Na wie gut dass wir Arte haben

Ich war ja gewarnt, denn sowohl Fefe als auch ASR haben heute schon heftig gemotzt über die Sendung auf ARTE gestern abend. Trotzdem habe ich mir das jetzt mal reingezogen und kämpfe nun gegen den Brechreiz:

Der Siegeszug des Internets und die explosionsartige Verbreitung von Online-Nachrichten stellt eine demokratische Revolution dar und schenkt den Menschen neue Freiheiten. Doch birgt das Internet gerade wegen seiner vielen Möglichkeiten auch Gefahren. Denn auf Tausenden von Webseiten und Blogs werden zahllose mehr oder weniger gut recherchierte Informationen, Gerede und Gerüchte verbreitet. In diesem allgemeinen Informationsdurcheinander erlangt die Meinung eines Ideologen oder Aktivisten nicht selten den gleichen Stellenwert wie die eines Experten, eines anerkannten Wissenschaftlers oder Forschers.

Tja, nach 40 Minuten Video habe ich jetzt gelernt, dass Blogs grundsätzlich falsche Informationen verbreiten (der Terminus „falsche Informationen“ wurde dazu oft genug wiederholt). Und natürlich Verschwörungstheorien die natürlich nur wilde freie erfundene Spekulation sind. Wie zum Beispiel der Einsturz vom WTC7 am 11.09.2001. Denn immerhin haben die oben erwähnten Experten nach mehr als 7 Jahren des Herumdrehens an den Parametern einer Computersimulation endlich ein Modell gefunden, das den Einsturz begründen kann. Wobei natürlich nicht berücksichtig wurde, dass mit dem Einsturz von WTC7 auch ein paar interessante Akten der SEC über Enron kaputt gingen.

Egal, wenn ich mir die Experten anschaue die unsere öffentlichen Medien immer wieder aus dem Hut zaubern, z.B. Leute wie Bernd Raffelhüschen oder Hans-Werner Sinn, dann ist mir natürlich klar, dass diese Experten über jeden Zweifel erhaben sind.

Besonders lustig ist, dass dann das ehemalige Nachrichtenmagazin als der Leuchtturm und Bewahrer der objektiven Berichterstattung dargestellt wird. Also keine Falschinformationen und jede Quelle doppelt geprüft. Sozusagen wenn Raffelhüschen und Sinn behaupten dass Riestern sinnvoll ist, dann ist das sozusagen unumstößlich bewiesen.

Bedenklich ist für mich der letze Satz im Teaser:

Die Dokumentation verdeutlicht, was für die demokratischen Systeme auf dem Spiel steht und wie tiefgreifend sich die Informationslandschaft derzeit verändert.

Ja, für demokratische Systeme steht viel auf dem Spiel. Die Bedrohung resultiert aber nicht aus Blogs und sonstigen Internetseiten sondern eher daher, dass sich die offizielle Berichterstattung immer mehr zur Monokultur entwickelt und man in vielen Fällen schon fast von einer gleichgeschalteten Presse ausgehen muss. Ein Stützpfeiler der Demokratie ist aber die Meinungsvielfalt und wenn diese scheibchenweise verschwindet wird am Ende auch die Demokratie verschwunden sein.

Die Bandbreite: Spieglein, Spieglein

Heute hat sich der Besuch bei „Alles Schall und Rauch“ wieder gelohnt:

Ein schöner Song der mehr Inhalt hat als manche Schnulze bei DSDS. Wenn ich mir die Musik von der Bandbreite so anhöre, dann wüßte ich schon welche CD ich mir zum Geburtstag in etwas mehr als 6 Wochen wünschen könnte.

Lesenswert ist auf jeden Fall auch das Spiegelblog auf das im Video hingewiesen wird.

Hilfe, es gibt was kostenlos!

Manchmal hat man so einen Moment bei dem man sich fragt, ob man im falschen Film ist. Mir ist das gerade beim Lesen des Heise-Artikels „Politiker kritisieren geplante Tagesschau-App“ passiert. Was ist passiert? Die ARD hat angekündigt für das iPhone eine App rauszubringen mit der man Tagesschau gucken kann. Und noch gemeiner, diese App soll kostenlos sein weil die ÖR ja eh über die GEZ finanziert werden.

Die Verlagsbranche die gerade krampfhaft bemüht ist ihren „Qualitätsjournalismus“ im Internet auf ein kostenpflichtiges Bezahlprogramm umzustellen schreit natürlich Zeter und Mordio. Vor zwei Tagen gab es auf Heise den Artikel „Springer sieht in Tagesschau-App Wettbewerbsverzerrung“ und so ziemlich der gleiche Unsinn den die Leute des Axel-Springer-Verlages vorgestern verzapft haben kommt heute von den sogenannten Medienexperten von CDU und FDP. Würde ich nicht sicher wissen, dass unsere Politiker über jeden Zweifel erhaben sind, dann könnte man fast meinen sie wären Marionetten der Verlagsbranche, die jetzt das sagen, was ihnen aufgetragen wurde.

Das pikante Detail an der ganzen Sache ist ja, dass jeder unter Tagesschau.de die Tagesschau kostenlos im Inernet sehen kann. Und natürlich auch mit dem Browser auf dem iPhone. Evtl. ist die Tagesschau-App nur ein Shortcut um den Browser gleich mit der passenden URL für die Tagesschau aufzurufen. Was wäre, wenn irrgend ein freier App-Entwickler so was anbieten würde? Für meinen Palm gibt es eine Menge Freeware, warum also soll jede iPhone-App also was kosten? Oder wollen unsere Experten aus der Politik jetzt alles was es kostenlos gibt verbieten?

Ein Forenteilnehmer auf Heise hat das treffend so formuliert dass es das gleiche wäre, als wenn die Prostituierten jetzt protestieren würden weil Freundinnen und Ehefrauen kostenlosen Sex für ihre Partner anbieten.

Irgendwie ist es aber schon sehr bescheuert, wenn die Politiker, die wie getretene Hunde aufjaulen wenn man das Thema Mindestlohn anspricht und damit den Untergang der Wirtschaft verknüpfen nun plötzlich ebenso lautstark lamentieren, wenn plötzlich eine Leistung kostenlos zu haben ist. Da könnte man doch den Eindruck gewinnen, dass ich hier manche Politiker prostituieren um ihren Lobbyisten gefällig zu sein.

Na ja, auch wenn die Tagesschau nun sicher kein Highlight am Nachrichtenmarkt ist, so wünsche ich den Politikern die sich hier nun öffentlich als Lobby-Puppen geoutet haben mal ganz fröhlich die n-tv Dauerwerbesendung oder die RTL-Nachrichten.

Post von der GEZ

Nachdem ich mich neulich erdreist habe mal bei der GEZ wegen Gebührensenkung nach dem Rauswurf von Brender anzufragen kam mittlerweile tatsächlich eine Antwort. Die GEZ teilt mir mit, dass sie nur für das Abkassieren zuständig ist und keine Verantwortung für die Verwendung der Gebührengelder übernimmt.

Wegen der Brender-Affäre möge ich mich doch bitte direkt ans ZDF wenden.  Ich habe das Schreiben mal mit geschwärzten personenbezogenen Daten gescannt:

Liebe GEZ

heute wende ich mich an Sie mit einer Frage die mich aktuell beschäftigt. Es geht um die Höhe der Rundfunkgebühren und die Frage, ob diese nach den Ereignissen des letzten Freitages nicht gekürzt werden müssen.

Artikel 5 Grundgesetz sagt unter anderem aus:

Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Mit dem Absägen von ZDF-Chefredakteur Brender sehe ich jedoch leider eine massive Einflussnahme der Politik auf die Berichterstattung des Senders ZDF. Das bin ich nicht bereit mit meinen Rundfunkgebühren zu finanzieren. Teilen Sie mir bitte mit um welchen Betrag für das ZDF ich die Rundfunkgebühren verringern kann.

So, das habe ich gerade mal ins Kontaktformular der GEZ eingehackt. Mal sehen ob die darauf antworten oder nicht.

Gerade vorhin habe auf Youtube einen Bericht des NDR Magazins ZAPP gesehen. Da wird ausgesagt, dass momentan nur politische Parteien das Recht hätten, wegen dieser Affäre vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Ich bin ja jetzt kein Verfassungsrechtler, aber ich sehe das anders. Die Politik sägt mit dieser Einflußnahme ganz heftig am Artikel 5 rum und der gehört zu den fundamentalen Grundrechten. Also bin ich und jeder andere Bürger davon betroffen und somit sollten wir auch eine Klagebefugnis vor dem Bundesverfassungsgericht haben.

Stell Dir vor, jemand schenkt Dir 150 Euro

Was würdest Du mit dem Geld machen? Sparen? Ausgeben? Wenn Du es ausgibst, für was? Sinnvolles Zeugs oder Sachen wie Alkohol? Wenn Du jetzt sagst, was das mich angeht, dann gebe ich Dir recht. Anders sieht es wohl aus, wenn der Empfänger dieses Geldgeschenks zur Unterschicht gehört. Dann wird er mit versteckter Kamera verfolgt und muss sich hinterher rechtfertigen wenn er statt Windeln fürs Baby halt einen Sixpack für Papa gekauft hat. So berichten es heute die NachDenkSeiten mit Hinweis auf den Artikel 1 GG: Die Würde des Menschen ist unanatastbar. Offensichtlich glaubt aber RTL sich nicht daran orientieren zu müssen und stellt hier Menschen bloß die vorher ein Geldgeschenk erhalten haben das im Vergleich zu ihrem normalen Monatseinkommen schon als „groß“ gelten kann. Also vergleichbar wenn ich bei meinem guten Gehalt mich plötzlich über ein paar Tausender extra freuen dürfte. Dann würde ich auch ein wenig feiern. Aber Menschen aus der „Unterschicht“ ist das wohl nicht vergönnt, die werden dann in explosiven Sendungen an den Pranger gestellt.

Existierst Du nur oder bist Du schon relevant?

Jetzt muß ich doch auch mal meinen Senf zu dem Löschamoklauf in der deutschen Wikipedia abgeben. Wie ihr ja vielleicht mitbekommen habt wurde unlängst der Artikel über MOGIS (MißbrauchsOpfer gegen InternetSperren) gelöscht, weil er nicht relevant ist. Fefe hat aktuell sehr viele Posts zu den gerade stattfindenden Löschorgien in der Wikipedia.

Besonders schön fand ich den Artikel „99% aller Deutschen sind irrelevant“ von Pavel. Der beschreibt sehr schön, welche Kriterien erfüllt sein müssen um von einer bloßen und nicht durch Sekundärquellen belegten Existenz hin zum für Wikipedia Deutschland relevanten Thema aufzusteigen.

Ein wenig krass find eich es schon. Relevanzkriterien könnte ich bei Medien mit relativ beschränktem „Volumen“ noch verstehen. Also z.B. dass man in eine Nachrichtensendung nur die tatsächlich relevanten Nachrichten des Tages reinpackt, aber auch hier habe ich schon Sendungen erlebt, deren Beiträge alles andere als relevant waren.

Was die Wikipedia-Blockwarte mit ihrem Amoklauf anrichten schadet auf zwei Arten:

  • Niemand wird noch große Lust verspüren, seine Freizeit für das Erstellen eines Wikipedia-Artikels zu opfern wenn der damit rechnen muß, dass dieser wegen mangelnder Relevanz dann wieder der Lösch-Kettensäge der Blockwarte zum Opfer fällt.
  • Die Leute die dort etwas nachschlagen wollen werden auf alternative Medien ausweichen, z.B. Google oder die englischsprachige Wikipedia, eben weil „erfolglose Suchen“ letztlich nur die Erkenntnis bringen, dass das Nachschlagewerk nix taugt.

In beiden Fällen ein meiner Meinung nach gravierender Schaden für das Projekt. Und ja, ich setze hier absichtlich den Tag „Zensur“, denn wenn Dinge wie „Zensursula“ auch plötzlich irrelevant sind, dann stelle ich mir schon die Frage, ob hier bewußt die Geschichte verfälscht werden soll. Klar kann man das als „Schmähkritik“ bezeichnen, aber trotzdem ist in der Wikipedia auch hinterlegt, dass Ex-Kanzler Helmut Kohl den Spitznamen „Birne“ hatte.

Warum kann ich mich darüber nicht freuen?

Heute war die Schlagzeile in den Newstickern dass Thilo Sarrazin nun von seinem Boss wegen der sehr kontrovers diskutierten Äußerungen diszipliniert worden. Ja, ich mag Herrn Sarrazin absolut nicht und finde seine jünsten Äußerungen absolut widerwärtig. Aber ist es wirklich rechtens, wenn er dafür Nachteile im Beruf hinnehmen muß? An dieser Stelle fällt mir unweigerlich Voltaire ein:

Ihre Meinung ist mir zwar widerlich, aber ich werde mich dafür totschlagen lassen, daß sie sie sagen dürfen.

Gilt das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht auch für Herrn Sarrazin? Klar, seine Polemik spaltet Deutschland und so sieht man nun, wie z.B. Spiegel-TV in einem Beitrag alle Klischees bedient und damit die Drehzahl von Rudolf Augstein in seinem Grab auf Maximalwerte beschleunigt.

Aber ganz unabhängig davon, was der Herr Sarrazin gesagt hat und egal für wie unerträglich ich seine Äußerungen halte, so fallen sie letztlich für meine Begriffe trotzdem unter den Überbegriff der freien Meinungsäußerung. Sanktionen aufgrund dieser Äußerungen hätte ich vielleicht noch verstanden, wenn sie von seiner Partei kämen und diese damit klarstellen will, dass er hier nicht den Parteistandpunkt vertritt.

Aber mal ehrlich: Von der Bundesbank erwarte ich auch keinen Standpunkt zu sozialpolitsichen Themen und als ich von den Äußerungen des Herrn Sarrazin las war für mich klar, dass er hier wieder mal so wie auch in der Vergangenheit vom Leder zieht. Eine Verbindung zu seinem Arbeitgebern sehe ich in solchen Äußerungen nicht. Man stelle sich nur mal vor, was passieren würde, wenn so etwas Schule machen würde. Wird dann die Supermarkt-Kassiererin degradiert weil sie in ihrer Freizeit sagt, dass Politiker X ein Idiot ist und der Supermarktleiter jetzt fürchten muß, dass alle Kunden die X oder seine Partei gewählt haben ausbleiben weil sie sich auf den Schlips getreten fühlen? Wo ist die Grenze zwischen „Meinungsäußerung“ die geduldet wird und „Meinungsäußerung“ die vom Arbeitgeber bestraft wird?

Nur mal als Hintergrundinfo: Als Blogs immer populärer wurden erhielt ich von meinem Arbeitgeber einen Satz „Richtlinien für Blogger“ in denen ich aufgefordert wurde, meine Anstellung möglichst nicht zu erwähnen, da man sonst vielleicht meine im Blog geäußerte Meinung mit der der Firma verwechseln könnte. Und natürlich sollte ich nicht abfällig über die Firma schreiben usw. Wenn man es ganz eng sieht ist so was schon ein halber Maulkorb.

Daher bei allem Ärger über Sarrazin: Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden und auch wenn er mich mit seinen Äußerungen zur Weißglut bringen kann, so möchte ich lieber jede Woche einmal aufglühen statt in einem Staat zu leben, in dem Menschen Angst haben müssen, ihre Ansichten kund zu tun.

Seltsame Begrifflichkeiten

Wie unterschwellig die Journalisten uns zu manipulieren versuchen merkt man wenn man hin und wieder seinen Blick über die Schlagzeilen wandern lässt. Neulich tönte es noch „Die Mehrheit der Deutschen ist mit dem Wahlausgang zufrieden“ wobei diese Mehrheit sich in 53 Prozent niederschlug. Heute abend lesen wir dafür von den als neoliberal bekannten Magazinen „Nur 77 Prozent für Gabriel“.  53 Prozent sind also eine klare Mehrheit, 77 Prozent (deutlich mehr als 2/3) hingegen reichen nur für ein „Nur“..?

Ja, ich weiß 53% sind die Mehrheit und 77% sind wenig wenn sonst solche Wahlentscheidungen mit Stimmanteilen >80% passieren. Aber andererseits dürfte der neue designierte Parteivorsitzende der SPD einen Höllenjob haben um die Partei wieder aus der Versenkung zu holen und sie vielleicht sogar wieder für Leute die in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts Willi Brandt zugejubelt haben wählbar zu machen.

Auf der andern Seite sind 53% sozusagen eine sehr knappe Mehrheit, zumal hier ja tatsächlich nur eine Stichprobe genommen wurde und man sicher darüber philosophieren kann, ob diese Stichprobe tatsächlich für alle Deutschen repräsentativ ist.

Die politische Meinungsmache ist eben ein sehr subtiles Geschäft. Mein Tip an alle die sich hier ein wenig weiterbilden wollen: Lest das Buch „Meinungsmache“ von Albrecht Müller.