Links für 2011-08-10

Heute gibt es mal eine längere Liste mit Links, vor allem viele interessante Kommentare und Meinungen zu den Unruhen in England.

  • London: Soziale Unruhen“ – Kinder-Alarm beschäftigt sich mit den Unruhen in England.
  • Unruhen, Krawalle, Randale: Das Volk, das keines ist“ – Feynsinn merkt an, dass Leute die in der sogenannten „zivilisierten Welt“ gegen das System aufbegehren als Kriminelle bezeichnet werden während die, die das in Afrika tun Rebellen sind.
  • Großbritannien erntet jetzt, was Frau Tatcher gesät hat“ – Albrecht Müller von den NachDenkSeiten zeigt auf, dass die Ursachen für die Krawalle schon lange bestehen.
  • Rumble in Britain tonight“ – Der Schockwellenreiter Jörg Kantel hätte auch gerne Lösungen statt politischer Ignoranz der Probleme.
  • Short thoughts on the riots“ – Fedora Entwickler Alex Hudson berichtet über seine Erlebnisse in einem Stadteil nahe der Unruhegebiete (in Englisch).
  • Das ist kein Spiel, das ist kein Spaß“ – Die Tagesschau berichtet ebenfalls über Randale, aber nicht in London sondern in Philadelphia. Scheint sich wohl um ein globales Phänomen zu handeln.
  • Die Fehler der Julia Schramm“ – Lars Reineke setzt sich konstruktiv mit den Thesen der Julia Schramm zum Thema „post privacy“ auseinander und gibt dabei einen sehr interessanten Denkanstoß.
  • Die Interaktionsmaschine“ – Kristian Köhntopp schaut sich die Diskussionen auf Google+ an und stellt fest, dass diese relativ viel Tiefgang haben.
  • Schmickler über den Bufdi“ – Kinder-Alarm hat ein schönes Video in dem sich Kabarettist Wilfried Schmickler über den Bundesfreiwilligendienst äußert.

Ein Rücktritt der sehr weh tut

So etwas hat mich heute sehr bestürzt. Nein, ich meine nicht das Ende der Koch-Show in Hessen, das geht mir mehr oder weniger am Allerwertesten vorbei denn der Nachfolger von Koch ist wohl auch nicht viel anders. Was mich wirklich getroffen hat war diese Meldung im Spiegel auf die ich über die Hinweise des Tages bei den NachDenkSeiten gekommen bin.

Georg Schramm wird die Anstalt verlassen. Nicht weil er „geheilt ist“ sondern weil er sich mehr auf persönliche Bühnenauftritte statt TV konzentrieren will weil diese für ihn wichtiger sind. So lautet die Begründung die aber sowohl im Spiegelforum als auch an anderer Stelle mit einem verwunderten Stirnrunzeln wahrgenommen wird.

Ich persönlich bedaure diesen Schritt zutiefst. Denn Georg Schramm ist jemand, der tatsächlich etwas Vernünftiges in diesen Zeiten der Unvernunft sagt. Seine Einschätzungen sind zum Teil sehr polemisch und unterschwellig hatte man Angst, dass er für diesen harten (aber gerechtfertigten) Kurs über kurz oder lang beim Sender in Ungnade fallen wird. Nun geht er und er wird ein Loch hinterlassen das nicht einfach wieder zu schließen ist.  Schade, denn mit der Anstalt hatte er die Möglichkeit an einem Abend Millionen von Fernsehzuschauern zu erreichen, die Reichweite einer Theaterbühne erscheint im Vergleich dazu doch gering.

Wenn es tatsächlich sein freier Entschluß ist das zu tun dann müssen wir das respektieren. Trotzdem wünsche ich mir, dass bei seinen Bühnenauftritten jemand das filmt und im Internet einstellt, denn seine bissigen Kommentare zum Tagesgeschehen waren immer das Salz in der Suppe des täglichen Wahnsinns und gaben einem Hoffnung, dass es doch noch intelligente Leute gibt die sich nicht scheuen, unbequeme Wahrheiten auszusprechen.

Schade, denn Georg Schramm war sozusagen auch das Argument für die GEZ-Gebühren. Hoffen wir dass sein Weggang nicht der Anfang vom Ende der Anstalt ist, denn eine Slapstick-Sendung wie es Scheibenwischer am Schluß war möchte ich mir nicht antun. Dafür rentiert es sich dann nicht mehr bis spät in die Nacht wach zu bleiben.

Georg, mach es gut und geniesse Dein Bühnenpublikum. Und lass öfter mal was hören.

Danke Georg Schramm

Gestern bin ich spät ins Bett gekommen, denn es war Dienstagabend und im ZDF war „Neues aus der Anstalt“ angesagt. Und hier sprach Georg Schramm in seiner Rolle als Oberstleutnant Sanftleben sehr deutlichen Klartext zur Situation in Afghanistan:

Und wenn man die Kameraschwenks über das Publikum verfolgt, dann sieht man, dass die Worte sehr viel Zustimmung finden. Mein Dank geht an Georg Schramm für diese wunderbare Ansprache die die Situation deutlicher auf den Punkt bringt als das ganze unselige Politikergeschwafel der letzten Monate.

Godwins Law auf dem Nockherberg

Auch beim „Derblecken“ auf dem Nockherberg kommt Godwins Law zum Einsatz:

Mit zunehmender Länge einer Online-Diskussion nähert sich die Wahrscheinlichkeit für einen Vergleich mit Hitler oder den Nazis dem Wert Eins an.

Nachdem Fastenprediger Michael Lerchenberg die Situation der Hartz-IV-Empfänger satirisch aufarbeitete hagelte es ob dieses Nazi-Vergleiches massive Proteste. Ich persönlich mußte allerdings herzhaft lachen als ich die folgenden Worte im Radio hörte:

Westerwelle wolle alle „Hartz IV“-Empfänger in einem mit Stacheldraht umgebenen Lager in Ostdeutschland sammeln. Über dem Eingang, „bewacht von neoliberalen Ichlingen im Gelbhemd, steht in eisernen Lettern: Leistung muss sich wieder lohnen“.

Sofort wurde die Erinnerung an den Spruch „Arbeit macht frei“ aus unserer unseligen Vergangenheit wach und man empöte sich. Besonders Westerwelle war massiv empört, dass er mit KZ-Wächtern verglichen wird. Auch die Präsidentin des Zentralrates der Juden zeigte sich empört, denn natürlich sind solche Vergleiche nicht zulässig.

Tatsächlich? Wenn wir doch bei jeder sich bietenden Gelegenheit den Neonazis entgegentreten und zum Volkstrauertag immer schwadronieren, dass sich die dunklen Epochen unserer Geschichte nicht wiederholen dürfen ist es meiner Meinung nach sogar verpflichtend, regelmäßig den aktuellen Status zu überprüfen um zu sehen, wohin wir uns entwickeln. 65 Jahre nach dem zweiten Weltkrieg sind die meisten Zeitzeugen des dritten Reiches tot oder sehr alt. Meine Eltern erlebten diese Zeit als junge Menschen und konnten mir vor ihrem Tod viel davon berichten.

Und wer heute der Generation von damals vorwirft nichts gegen diese Entwicklung damals getan zu haben darf heute niemanden einen Vorwurf machen, wenn er die damaligen Vorgänge als Meßlatte für das hernimmt, was aktuell in diesem Land passiert.

Ja, ich weiß, was in den KZs passiert ist war so grausam und abscheulich, dass man es sich nicht ausmalen kann. Trotzdem muss ich als freiheitsliebender Mensch die Frage stellen, was denn nun der große Unterschied zu den Folterlagern im Irak oder Guantanamo Bay ist.

Klar, die Hartz-IV-Empfänger werden nicht in einem Lager gehalten, denn so große Lager sind kaum zu realisieren. Also schafft man Ghettos in die die Gestrandeten in unserer Gesellschaft abgeschoben werden, die freie Wahl der Wohnung funktioniert ja nur, wenn man es sich leisten kann. Wer seine Miete von der Arge bekommt hat diese Wahl oft nicht.

Und was das Thema Zwangsarbeit angeht, eigentlich schützt uns Artikel 12 des Grundgesetzes vor dieser:

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

Trotzdem diskutiert der Herr Westerwelle ganz ungeniert, dass die Empfänger von Sozialleistungen doch zum Schneeschippen eingesetzt werden sollen, denn natürlich kann man das erwarten. Wird Schneeschippen also eine für alle gleiche öffentliche Dienstleistungspflicht? Wann sehen wir die Bundestagsabgeordneten beim Schneeschippen?

Wobei dieser an den Reichsarbeitsdienst erinnernde Vorschlag ja noch gar nicht das Schlimmste ist. Viel Schlimmer ist, dass jeder „Leistungsverweigerer“ von Sanktionen bedroht wird und somit tatsächlich ein Zwang ausgeübt wird, auch Arbeitsstellen anzunehmen in denen der Hartz-IV-Empfänger seine Arbeitskraft weit unter ihrem wirklichen Wert „anbieten“ muss. Der Arbeitsmarkt ist kein Markt mehr sondern der Staat bestimmt, dass man notfalls eben auch für einen Euro arbeiten muss. Ein eigentlich nicht hinzunehmender Eingriff in die Tarifautonomie die es jedem Arbeitssuchenden erlauben sollte, seine Arbeitskraft zu angemessenen Preisen auf dem Arbeitsmarkt anzubieten.

Ja Herr Westerwelle, es ist schon blöd, wenn das eigene dumme Geschwätz an der Messlatte der Vergangenheit gemessen wird und man erschreckt feststellen muss, dass da gar nicht mehr soviel Unterschied ist. Und weil man ja so massive Probleme mit der Kritik an seinen Handlungen hat freut man sich dann natürlich wenn man folgendes liest:

Der Bayerische Rundfunk schneidet in der heutigen zweiten Ausstrahlung die Passage mit dem umstrittenen KZ-Vergleich aus der Nockherberg-Übertragung. „Wir mussten die Sendung ohnehin kürzen, da lag es nahe die Passagen rauszulassen“, sagte BR-Sprecher Detlef Klusak.

Ach wie praktisch. Gleich mal die unliebsame Kritik entfernen, denn natürlich hat das ja schon jeder gesehen und es ist ja auch im Internet. Trotzdem erinnert dieser Vorgang an die legendäre Zwangsabschaltung des „Scheibenwischer“ am 22. Mai 1986 durch den Bayerischen Rundfunk.

Ja, es ist schon schön bestellt um unsere Medienlandschaft. Guckt man das Video bei Youtube an, dann hört man den Fastenprediger von „neoliberalen Ichlingen“ reden, in der Zeitung wandelte sich das „neoliberale“ in „junglieberale“. Offensichtlich eine selektive Wahrnehmung um das Wort „neoliberal“ zu vermeiden.

Nachdem sich der Zorn der Regierenden über den angestellten Hofnarren entladen hat tritt dieser ab:

Nach der öffentlichen Empörung über seinen KZ-Vergleich in der diesjährigen Nockherberg-Rede ist der Fastenprediger Michael Lerchenberg von seiner Rolle zurückgetreten.

Da können wir mal gespannt sein, wer im nächsten Jahr die Rolle des Fastenpredigers übernehmen wird. Django Asül ist ja schon in Ungnade gefallen, nun Michael Lerchenberg und wir beten zu Gott, dass er uns vor Matthias Richling in der Rolle des Bruder Barnabas veschonen möge.

Vielleicht wird ja irgendwann mal eingeführt, dass die Festrede dann erst mal vorab auf „political correctness“ überprüft und „freigegeben“ wird. Spätestens dann wäre aber wieder ein Vergleich mit der dunklen deutschen Geschichte fällig…