Trau keiner Statistik die Du nicht selbst gefälscht hast

Dieses Zitat schreiben die einen Winston Churchill zu, die anderen meinen es wäre auf Joseph Goebbels zurückzuführen. Beim Blick auf die Titelseite der Augsburger Allgemeinen heute kam es mir aber sofort in den Sinn als ich die Schlagzeile mit dem phänomenalen Rückgang der Arbeitslosenzahlen sah.

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Kinderarmut fünfmal schlimmer als Altersarmut

Mit dieser Schlagzeile wurde heute der sogenannte Finanzexperte Bernd Raffelhüschen in der AZ zitiert. Als Leser der NachDenkSeiten weiß ich natürlich was ich von Raffelhüschen zu halten habe, trotzdem habe ich mir den Spaß gemacht und den Herrn Finanzexperten mit folgendem Leserbrief kommentiert:

nachdem heute im Politikteil der Herr Raffelhüschen als Finanzexperte zitiert wird wage ich es als normaler Ingenieur einfach mal seine Argumente in Sachen Altersarmut und Kinderarmut zu beleuchten.

Es ist tatsächlich erstaunlich, denn obwohl uns seit der Einführung der Riester-Rente das Gespenst des demographischen Wandels vor Augen gehalten wird findet Herr Raffelhüschen nun problemlos 5 mal soviele arme Kinder wie arme Alte. So schlimm kann es demnach nicht mit dem demographischen Wandel sein wenn wir noch so viele arme Kinder haben.

Wobei wir beim nächsten Thema sind. Der Begriff „Kinderarmut“ ist eigentlich eine bewusste Irreführung des üLesers. Als Finanzexperte kennt Herr Raffelhüschen bestimmt auch das Mackenroth-Theorem welches eigentlich ganz simpel aussagt, dass die nicht arbeitende Bevölkerung von der arbeitenden Bevölkerung finanziert wird. Für die Rentner heißt das auch „Generationenvertrag“, mit den heutigen Beiträgen zur Rentenversicherung wird die heutige Rente finanziert. Für die „armen Kinder“ heißt das aber nun, dass die staatliche Förderung mit 154 Euro Kindergeld nicht ausreicht um „Kinderarmut“ zu vermeiden, denn die darüber hinausgehende Förderung müssen die Eltern des Kindes aufbringen.

Kinderarmut bedeutet also eigentlich „Familienarmut“, denn ich habe noch nicht von Eltern gehört die in Saus und Braus leben während ihre Kinder verarmen, von ein paar Ausnahmen mal abgesehen. Wir haben also wenn wir Raffelhüschen richtig interpretieren 5 mal so viele arme Familien wie arme Rentner. Diese Familienarmut ist aber auch kein Zufallsphänomen sondern durch Lohndumping, Minijobs und andere prekäre Beschäftigungsverhältnisse forciert.

Würden wir diese Familienarmut beseitigen, sprich den Leuten wieder anständige Bezahlung für ihre Arbeit geben und sie in anständige sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse bringen, dann wäre wohl auch das Problem der Altersarmut keines mehr. Mit steigenden Einkommen der Beschäftigten steigen auch die Beiträge zur Rentenversicherung und damit dürfte eine Anhebung der Renten auch kein Problem mehr sein.

Im anderen Fall haben wir die komplette Abwärtsspirale, denn die heute armen Familien zahlen aufgrund ihrer Situation sowieso schon wenig in die Rentenversicherung ein, d.h. ihre Ansprüche auf eine Altersrente sind sowieseo auf niedrigestem Niveau und sie haben auch keine Chance diese „Versorgungslücke“ durch private Vorsorge zu schließen, denn dazu fehlen ihnen die Mittel.

Aber natürlich ist klar, dass Herr Raffelhüschen als Sprachrohr der neoliberalen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft das ganz genau weiß. Wenn er jetzt also wieder die Debatte „Jung gegen Alt“ anheizt und postuliert man müsse erst ab 2030 über eine Reform der Renten nachdenken, dann erzählt er kurz und knapp eigentlich nur „Bullshit“.

Roman Herzog: Es gibt ein Grundrecht auf Dummheit

Mit dieser Schlagzeile in der Augsburger Allgmeinen durfte ich heute morgen frühstücken. Klar, dass so etwas nicht unkommentiert bleiben darf und daher gab es postwendend diesen Brief an die Zeitung:

Sehr geehrte Damen und Herren,

die heutige Schlagzeile (siehe Betreff) im Politik-Teil der AZ schreit geradezu nach einem Kommentar.

Ich finde es höchst erstaunlich, wenn ein ehemaliger Bundespräsident so wenig Ahnung von den im Grundgesetz verankerten Grundrechten hat, denn ein Grundrecht auf Dummheit welches er hier in beleidigender Weise den Menschen andichtet, die für einen Mindestlohn sind existiert dort nicht.

Noch viel bzeichnender ist allerdings, dass der Herr Herzog sich offensichtlich nicht mehr an seinen am 23. Mail 1984 geleisteten Amtseid gemäß Art. 56 GG zu erinnern scheint. Damals schwor er (Zitat Art. 56 GG):
„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetzund die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.“

Mit seinen kürzlich gemachten Äußerungen betreibt er faktisch das Gegenteil von dem, seine Polemik zur Ausplünderung der Jungen durch die Alten hat durchaus das Zeug zur Volksverhetzung und auch die heutige Äußerung dient nicht dazu, Schaden von Volk und Staat abzuwenden.

Wenn Herr Herzog sich also heute offensichtlich nicht mehr an diesen Amtseid gebunden fühlt, dann unterscheidet er sich in keiner Weise von den Managern die für eine bestimmte Zeit einen Konzern leiten und dann (mit vollen Taschen) diese Aufgabe beenden um was anderes zu machen.

Kommen wir aber zurück zu der von Roman Herzog zitierten Dummheit und den angemahnten Reformen. In der Natur gilt es als Zeichen von Intelligenz, wenn eine Spezies in der Lage ist aus Fehlern zu lernen was vor allem die Fähigkeit einschließt, nicht jeden Fehler selbst machen zu müssen sondern aus den Irrtümern der Artgenossen lernen zu können. Politisch interessierte Mitbürger werden nicht umhin können festzustellen, dass alle neoliberalen Experimente der letzen 35 Jahre, angefangen von Pinochets Chile über Argentinien, Polen, Rußland, Asien usw. als Ergebnis nur einigen wenigen mehr Reichtum und Wohlstand beschert haben, der Großteil der betroffenen Bevölkerung hingegen sank in Arbeitslosigkeit und Verelendung ab. Ich halte es daher für ein ausgesprochenes Zeichen von Intelligenz, wenn ein Volk sich weigert, nochmal eine Runde im neoliberalten Experimentierlabor zu drehen. Denn genausowenig wie es ein Grundrecht auf Dummheit gibt gibt es eines, das die Umverteilung der Geldmittel von „unten nach oben“ definiert.

Zum Thema Rentenerhöhung

Unsere Augsburger Allgemeine greift den „Ball“ des Lamentierens über die Kosten der geplanten Rentenerhöhung auf und bringt auf Seite 2 einen großen Artikel über die Kosten der Rentenerhöhung. Da muß ich einfach einen Leserbrief schreiben.

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit einiger Verwunderung las ich heute den Artikel auf Seite 2 bei der über die Kosten der geplanten Rentenerhöhung (die in ihrer Größe gemessen mit der aktuellen realen – andere sagen „gefühlten“ – Inflationsionsrate) eh lächerlich ist. Ich finde die Fragestellung „was kostet uns die Rentenerhöhung“ inhaltlich total falsch, richtiger müssten wir uns fragen „Warum kostet uns die Rentenerhöhung überhaupt was?“.

Die gesetzliche Rente in Deutschland basiert auf dem Solidarprinzip und wird im Umlageverfahren erhoben, d.h. das was die Beitragszahler heute einzahlen wird an die Rentner heute ausbezahlt. Bei einem konstanten Rentenversicherungsbeitrag von X Prozent sollte nach meinem trivialen Verständnis der anteilige Rentenversicherungsbetrag den man zur Auszahlung hat proportional zur Entwicklung der beitragspflichtigen Gehälter mit jeder Tariferhöhung um den gleichen Prozentsatz steigen. Wenn also die Tarifgehälter um einen Prozentsatz Y steigen müssten im gleichen Zug die Renten problemlosum den gleichen Prozentsatz angehoben werden. Wenn das nicht so ist, dannsollten wir mal genauer nach den Ursachen für diese Misswirtschaft forschen
Liegt es vielleicht daran, das wir zuviele Arbeitslose und „prekäre Beschäftigungsverhältnisse“ haben die zur Rentenversicherung keinen Beitrag leisten? Liegt es vielleicht daran dass die Gehälter in Deutschland seit Jahren nur noch stagnieren während sich unsere politische Elite jedes Jahr ihre Diätenerhöhung genehmigt? Oder liegt es gar daran, dass man die gesetzliche Rente bewusst schlechtreden will um die Menschen zum Abschluß von teuren Riester-Verträgen zu bewegen. Ich hätte nix dagegen statt 4 Prozent Riester-Prämie lieber 1% mehr in die gesetzliche Rente einzuzahlen wenn damit die Rentner eine Verbesserung ihrer Situation erfahren würden statt sich täglich von Altersarmut bedroht zu sehen.

Etwas ist faul im Staat und das ist nicht die gesetztliche Rente wie man uns glauben machen will.

Behinderte Kinder und die Politik

In Augsburg haben wir ein schönes neues Förderzentrum für behinderte Kinder. Dieses soll aber nach dem Willen der Politiker demnächst geschlossen werden, denn das neue Kindergartengesetz sieht nur noch eine Förderung für „integrative Kindergärten“ vor. Die Berichterstattung hierzu habe ich gerade mit folgendem Leserbrief quittiert:

Wenn ich die Berichterstattung über das Hessing-Förderzentrum lese, dann kocht in mir der Zorn auf eine Politik, die „die Bretter die die Welt bedeuten“ wohl direkt vor ihrem Kopf plaziert hat. Als Vater eines behinderten Kindes mit massiver Entwicklungsverzögerung kann ich aus eigener Erfahrung berichten, daß das Konzept „integrativer Kindergarten“ in der Theorie zwar schön aussehen mag, in der Praxis aber nicht funktioniert.

Mein Sohn durfte sein erstes Kindergartenjahr im Regelkindergarten verbringen, bei 25 Kindern und 2 Erzieherinnen in der Gruppe. Diese waren mit den anderen 24 Kindern bereits gut ausgelastet und hatten daher kaum Chancen ihn zu fördern. Besonders för das Konzept der „integrativen Einrichtung“ spricht aber dann auch daß mir von anderen Eltern gesagt wird, ich möge mein Kind doch aus der Gruppe nehmen da es die Entwicklung der anderen Kinder behindert wenn die Erzieherinnen sich merh um mein Kind kümmern müssen. Ja, da sieht man gleich wie gut das in der Praxis funktioniert.

Das nächste Jahr durfte unser Sohn in einer schulvorbereitenden Einrichtung verbringen, dort machte er auch Fortschritte, war aber für die Leute dort schlicht und einfach zuviel an Betreuungsarbeit.

Nun, im dritten Jahr hat er seinen Platz in einer speziellen Gruppe bei der Lebenshilfe Königsbrunn gefunden und ist dort sehr gut betreut. Auch das Hessing-Förderzentrum wäre ein möglicher Platz für ihn gewesen. Was unsere Politiker zudem offensichtlich verdrängen ist, daß diese speziellen Fördereinrichtungen zu 100% mit behinderten Kindern ausgebucht sind, es bestehen Wartelisten und man kann froh sein, wenn man einen Platz in so einer Einrichtung bekommt. Jetzt das ganze in „gemischte Gruppen“ umwandeln zu wollen würde nichts anderes bedeuten, als daß wichtige Förderplätze von Kindern belegt werden die eigentlich diese Förderung nicht brauchen. Oder will der Staat nebenan gleich nochmal ein Abbild dieses Förderzentrums errichten um allen behinderten Kindern die Chance auf einen Förderplatz zu geben?

Ich als Gesunder lege mich ja auch nicht ins Krankenhaus um dort mit den Kranken eine integrative Gruppe zu bilden. Integration ist schön und sie funktioniert im Bekannten und Freundeskreis problemlos, aber sie funktioniert eben nicht auf Befehl.

Wenn ich dann noch sehe, wie bei den neuen Sicherheits- und Überwachungsgesetzen bestehendes Recht bis zum Exzess gebeugt wird dann ist ein Standpunkt wie der des Herrn Schmid daß es in diesem Fall keine Sonderregelung geben können soll nur sehr schwer nachzuvollziehen. Die logische und vernünftige Konsequenz kann dann nur lauten: Schafft dieses unselige Kindergartengesetz sofort wieder ab wenn es dazu führt, daß eine solche Einrichtung schließen muß.