Lügen haben kurze Beine

Dieses alte Sprichwort mußte jetzt auch unsere Frau Familienministerin von der Leyen lernen. Nachdem sie neulich so ungeniert mit angeblich 95 Staaten ohne Kinderpornographiegesetzgebung hausieren ging hat sich diese Woche doch ein Blogger erdreistet, die Botschaft eines dieser Länder um Stellungnahme zu bitten.

Indien weist diese Vorwürfe als total haltlos zurück. In einer Stellungnahme der indischen Botschaft heißt es:

Das indische Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung von 1973 würden mehrere Bestimmungen zur Bestrafung von Kinderpornographie beinhalten,…

Das sind natürlich alles Tatsachen die man im Familienministerium unmöglich recherchieren konnte. Nachdem man ungefähr einen Tag nach einer passenden Ausrede gesucht hat wurde dieser Fauxpass heute vom Familienministerium bedauert. Die Ausrede aus dem Familienministerium ist an Peinlichkeit aber kaum noch zu überbieten. Beispiel:

Die Aussagen zu Indien seien einer Übersicht des International Center for Missing and Exploited Children (ICMEC) von 2006 entnommen worden. Es sei „sehr bedauerlich“, dass die „jüngste Entwicklung in Indien“ in der Quelle noch nicht erfasst gewesen sei.

Jüngste Entwicklungen noch nicht zu erfassen ist bei einem Zeitfenster von 36 Jahren seit 1973 schon sehr merkwürdig formuliert.

Wenn man dann noch Dinge wie

Diese Änderungen bezeichnete das Familienministerium als „sehr erfreulich“. Sie zeigten, dass auf dem Subkontinent „der politische Wille zur Bekämpfung des Problems jetzt klar vorhanden ist“. Eine UNICEF-Studie von 2004 habe noch festgestellt, „dass die Hälfte aller weltweit für gewerbsmäßige sexuelle Dienstleistungen missbrauchten Kinder aus Indien kommt“.

lesen darf, dann kommt einem echt die Galle hoch. Ich würde es vollständig verstehen wenn Indien aufgrund dieser diplomatischen Glanzleistung die diplomatischen Beziehungen zu Deutschland abbrechen würde. Denn letztlich steht da nix anderes als dass Kinderpornographie bis vorgestern wohl in Indien an der Tagesordnung war und jetzt endlcih auch Indien erkannt hat, daß man was dagegen tun muß. Aber zwischen den Zeilen liest sich das so, als würde man gnädigerweise Indien nun im Kreis der KInderporno-Bekämpfer aufnehmen, aber immer noch mit sehr skeptischen Gefühlen.

Da bleibt nur noch zu hoffen, dass Frau von der Leyen die Aufforderung zum Rücktritt ernst nimmt und zurücktritt bevor sie am 27. September zurückgetreten wird.

Unwort des Jahres: „Geistiges Eigentum“

Auch wenn das Jahr 2009 erst halb rum ist habe ich doch schon meinen Favoriten für das Unwort des Jahres gefunden. Jedesmal wenn ich höre, wie sich Leute über den schlechten Schutz des geistigen Eigentums ausweinen könnte ich mich problemlos übergeben. Aktuellster Kandidat ist ein Artikel im Heise Newsticker zur Hamburer Erklärung.

Ja, ich gestehe, den Link zur Hamburger Erklärung habe ich gerade schamlos im Heise-Artikel geklaut. Darf ich daraus jetzt zitieren und es kommentieren oder schmücke ich mich dann mit fremden Federn und bin ein böser Dieb geistigen Eigentums. Egal, ich werde diese Erklärung gerne kommentieren.

Bezeichnend ist der erste Absaz, er zeigt gleich die Zielrichtung auf wohin die Reise gehen soll.

Das Internet ist für den Journalismus eine große Chance. Aber nur,
wenn die wirtschaftliche Basis auch in den digitalen Vertriebs-
kanälen gesichert bleibt. Das ist derzeit nicht der Fall.

Hallo lieber Journalismus, ihr solltet jetzt aber schnell aufwachen, beovr ihr diese große Chance verpennt. Denn Online-Journalismus funktioniert auch ohne wirtschaftliche Basis, eine Heerschar von Bloggern beweist täglich, dass es funktioniert. Natürlich kann man jetzt einwenden, dass Blogger ja „Freizeitjournalisten“ sind, aber einer Nachricht ist es egal, ob sie von einem Journalisten verbreitet wird oder von einem der sie live gesehen hat und darüber in seinem Blog berichtet.

Zahlreiche Anbieter verwenden die Arbeit von Autoren, Verlagen
und Sendern, ohne dafür zu bezahlen. Das bedroht auf die Dauer die Erstellung von Qualitäts-Inhalten und von unabhängigem
Journalismus.

Dieses Argument fällt für mich in die Kategorie „Nebelkerze“. Zahlreiche ist ein sehr relativer Begriff (3 Haare in der Suppe wären zahlreiche, 3 Haare auf dem Kopf eher nicht) und Anbieter definiert natürlich in keiner Weise um welche Angebote es geht. Unabhängig davon existiert ein Urheberrecht und man könnte gegen die zahlreichen Anbieter vorgehen wenn sie wirklich so gemein sind und ungeniert klauen.

Was das Thema „Qualitäts-Inhalten“ und „unabhängiger Journalismus“ angeht, da kann ich nur gequält grinsen. Immerhin haben ja auch Verlage wie der Springer Verlag mit seinem Qualitätsblatt „Bild“ diese Erklärung unterschrieben.

Wir treten deswegen entschieden dafür ein, den Schutz geistigen
Eigentums im Internet weiter zu verbessern. Freier Zugang zu
Webseiten bedeutet nicht zwingend kostenlosen Zugang. Wir
widersprechen all jenen, die behaupten, dass Informationsfreiheit
erst hergestellt sei, wenn alles kostenlos zu haben ist.

Richtig. Frei ist immer im Sinne von Freiheit zu verstehen und nicht im Sinne von Freibier. Die technischen Voraussetzungen für Micropayment sind vorhanden, es zwingt also niemanden irgendeine Online-Zeitung ihre Nachrichten kostenlos anzubieten, oder?

Das Problem der Online-Journalisten ist doch, dass eine Masse von Gratis-Anbietern den Markt sättigt und ein Pay-per-use-Anbieter dann qualitativ wirklich einen echten Mehrwert bieten müsste, damit er überhaupt Kunden findet.

Der freie Zugang zu unseren Angeboten soll erhalten bleiben, zum
Verschenken unseres Eigentums ohne vorherige Zustimmung
möchten wir jedoch nicht gezwungen werden.

Hier fallen zwei Dinge auf:

  • „Freier Zugang“ in obigem Absaz ist jetzt wie definiert? Freiheit oder Freibier?
  • Es geht um „unsere Angebote“, also die Angebote der Mitzeichner dieser Hamburger Erklärung. Für eine Erklärung dieser Art ist das legitim, soll aber aus solch einer Erklärung ein Gesetz gegossen werden, dann geht es nicht mehr um „unsere“ sondern um „alle“. So ein Gesetz müsste dann auch auf mein Blog anwendbar sein und ich lass mir per Gesetz nicht vorschreiben, von meinen Lesern Geld abzuköpfen.

Weiter im Text.

Wir begrüßen deshalb die wachsende Entschlossenheit von
Bundesregierung, Landesregierungen und den im Bundestag
vertretenen Parteien, die Rechte von Urhebern und Werkmittlern
weiter an die Bedingungen des Internets anzupassen.

Dieser Absatz fällt für mich in die Kategorie „Politikern im Wahlkampf Honig ums Maul schmieren“. Trotzdem sei sptizfindig angemerkt, dass sie nur von den im Bundestag vertretenen Parteien reden, also z.B. die Piratenpartei hier nicht mit einbeziehen.

Im Internet darf es keine rechtsfreien Zonen geben. Gesetzgeber und Regierung auf nationaler wie internationaler Ebene sollten die
geistige Wertschöpfung von Urhebern und Werkmittlern besser
schützen. Ungenehmigte Nutzung fremden geistigen Eigentums
muss verboten bleiben.

Hey, hier haben wir die Nummer 2 der Hitliste aus der Phrasendreschmaschine: „rechtsfreie Räume“ (hier als Zonen bezeichnet). Interessant ist auch die hier nicht behandelte Frage, wie der Begriff „geistiges Eigentum“ definiert ist. Sind Nachrichten „geistiges Eigentum“. Wenn heute der schiefe Turm von Pisa umfallen würde, wer hätte dann die Eigentumsrechte an dieser Nachricht? Reuters? dpa? Die Bild-Zeitung?

Am Ende muss auch im World Wide Web gelten: Keine Demokratie
gedeiht ohne unabhängigen Journalismus.

Jetzt könnte ich ja wieder ganz zynisch fragen, wo wir in Deutschland noch wirklich unabhängigen Journalismus haben. Die Antwort könnte lauten: Im World Wide Web in Form der vielen Blogs. Aber das haben die Verfasser der Hamburger Erklärung sicher nicht so gemeint.

Der Heise-Artikel schlägt jedenfalls heftige Wellen im zugehörigen Diskussionsforum, vor allem wohl weil auch der Heise-Verlag diese Hamburger Erklärung unterzeichnet hat und sich damit auf eine Seite schlägt die eigentlich nicht die ist, die man nach dem Lesen der redaktionellen Beiträge vermutet. Denn bislang stand Heise für sehr kritische Berichterstattung was Themen wie „geistiges Eigentum“ angeht.

So, jetzt habe ich doch tatsächlich für meinen Kommentar zur Hamburger Erklärung deren Text Absatz für Absatz geklaut verwendet. Sorry lieber Erklärungs-Verfasser, ihr habt da eine öffentliche Erkärung verfasst aus der ein Gesetzentwurf abgeleitet werden soll der auch mich als „freien Online-Journalisten“ tangieren wird. Daher muß ich eure Forderungen in entsprechender Weise zitieren um meine Kommentare dazu zu schreiben. Leider habt ihr es versäumt, in dieser Erklärung irgendwelche Verwertungsrestriktionen anzugeben, also gehe ich mal von „frei“ aus.

Mahlzeit!

Heute die Schlagzeile in unserer Wochenendausgabe, das Thema mit den Lebensmittelimitaten. Und natürlich die riesige Empörung quer durch alle politische Lager. Letztere scheint eine Nebenwirkung des aktuellen Wahlkampfes zu sein, denn schließlich sind es ja unsere Politiker die die Gesetze machen und festlegen, welche Inhaltsstoffe angegeben werden müssen und welche nicht.

Wer sich hier mal ein wenig näher informieren will, dem sei das Buch „Food-Design Panschen erlaubt“ mit dem Untertitel „Wie unsere Nahrung ihr Unschuld verliert“ von Udo Pollmer und Monika Niehaus nahegelegt. Ich habe mir dieses Buch vor ein paar Monaten aufgrund einer Empfehlung im Telepolis Forum gekauft und kann es wirklich nur weiterempfehlen, auch wenn es in gewisser Weise wieder zur Politikverdrossenheit beitragen könnte, denn man merkt halt auch hier, dass die Politik das tut, was die wirtschaftlichen Interessen der Lebensmittel-Großkonzerne vorschreiben.

Wer sich täglich ein wenig vergnügen will kann regelmäßig bei www.abgespeist.de vorbeischauen, dort werden die Werbelügen für Lebensmittel schonungslos entlarvt.

Noch eine Petition zum Mitzeichnen

Seit einiger Zeit bin ich regelmäßig auf dem ePetitionsportal des Bundestages um zu sehen ob es neue Petitionen gibt die es wert sind mitgezeichnet zu werden.

Gerade eben habe ich diese Petition mitgezeichnet:

Der Deutsche Bundestag möge beschließen …, dass Kinder für einen Kinderausweis / Reisepass kein biometrisches Foto benötigen.

Das würde ich in jedem Fall, also auch für Erwachsene unterschreiben. Aber die Begründung dürfte sogar Anhänger des Big Brother überzeugen:

Kinder sind grundsätzlich keine Gefährdung für den Staat, sind keine potentiellen Terroristen! Außerdem ist es einem 3 jährigen Kind kaum zu vermitteln, dass es in einem bestimmten Winkel und einer bestimmten Mimik in die Kamera schauen soll! Wer das Gesetz verabschiedet hat, hatte wohl keine kleinen Kinder!

Das kann ich guten Gewissens unterschreiben. 🙂

Die Banken erpressen den Staat

Über die Hinweise des Tages bei den Nachdenkseiten kommt man heute zur Financial Times Deutschland. Dort gibt es einen Artikel über die Krisensitzung zur HRE-Rettung und anghängt ein Protokoll von dieser Sitzung das man lieber geheim halten würde.

Aus dem Artikel und dem Protokoll geht ganz klar hervor, dass die führenden Bankmanager Ende September 2008 der Politik sozusagen die Pistole auf die Brust gesetzt haben und die Freigabe von Steuergeldern zur Bankenrettung mit der Drohung dass sonst das ganze System zusammenbricht erpresst haben.

Interessantes Detail am Rande ist auch, dass die Hypo-Vereinsbank am 28. September aus der Haftung für die HRE gefallen ist, das Finanzministerium aber laut des Protokolls spätestens am 27. September von der Krise bei der HRE unterrichtet wurde. Wahrscheinlich auch schon viel früher. Das drängt geradezu die Frage auf, warum der Steuerzahler mittlerweile mit mehr als 100 Milliarden Euro für die HRE einspringen muß und nicht die HypoVereinsbank.

Ähnlich erstaunliches wissen die Nachdenkseiten auch über die Rettung der IKB zu berichten. Und die, bzw. der Investor LoneStar will ja wieder Geld vom Staat für Risiken die er seinerzeit beim Erwerb dieses Schnäppchens eigentlich mit eingekauft hat.

Und welche günstigen Nebenwirkungen die HRE-Rettung für manche Leute im Bankenbusiness gehabt hat kann man auch wieder auf den Nachdenkseiten nachlesen.

Aber Hauptsache wir treiben jeden Tag eine neue Wahlkampf-Sau durchs Dorf um von diesen ungeheuerlichen Vorgängen abzulenken. Heutiges Thema: Steuern auf Gewaltdarstellung im Internet. Und das kommt von unserer „wissenschaftlichen Elite“. Willkommen in Absurdistan.

Jörg Tauss zum neuen Datenschutzgesetz

Heute hat der Bundestag auch noch schnell eine Reform des Datenschutzgesetzes verabschiedet. Am einfachsten lässt es sich wohl mit dem Zitat „Es hat sich nichts verschlechtert“ zusammenfassen. Jörg Tauss hat die Gelegenheit genutzt um mal deutlich zu werden.

Ich weiß, heute habe ich Jörg Tauss sehr oft verlinkt, aber meiner Meinung nach ist er eben einer der wenigen Politiker die wirklich eine Meinung haben und nicht nur einen Standpunkt. Letzterer ist bei vielen Politikern ja als „Horizont mit Radius Null“ definiert.

Datenschutz und Kommentare

Blog-Kollege Stefan Niggemeier hat Post vom Datenschutzbeauftragten des Landes Berlin bekommen. Wie man unter „Schöner Kommentieren mit Datenschutz“ nachlesen kann ist das Problem, dass WordPress bei den Kommentaren die Eingabe einer Mail-Adresse fordert.

Na ja, bei mir hat sich noch keiner erbarmt seit der Umstellung auf WordPress einen Kommentar abzugeben, aber ich denke ich werde auch ein wenig an meinem Template rumpfuschen und einen entsprechenden Text einbauen damit auch der Dümmste Anzunehmende Surfer versteht, was er tut wenn er in das Mail-Adressfeld eine Mail-Adresse eingibt. Wobei ich mich nicht entsinnen kann, dass WordPress hier eine Plausibilitätsprüfung macht. Muß ich nacher mal an einem „Selbstkommentar“ ausprobieren.

Debatte über Grundrechte im Bundestag

Heute fand eine Debatte über die Achtung der Grundrechte im Bundestag statt. Einer der Redner war Jörg Tauss und wenn man die Kameraschwenks über die Reihen der Abgeordnetensitze sieht, dann merkt man deutlich, welch großes Ineresse das Thema „Grundrechte“ bei unseren Politikern hat.

Aber sind wir mal froh, dass überhaupt noch öffentlich gesprochen wird und man nicht einfach „Protokoll-Demokratie“ betreibt.