Noch ein Cloud-Hype

Wenn man heute über den Tag Google News beobachtet hat, dann stellt man erstaunt fest, dass das beherrschende Thema in der deutschen Presse keineswegs der Tod von 4 Soldaten gestern in Afghanistan ist sondern die Aschewolke die in ganz Europa den Flugverkehr zum Erliegen bringt. Auch jetzt am Abend kein Piep zu Afghanistan, dafür aber jede Menge „Asche“. Unsere Kanzlerin hängt gerade wohl in Portugal fest weil sie es woh nicht rsikieren wollte, einen ähnlcihen Abgang wie Polens Präsident neulich hinzulegen. Und wenn man mal nicht über die Wolke berichtet, dann mimt der Augsburger Bischof den Prügelknaben der nach langer Zeit der Amnesie sich nun doch an die eine oder andere Watschn die er ausgeteilt hat erinnern kann.

Berichterstattung über den Krieg in Afghanistan oder gar die öffentliche Forderung nach einer Überprüfung des Mandates findet man nirgends. Und wenn ich hier meine Heimatzeitung anschaue, dann stimmt man auch lieber über „Deutschland sucht den Superstar“ ab als dass man eine Umfrage macht, ob die Bevölkerung noch hinter dem Kriegseinsatz der Bundeswehr am Hindukusch steht.

Angela Merkel hat gestern gesagt, dass unsere Truppe dort die Werte westlicher Demokratien verteidigt. Nach meinem bescheidenen Demokratieverständnis hat sich aber nun die Situation dramatisch geändert und so sollte der demokratische Prozess vorsehen, dass das Parlament das Mandat der Bundeswehr auf den Prüfstand stellt. Nichts davon passiert, die Regierung gibt lediglich Durchhalteparolen von sich und will die Truppe mit schwerem Kriegsgerät versorgen.

Na ja, vielleicht will man ja dass Afghanistan für uns das wird, was es schon für die Sowjets wurde. Aber so kurz vor der NRW-Wahl kann die Regierung natürlich unmöglich das Scheitern eingestehen, das würde zuviel Stimmen kosten. Also gibt man die Parole „wir müssen das weiter durchziehen“ raus und hält die Presse auf Sparflamme. Gestern abend stolperte ich im ZDF-Infokanal über eine Reportage mit dme Titel „Die Afghanistan-Lüge“ und dort wurde von Soldaten die in Afghanistan waren ausgesagt, dass sie sich nach ihrer Rückkehr arg gewundert haben, wie wenig hier von der tatsächlichen Situation am Hindukusch berichtet wird. Die sogenannte „4. Gewalt im Staat“ (die Presse) hat hier also kläglich versagt.

Große Worte – keine Taten

Heute bin ich bei der morgendlichen Zeitungslektüre über zwei Artikel gestolpert, die sehr deutlich den Unterschied zwischen Theorie und Praxis in der Politik aufzeigen. Der erste Artikel handelt von den Feierlichkeiten zum Gedenkan an den 65. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald bei Weimar.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) erinnerte während der Gedenkveranstaltung an den Schwur der „Buchenwalder“, eine Welt des Friedens und der Freiheit aufzubauen. Dieser Schwur sei noch nicht erfüllt, Freiheit, Demokratie, Toleranz und Menschlichkeit müssten immer wieder verteidigt und errungen werden, sagte Lammert.

Ich höre zwar die schönen Worte, allein mir fehlt der Glaube, denn auf der anderen Seite gibt es gerade auch die Diskussion was mit den Häftlingen aus Guantanamo passieren soll:

Obama will das Lager schließen, den Termin musste er auch wegen der Schwierigkeit, Aufnahmeländer für die Häftlinge zu finden, mehrfach verschieben. Derzeit werden in Guantanamo noch rund 180 Terrorverdächtige festgehalten. Das Bundesinnenministerium prüft nach eigenen Angaben die Aufnahme von Gefangenen. Besonders in den unionsgeführten Bundesländern stößt das aber auf Widerstand.

Ja meine Damen und Herren Unionspolitiker, sind wir mal froh, dass die Befreiung des KZ Buchenwald nicht heute passiert, denn dann hätte man wahrscheinlich auch Probleme, die Insassen unterzubringen. Ja, ich weiß dass ich jetzt ganz hart an Godwin’s Law vorbeischramme, aber in meinen Augen ist Guantanamo ebenso wie Buchenwald ein Konzentrationslager. Der marginale Unterschied mag darin bestehen, dass in Guantanamo kein Holocaust an den Menschen stattfindet, aber der Status der dort inhaftierten Menschen ist ein eklatanter Verstoß gegen die Menschenrechte und die Grundprizipien die unsere sogenannte zivilisierte Welt von den Nazis des dritten Reiches unterscheiden.

Wenn dort auch mehr als 8 Jahre nach dem 11. September 2001 Menschen festgehalten werden die immer noch als „Terrorverdächtige“ bezeichnet werden, dann kommt mir das kalte Grausen. Eines der elementaren Rechte in einem Rechtsstaat besteht auch darin, dass einem Verdächtigen in angemessener Zeit ein rechtsstaatliches Gerichtsverfahren eröffnet wird. Stellt dieses Gericht eine Schuld fest, so wird der Verdächtige verurteilt, kann es keine ausreichenden Beweise für eine Schuld feststellen, so heißt das der Verdächtige ist unschuldig, „in dubio pro reo“ wie der Lateiner sagt, im Zweifelsfalle für den Angeklagten. Das gilt natürlich nicht für die Guantanamo-Häftlinge, denn denen wird ja schon das Grundrecht auf eine ordentliche Anklage verwehrt.

Ja, das Zerstören von menschlichen Existenzen war in Buchenwald deutlich brutaler und endgültiger, aber auch das jahrelange Einsperren von Menschen in Käfigen und unter entwürdigenden Bedingungen fällt in die Kategorie „Wie zerstöre ich eine menschliche Existenz“.  Auch ohne Psychologiestudium kann ich mir vorstellen, dass diese Menschen nach 8 Jahren Gefangenschaft eine leere ausgebrannte Hülle sind die ihrer Existenz und Identität beraubt wurden.

Am vergangen Freitag konnte man auch folgenden Eintrag bei Fefe lesen:

Ein Mitarbeiter von Colin Powell spricht aus, was alle schon längst gewusst haben: George W. Bush wusste, dass die Guantanamo-Insassen zum Großteil unschuldig waren. Er hat sie aber trotzdem dort sitzen lassen, weil ihre Freilassung die Legitimität seines Kreuzzugs unterminiert hätte.

Wir stellen also fest: 65 Jahre nach dem Ende der Nazi-Herrschaft kann man folgende Argumente von Politkern lesen die einer „christlichen“ Partei angehören:

„Nach Bayern kommt mir jedenfalls keiner rein“, sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Die übrigen Bundesländer sind skeptisch. „Bevor über die Aufnahme von Guantánamo-Gefangenen konkret gesprochen wird, sollten die Sicherheitsfragen geklärt sein“, sagte Hessens Innenminister Volker Bouffier (CDU) der WELT. Bei aller Solidarität mit den USA müssten die Sicherheitsinteressen Deutschlands Vorrang genießen.

Offensichtlich haben die CDU Innenminister noch nichts von der „Unschuldsvermutung“ gehört und sehen diese Menschen als Bedrohung an. Angesichts dieser Geisteshaltung erscheinen die Worte von Bundestagspräsident Norbert Lammert bei der Gedenkfeier in Buchenwald dann auch als reine Frace.

Godwins Law und die Geistlichkeit

Telepolis berichtet heute über den Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller der die aktuelle Berichterstattung über die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche mit der kirchenfeindlichen Haltung des Nazi-Regimes vergleicht. Also wieder ein klassischer Fall von Godwins Law und der letzte „Geistliche“, unser Bruder Barnabas vom Nockherberg musste nach dem Vergleich dann seinen Hut nehmen.

Nein, einen Rücktritt des Bischofs will ich gar nicht fordern, wohl aber eine nüchterne Debatte mit dem Unfassbaren, auch wenn es noch so unangenehm ist. Ein Ungenannter sieht in Müllers Äußerung die Geisteshaltung der Kirche. Interessant ist in diesem Zusammenhang auf jeden Fall der Wikipedia-Artikel über das songeannte Schutzalter:

In Malta und der Vatikanstadt liegt das Schutzalter bei 12 Jahren…

Ich selbst habe in den letzten Tagen öfter mal verwundert geguckt, beispielsweise bei der Äußerung des Münchner Bischofs Marx, dass man eine Meldepflicht für Missbrauchsfälle fordert. Hier hat die Kirche wohl vom Staat einen Persilschein in §139 StGB bekommen der jetzt erst mal verhindert, dass diese Missbrauchsfälle öffentlich werden:

(2) Ein Geistlicher ist nicht verpflichtet anzuzeigen, was ihm in seiner Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden ist.

Wenn also der Dorfpriester seine Verfehlungen beim Bischof beichtet, dann muss dieser das nicht dem Staatsanwalt erzählen. Ja, ich verstehe durchaus den Sinn dieses Paragraphen, aber wenn ich an den letzten Sommer und die Schlachten um das Zugangserschwerungsgesetz denke, dann müsste ich jetzt eigentlich auch nur laut rufen „Die Kirche darf kein rechtsfreier Raum sein!“.

Der Regensburger Bischof täte also gut daran, wenn er jetzt nicht einen auf „verfolgtes Opfer“machen würde. Niemand will die Kirche diffamieren und ich habe sehr viel Respekt vor dem recht auf freie Religionsausübung und werde sicherlich nicht wegen des Fehlverhaltens von Priestern die ganze Organisation verdammen, aber ich erwarte dann auch, dass die Organisation diese Fälle nicht zu vertuschen versucht sondern eben die notwendigen Konsequenzen zieht.

Es ist auch müßig darüber zu disktutieren ob das Zölibat daran schuld ist oder nicht, denn letztlich geht es um den Missbrauch von Kindern und der Priester der gegen das Zölibat verstoßen will hätte auch andere Möglichkeiten dies zu tun ohne dass Kinder dabei zu Schaden kommen.

Arbeitsverweigerung

Heute gab es auch einen ganz interessanten Artikel in der Zeitung, der die aktuelle Arbeit der Regierung analysiert:

Aus einem Verdacht ist längst Gewissheit geworden – und wird auf den Fluren des Reichstages und in Gesprächen mit Abgeordneten der Regierung wie der Opposition zunehmend kritisiert: Die schwarz-gelbe Regierung hat praktisch bis zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 9. Mai die Arbeit eingestellt. Nichts soll die Wiederwahl von CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers gefährden. In einem internen Gespräch soll Merkel gesagt haben, es gebe in dieser Legislaturperiode nur „sehr wenige Gesetzeslücken“, also jene Phasen, in denen die Bundesregierung Gesetze verabschieden könne, ohne auf Landtagswahlen Rücksicht nehmen zu müssen.

Na prächtig. Wir stecken mitten in einer Krise, an allen Ecken und Enden brennt es und unsere Regierungskoalition will bis zum 9. Mai den Kopf in den Sand stecken um nichts falsches zu tun. Hätten diese Leute noch irgend einen Anstand würden sie für diesen Zeitraum statt ihrer Diäten dann auch nur die Hartz-IV-Regelsätze einstreichen.

Besonders befremdlich ist dieses Verhalten wenn man sich erinnert, mit welcher Hektik vor der Bundestagswahl noch versucht wurde jede Menge Gesetze zu verabschieden. Und jetzt im ersten Jahr der neuen Legislaturperiode steigt man erst mal auf die Bremse um eine Landtagswahl zu retten (sofern da noch was zu retten ist). Die Hoffnung ist wohl, dass das blöde Stimmvieh diese Vorgänge bis zur nächsten planmäßigen Bundestagswahl dann eh vergessen hat.

Mein Boss würde mich rauswerfen, wenn ich mich so offensichtlich weigern würde zu arbeiten. Aber der Arbeitgeber der Politiker kann das natürlich nicht.

Wir werden alle sterben

Kaum ist das Urteil zur Vorratsdatenspeicherung gesprochen, schon kriechen die Befürworter aus ihren Löchern und malen den Teufel an die Wand. Die Augsburger Allgemeine versüßte mir das Frühstück mit den Prophezeihungen des Polizeigewerkschafters Konrad Freiberg, der vor „Tausenden Opfern und Tausenden von Straftaten die wir nicht aufklären können“ warnt. Grund genug, mal wieder eine Mail an die Redaktion der Zeitung zu schicken:

Sehr geehrte Damen und Herren,

zu den Äußerungen des Polizeigewerkschaftlers Konrad Freiberg fallen mir folgende Anmerkungen ein:

Wenn wir tatsächlich zukünftig „Tausende von Opfern und Tausende von nicht aufklärbaren Straftaten“ haben werden weil wir auf die Vorratsdatenspeicherung verzichten, dann kann mir Herr Freiberg sicher die Tausende von Zeitungsartikeln über dank Vorratsdatenspeicherung aufgeklärte Verbrechen aus der Zeit zeigen, als der Staat die Schnüffelei betrieben hat. Kann er oder kann er nicht? Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, täglich von Verbrechen gelesen zu haben die nur Dank der Datenspeicherung geklärt werden konnten.

Vielleicht sollte Herr Freiberg mal die pensionierten Polizeikollegen fragen, wie sie in ihrer Amtszeit Straftaten aufklärten, also zu Zeiten als es noch gar keine Vorratsdatenspeicherung gab.

Ein weiterer Irrtum des Herrn Freibergs liegt in der Formulierung „ein Gesetz vorzulegen das die Rahmenbedingungen des Verfassungsgerichts einhält“. Herr Freiberg, eigentlich sollten sie als Polizist doch wissen, dass nicht das Bundesverfassungsgericht die Rahmenbedingungen definiert in denen Gesetze zulässig sind sondern das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. So was hat man in meiner Jugend noch in der Schule gelernt.

Allen Unkenrufen zum Trotz ist der gestrige Urteilsspruch ein Erfolg, denn der Regierung wurde deutlich gemacht, dass man eben nicht mal schnell 82 Millionen Bürger unter Generalverdacht stellen kann.

Mit freundlichen Grüßen
Rainer König

Für mich erinnert das ganze stark an die Propagandamethode eines Joseph Göbbels: Sage dem Volk es wäre bedroht und es wird allem zustimmen um gegen diese Bedrohung anzukämpfen. Ja, ich weiß, mit dieser Meinung schramme ich wieder haarscharf an Godwins Law vorbei, aber das was Herr Freiberg hier ablässt ist jede Menge heiße Luft und sollte aus Rücksicht auf die Klimaerwärmung (so wir eine haben) in der Öffentlichkeit vermieden werden.

Was gefällt mir an dieser Schlagzeile nicht?

Heute ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung zum Thema Afghanistan. Die Schlagzeile lautet:

Obama muss auf Merkels Ja warten

Und jetzt dürft ihr mal raten, was mir an dieser Schlagzeile ganz und gar nicht gefällt. Tip: Es ist nicht die Tatsache, dass Frau Merkel den US-Präsidenten warten lässt. Die Lösung gibt es beim Weiterlesen.

Weiterlesen

Jamaica an der Saar

Heute die Top-Meldung auf Google-News. Der Grünenparteitag im Saarland hat sich für eine Jamaika-Koalition an der Saar ausgesprochen. Schuld daran ist Oskar Lafontaine, zumindest für den Grünen Chef Hubert Ulrich:

„Zu diesem Mann und zu dieser Partei habe ich keinerlei Vertrauen

Tja, da kann man nix machen, wenn das Vertrauen fehlt, dann hat ein Bündnis auch keinen Zweck da es von vorne herein wohl schon zum Scheitern verurteilt ist. Apropos Vertrauen. Was haben eigentlich die Grünen im Wahlkampf versprochen? Oskar Lafontaine wirft den Grünen nämlich Betrug am Wähler vor. Da stellt sich die Frage, wie die Wähler die Entscheidung des Parteitages der Grünen sehen. Und auch in den Reihen der Grünen gibt es wohl Widerstand:

„Ich war nicht in Gorleben und an der Startbahn-West, um mit einer marktliberalen Atomstrom-Partei zu koalieren“, sagte der Kreisvorsitzende von Saarbrücken, Thomas Brück.

Jetzt bin ich mal gespannt, wie politische Medien abseits vom Mainstream diese Entwicklung kommentieren werden. Denn eines ist klar, der „journalistische Mainstream“ ist nicht ganz unschuldig an der Meinungsbildung und dem Buhmann-Image der Linkspartei.

Seltsame Begrifflichkeiten

Wie unterschwellig die Journalisten uns zu manipulieren versuchen merkt man wenn man hin und wieder seinen Blick über die Schlagzeilen wandern lässt. Neulich tönte es noch „Die Mehrheit der Deutschen ist mit dem Wahlausgang zufrieden“ wobei diese Mehrheit sich in 53 Prozent niederschlug. Heute abend lesen wir dafür von den als neoliberal bekannten Magazinen „Nur 77 Prozent für Gabriel“.  53 Prozent sind also eine klare Mehrheit, 77 Prozent (deutlich mehr als 2/3) hingegen reichen nur für ein „Nur“..?

Ja, ich weiß 53% sind die Mehrheit und 77% sind wenig wenn sonst solche Wahlentscheidungen mit Stimmanteilen >80% passieren. Aber andererseits dürfte der neue designierte Parteivorsitzende der SPD einen Höllenjob haben um die Partei wieder aus der Versenkung zu holen und sie vielleicht sogar wieder für Leute die in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts Willi Brandt zugejubelt haben wählbar zu machen.

Auf der andern Seite sind 53% sozusagen eine sehr knappe Mehrheit, zumal hier ja tatsächlich nur eine Stichprobe genommen wurde und man sicher darüber philosophieren kann, ob diese Stichprobe tatsächlich für alle Deutschen repräsentativ ist.

Die politische Meinungsmache ist eben ein sehr subtiles Geschäft. Mein Tip an alle die sich hier ein wenig weiterbilden wollen: Lest das Buch „Meinungsmache“ von Albrecht Müller.

Wie frei ist unsere Presse noch?

Gerade eben hatte ich ein merkwürdiges Erlebnis. Ich gucke ja jeden Tag mal kurz über die Google-News und heute Abend sehe ich da folgendes beim Thema Ausland.

googlenewsInteressiert hat mich natürlich die Demonstration in Italien. Die Geschichte mit dem EU-Vertrag ist nur zwecks Vergleich drin. Denn natürlich habe ich mal sehen wollen, welche Zeitungen sich noch trauen einen Artikel über eine Demonstration zur Pressefreiheit zu schreiben und welche schon so an der kurzen Leine sind, dass man das eher gleich totschweigt. Also habe ich mich auf die 151 Artikel gefreut. Belohnt wurde diese Freude dann mit folgendem:

Ergebnisse 1 – 19 von ungefähr 19 ähnlichen Artikeln Die Suche dauerte 0,05 Sekunden

Also deutlich weniger als die 151 versprochenen Artikel. Als Gegenprobe klicke ich auf die 1823 Artikel zum EU-Vertrag und bekomme wenigstens 1105 Treffer angezeigt. Wäre das Verhältnis beim Artikel zur Pressefreiheit ähnlich gewichtet, dann hätte ich wenigstens 80 Treffer sehen müssen.

Da stellt sich mir dann schon die Frage, wie frei die Presse tatsächlich noch ist. Vielleicht bin ja nur extrem mißtrauisch weil ich doch gerade „Meinungsmache“ vom NachDenkSeiten-Betreiber Albrecht Müller lese. Aber trotzdem gruselt es mich angesichts der nicht vorhandenen 151 Artikel die mir Google nicht zeigen kann.

Das obere Ende der Skala

Gerade eben habe ich das untere Ende unserer staatlichen Fürsorge betrachtet, also wie Leute am Existenzmininmung genötigt werden unter Androhung von Sanktionen auf ihre in Artikel 1 GG verbriefte Menschenwürde zu verzichten. Jetzt will ich mich mal dem oberen Ende der staatlichen Fürsorge zuwenden. Schließlich gibt es durchaus Notlagen in denen der Staat ohne langes Zögern auch mal mit 12-stelligen Eurobeträgen hilft.

Erinnern wir uns mal ein wenig. Vor etwas mehr als einem Jahr erbebte die Finanzwirtschaft unter dem Zusammenbruch von Lehman Brothers und jährt sich der Tag, an dem die Hypo Real Estate Bank plötzlich und überraschend bemerkte, dass sie sich in einer existenzbedrohenden Schieflage befindet. Übrigens ganz zufällig genau einen Tag nachdem die 5-jährige Haftungsfrist der Mutter HypoVereinsbank auslief.

Damals wurde dann sehr schnell ein Sonderfond Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) beschlossen und mit 480.000.000.000 Euro ausgestattet. Man erzählte uns Bürgern, dass wenn die HRE zusammenbricht auch Pensionskassen, Sozialversicherungen und Kirchenkassen massiv darunter leiden würden. Also wurde Geld in die HRE gepumpt, anfänglich „nur“ mal 30 Milliarden die sich mittlerweile auf 102 Milliarden aufsummiert haben. Ein Ende des Zahlens ist auch nach der „Verstaatlichung“ der bankrotten Bank nicht in Sicht, es werden wohl weitere zweistellige Milliardenbeträge notwendig werden um den Absturz aufzuhalten.

Doch wer wurde tatsächlich gerettet? Es war natürlich nicht der Hartz-IV-Empfänger am anderen Ende der Skala, ganz im Gegenteil, dank der Finanzkrise haben wir heute viel mehr Anwärter auf Hartz IV als vor der Finanzkrise. Der Tagesspiegel hat sich zu dieser Frage Gedanken gemacht und einen sehr lesenswerten Artikel „Die Geretteten“ veröffentlicht. Dort heißt es dann:

Doch anstatt den Beweis für ihre Behauptungen zu führen, erklärten sie die Daten über die Begünstigten der Bankenrettung zum Staatsgeheimnis. Es gehe um „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, deren Bekanntwerden den Unternehmen Schaden zufügen könnte und für die eine gesetzlich verankerte Verschwiegenheitspflicht gilt“, erklärt ein Sprecher des Finanzministeriums zur Begründung. Tatsächlich liegt der Schaden jedoch vor allem beim Steuerzahler. Und die Beweispflicht der Regierung gegenüber dem Bürger sollte für eine Ausnahmeregelung ausreichen.

Letztlich sind wir als Steuerzahler als nun Kreditgeber von Geldempfängern deren Identität man vor uns mit fadenscheinigen Begründungen verheimlichen will. Die Schulden in die der Staat sich zwecks Bankenrettung gestürzt hat werden von uns und den nachfolgenden Generationen zu tilgen sein, sofern eine Tilgung überhaupt noch möglich ist. Albrecht Müller von den NachDenkSeiten hat diesen Tagesspiegel-Artikel heute ebenfalls aufgearbeitet und schreibt:

Gerettet wurden die unbesicherten Geldmarktaufnahmen und Darlehen (mit kurzer Laufzeit von unter einem Jahr) von ausländischen Banken im Wert von 23,3 Milliarden und sonstigen ausländischen Institutionen im Wert von 15,3 Milliarden. Gerettet worden sind die Forderungen der Deutschen Bank, der HypoVereinsbank, der Bayerischen Landesbank, von AXA, Debeka usw. – Einige von diesen zahlen schon wieder Dividenden und Boni. Wir als Steuerzahler sind von Angela Merkel und Peer Steinbrück zu den Finanzierern dieser Profiteure gemacht worden, und wir werden als Bürgerinnen und Bürger dafür bluten müssen, indem die notwendigen öffentlichen Leistungen für Sicherheit, für Schulen, für Soziales, für Jugendarbeit und so weiter heruntergefahren werden. Das nennt man dann Einschnitte.

Ja, dass wir nach der Wahl mit „Einschnitten“ zu rechnen haben wurde uns ja unlängst erst von Karl-Theodor zu Guttenberg und Peer Steinbrück im Duett verkündet. Auf der anderen Seite prescht die CSU ja momentan sogar vor und verspricht Steuersenkungen die angesichts der Schuldenlage des Bundes und dem Einbrechen von Steuereinnahmen aufgrund steigender Arbeitslosigkeit sowieso illusorisch weil nicht zu finanzieren sind.

Zum Abschluß möchte ich hier noch die Schlußbemerkung von Albrecht Müller zitieren:

In der SZ wurde geschwärmt: „Wie Steinbrück und Merkel die größte Finanzkrise der letzten Jahrzehnte ausgeschaukelt haben, ist bemerkenswert“.

Nichts ist bemerkenswert. Wir werden für das „Ausschaukeln“ mit Einschnitten und neuen Belastungen zahlen müssen. Da ist nicht die Krise „ausgeschaukelt“ worden, sondern wir sind verschaukelt worden – zu Gunsten der internationalen Finanzwelt.

Also am Sonntag bitte überlegen, ob Ihr Euch weiter verschaukeln lassen wollt oder ob Ihr dieser Regierung nicht lieber eine schallende Ohrfeige für ihre Inkompetenz verpassen wollt. Wäre Deutschland eine AG, dann müsste ja schon längst ein Staatsanwalt wegen Untreue gegen den Finanzvorstand (Steinbrück) und andere führende Manager ermittlen.