tun hat, soll anderen überlassen bleiben und braucht an dieser Stelle nicht kommentiert werden.

Datierst ist das auf den 22. September, also 5 Tage vor dem Wahlsonntag. Da kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier wieder bewußt Meinungsmache betrieben wurde um die Piratenpartei der Tauss ja jetzt angehört zu diskreditieren.

Und wenn man gerade ein wenig auf Google-News stöbert, dann findet man 180 Artikel zum „Rüttgers-Gate“ wo die SPD der CDU vorwirft, von ihz ausspioniert worden zu sein. Da bin ich mal gespannt, was unsere überparteiliche und unabhängige Tageszeitung morgen dazu schreiben wird.

Und auch die Terrorandrohung vom letzten Freitag wird weiter ausgeschlachtet. Inzwischen warnen die USA ihre Bürger schon vor Reisen nach Deutschland. Na ja, in 72 Stunden haben wir die Wahl hinter uns und was wir dann vor uns haben hängt wohl davon ab, wo ihr alle die Kreuze macht. Auf eine schwarz-gelbe Hölle würde ich persönlich jedenfalls gerne verzichten.