Die schiefe Bildungspolitik

Heute wurden wieder die Ergebnisse der letzten PISA-Studie veröffentlicht und Deutschland hat ein wenig zugelegt. Irgend eine Online-Ausgabe einer Zeitung meinte dann auch, ob man sich noch an die Zeit vor PISA erinnern kann, wie es da in der Schule war. Ja, ich kann auch wenn meine Schulzeit schon einige Jahrzehnte zurück liegt. Und wenn ich sehe was heute mit meinen Kindern in der Grundschule passiert, dann fallen mir folgende Unterschiede auf.

Beispiel Unterrichtsmaterialien: Damals wurden die Vorlagen für die Unterrichtsmaterialen auf Matrizen geschrieben und dann vom Lehrer durch einen Matrizendrucker genudelt. Das war eine Menge Arbeit für den Lehrer, besonders wenn der Matrizendrucker mit Handkurbel zu betreiben war und die Unterlagen rochen immer nett nach Spiritus. Und bezahlen musste keiner deswegen einen Pfennig. Heute hat die moderne Fotokopiertechnik Einzug in die Schulen gehalten und das Kopieren geht vergleichsweise einfach. Natürlich gibt es heute die Kopien nicht mehr umsonst sondern die Eltern dürfen alle paar Monate 5 Euro „Kopiergeld“ bezahlen. Nicht, dass mir diese 5 Euro finanziell weh tun, aber sie torpedieren das Prinzip „Lehrmittelfreiheit“.

Beispiel Hausaufgaben: Damals konnte man durchaus mal einen Schulkameraden besuchen und fragen, wie man die Hausaufgaben macht oder nochmals nachfragen, ob man alle Hausaufgaben richtig aufgeschrieben hatte. Heute wird den Kindern in der 4. Klasse eingetrichtert, dass sie ihren Mitschülern keine Auskunft geben sollen und keine Hinweise wenn diese anrufen und Fragen zu den Hausaufgaben stellen. Fällt das jetzt in die Erziehung zur Selbständigkeit oder ist das die Vorstufe zum gnadenlosen Konkurrenzkampf bei dem jeder sich selbst der Nächste ist? Falls es im Kultusministerium noch nicht bekannt ist: Im Berufsleben wird von den jungenMenschen dann „Teamfähigkeit“ verlangt die man mit solchen Maßnahmen natürlich lernt.

Beispiel Proben: Damals wurde in den Proben und Schulaufgaben noch getestet, ob der Schüler den Lehrstoff verstanden hat und fähig war diesen sinngemäß wiederzugeben. Heute vermitteln mir die korrigierten Proben meiner Tochter eher, dass man entweder Multiple-Choice-Fragebögen hat oder Punktabzug bekommt, wenn die eigene Formulierung nicht 100% so ist wie es im Schulbuch oder Schulheft steht. Damit produziert unser Schulsystem aber keine Menschen mit Verstand sondern Auswendiglern-Roboter.

Beispiel Sozialverhalten: Damals waren die Lehrer noch in der Lage eine große Bandbreite von Kindern mit unterschiedlichem Verhalten zu betreuen und hatten auch keine Probleme mit auffälligen Kindern. Heute könnte man den Eindruck haben, dass in den Schulen nur noch „normgerechte“ Kinder durchgeschleust werden können und wer nicht ins Raster der tolerierten Verhaltensmuster passt den will man mit Ritalin ruhigstellen.

Soweit so schlecht. Natürlich ist mir klar, dass es verkehrt wäre, die Lehrer oder das Schulsystem alleinig die Schuld an der aktuellen Bildungsmisere zuschieben zu wollen. Sehen wir uns doch mal die veränderten Bedingungen in der Bundesrepublik an: Damals hatte man noch das „Wirtschaftswunder“, die Familien kamen mit einem Verdiener ganz gut über die Runden und das Schlimmste was im sozialen Umfeld passieren konnte war, dass eine Schülerin schwanger wurde oder Drogen nahm. Jugendkriminalität war eher gering und Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund war eher gering. Heute haben viele Familien Probleme nicht unter die Armutsgrenze abzurutschen und statt Kinderbetreuung gibts den Schlüssel umgehängt und das Kind ist sich selbst überlassen bis beide Elternteile von der Arbeit kommen. Jugendkriminalität ist in vielen Stadtteilen nicht mehr zu ignorieren und ein hoher Migrantenanteil bei den Kindern macht es für die Schulen nicht einfacher.

Die Politik reagiert auf diese veränderten Bedingungen heute aber leider nur mit PISA-Tests und dem „Rumschrauben“ an diversen vermeintlichen Stellschrauben um das Bildungssystem zu verbessern ohne aber die Randbedingungen für die Kinder tatsächlich zu verbessern. Und manch verbesserter Lehrplan erzeugt bei mir nur fassungsloses Kopfschütteln wenn ich sehe, mit welchen Dingen sich meine Kinder abquälen müssen und Dinge lernen müssen, die sie bei ihrem Bildungsstand nur mehr verwirren als ihnen tatsächlich ein „Aha-Erlebnis“ zu geben.

Der Kapitalismus frisst seine Kinder

Gestern war ich im Weltladen und habe dort wieder meine Kaffee-Bestände aufgefüllt. Bio-Espresso von Gepa für knapp 18 Euro das Kilo. Hergestellt und gehandelt nach den Fair-Trade-Richtlinien und damit schmeckt der Kaffee gleich doppelt so gut wie die Bohnen bei denen man nicht weiß, welchen gierigen Schlund man mit dem Preis stopft.

Zum Glück darf ich ja noch selbst entscheiden wo ich meinen Kaffee kaufe. Öffentliche Kommunen müssen so was ja ausschreiben und „Fair Trade“ ist nach Ansicht der EU-Kommission zu sehr einschränkend und würde den freien Wettbewerb behindern.

Und natürlich ist der „freie Wettbewerb“ das goldene Kalb um das wir alle tanzen, auch die Leute die einer Partei angehören die sich angeblich „christlich“ nennt. Der Spiegel schreibt hier was Theodor Elster von der CDU dazu meint:

Kinderarbeit mache Produkte billiger, und das sei ja der „entscheidende Wettbewerbsvorteil“, dozierte der CDU-Mann. Eine Verpflichtung, solche Zustände durch faire Beschaffung zu ändern, sehe er nicht: „So weit kann Bundestreue nicht reichen.“

Ja, für manche Politiker ist der Horizont ein Kreis mit dem Radius Null und sie nennen das dann „Standpunkt“. Danke für eine weitere Lektion über die christlichen Werte des Abendlandes die wir so vehement am Hindukusch verteidigen.

Made in Augsburg

Meine PCs hier zuhause haben alle in Augsburg das Licht der Welt erblickt und auch sonst bevorzuge ich gerne Produkte aus der lokalen Produktion. Bei Kleidung war das mittlerweile sehr schwierig,  denn die Textilindustrie hat sich ja vor langer Zeit schon aus Augsburg zurückgezogen. Einer meiner Freunde war damals Maschinenführer bei Dierig und als Dankeschön für seine Arbeit durfte er zum Schluß noch lange malochen um die verkauften Maschinen in Taiwan wieder in Betrieb zu nehmen. Doch das ist eine andere Geschichte. Wie gesagt, ich würde gerne Kleidung „made in Germany“ kaufen, wenn es denn ein Angebot gäbe. Oft wenn wir von Italien kommen stoppen wir beim Trigema-Verkaufsladen in Farchant bei Garmisch und holen uns dort T-Shirts.

Über Twitter bin ich jetzt auf die manomama aufmerksam geworden. Hinter diesem Namen steht Sina Trinkwalder als Unternehmerin und bei ihr kann Mann (und Frau und Kind) Kleidung kaufen. Kleidung die hier in Augsburg von einem Team produziert wird, das unter anständigen Arbeitsbedingungen und Löhnen hier seinen Lebensunterhalt verdienen kann.  Normalerweise bin ich ja sehr zurückhaltend was den Kleiderkauf übers Internet angeht, aber diesmal wollte ich es wissen und habe dann am Dienstagabend einen Rollkragenpulli bei der manomama bestellt. Der kam heute an und ich muss sagen, ich bin begeistert. Begeistert von der Qualität des Stoffes und der Verarbeitung. Die Nähte sind sauber genäht und man muß keine Angst haben dass sie beim ersten Tragen aufgehen. Und passen tut der Pulli sehr gut, das wird mein treuer Begleiter jetzt in der kalten Jahreszeit werden wenn ich mit unserem Hund spazieren gehe. Schön ist auch, dass man den hier abgebildeten kleinen Zettel mitbekommt und sieht, dass hinter der Herstellung des Kleidungsstückes tatsächlich Personen mit einem Namen statt Lohnsklaven mit der Nummer 123 stehen. Menschen die Dank der manomama eine Perspektive haben und einen anständig bezahlten Job. Natürlich hat der Pulli mehr gekostet als die Massenware aus Fernost beim Discounter, aber zum einen bin ich halt auch ein sozialer Depp aus Überzeugung und zum anderen flüstert mir mein Unterbewußtsein folgenden wahren Spruch ein:

Ich habe gar nicht genug Geld um billig einzukaufen.

Daher werde ich auch in Zukunft bei meinen Kleiderwünschen auch wieder bei der manomama shoppen gehen. Und Weihnachten ist ja eh bald, da muss ich dann meinen Wunschzettel ein wenig erweitern.

Bildung auf Chipkarte oder Gutschein

Vor einiger Zeit habe ich ja schon mal eine Umfrage gestartet die auch ein paar Antworten bekommen hat. Nun ist es an der Zeit, sich mal ein wenig tiefer mit den neuen Ideen der Frau von der Leyen auseinanderzusetzen.

Das angebliche Ziel ist, Kindern aus finanzschwachen Familien den Zugang zu Bildungsangeboten wie Musikunterricht oder Sportvereinen zu gewähren. Eine Stigmatisierung der Kinder soll nicht stattfinden, was schwer vorstellbar ist, wenn nur die Kinder aus finanzschwachen Familien diese Chipkarten oder Gutscheine erhalten. Zahlungen an die Eltern werden explizit mit dem Argument ausgeschlossen, dass die Eltern das Geld ja dann doch für andere Dinge (z.B. Alkohol und Zigaretten) nutzen würden. Also genau so wie man sich dank „scripted reality“ ein Hartz-IV-Familie vorzustellen hat.

Fangen wir mal auf der einfachen Seite an: Gutscheine oder Chipkarten sind aktuell keine anerkannten Zahlungsmittel. Die Musiklehrer oder Sportvereine müssen also irgendwie an ihr Geld kommen, im Falle von Gutscheinen also eine Abrechnung mit einem Dienstleister, im Falle von Chipkarten kommt zur Abrechnung auch noch die dazu notwendige Infrastruktur hinzu um die Chipkarte überhaupt lesen zu können. Als Vorstand eines Sportvereins wage ich hier starke Zweifel anzumelden, dass sich irgendwer tatsächlich die dafür notwendigen Gerätschaften anschafft oder gewillt ist, bei der Beitragsabrechnung den Sonderfall „Gutschein“ zu berücksichtigen. In meinem Verein könnte ich mir eher vorstellen, Kinder und Jugendliche einfach beitragsfrei zu stellen statt hier einen teuren Rummel zu veranstalten.

Anders wohl die Musiklehrer. Die Klavierlehrerin meiner Tochter kostet 60 Euro im Monat und darauf wird sie nicht verzichten. Und sie wird auch keine Lust haben, umständliche Abrechnungsverfahren zu machen oder gar in ihr Musikzimmer einen PC mit allem drum und dran zu stellen damit sie die Chipkarten abrechnen kann.

Der nächste Knackpunkt beim Thema Musiklehrer dürfte in den Kosten liegen. Mit den 60 Euro im Monat für den Klavierunterricht ist es ja nicht getan, das Notenmaterial muss getrennt beschafft und bezahlt werden und für einen erfolgreichen Unterricht braucht es daheim auch ein geeignetes Musikinstrument zum Üben. Das kostet aber je nach Instrument ziemlich heftig, ein Klavier dürfte vom Hartz-IV-Satz nicht bezahlbar sein. Begabte Kinder haben also keine Chance oder dürfen dann eben nur Blockflöte spielen, denn da gibt es das günstigste Instrument ja schon für unter 20 Euro?

Das eigentliche Problem mit Chipkarten und Gutscheinen haben wir aber noch gar nicht erwähnt. Wenn die Eltern des Kindes tatsächlich dem vorgeblichen Klischee entsprechen und ihr Geld lieber in Alkohol und Zigaretten investieren, dann hat das Kind trotz staatlicher Förderung durch Gutscheine oder Chipkarten ein ganz anderes Problem: Wie kommt es zum Sportverein oder Musikunterricht? Ich bin mehrere Stunden in der Woche unterwegs um meine Kinder zu diversen Freizeitaktivitäten zu fahren, aber die Klischee-Eltern die ihr Geld lieber versaufen werden das wohl kaum tun. Das Kind wäre also mit den finanziellen Möglichkeiten ausgestattet, kann sie aber nicht nutzen weil es als Kind weder einen Überblick hat welche Sportvereine es gibt oder welche Musiklehrer am Ort sind. Selbst hier in einer „besseren“ Gegend sehe ich täglich die selben Kinder auf dem Spielplatz und frage mich, ob die nicht auch gerne mal Sportverein oder Musikunterricht machen würden und das aber von ihren gut gestellten Eltern nicht gefördert wird. Illusorisch also zu glauben die miesen Klischee-Eltern würden dann ihren Hintern vom Sofa hochkriegen um für die Tochter eine Musikschule zu suchen.

Als Folge daraus werden, und das weiß die Arbeitsministerin ganz genau, dann eben nicht die zur Verfügung stehenden Mittel ausgeschöpft und damit kann man dann ganz toll begründen, dass man sich beim Bedarf verkalkuliert hat und diesen dann im nächsten Jahr rigoros zusammenstreichen kann. Im Rahmen der 5 Euro Erhöhung sagt Frau von der Leyen ja selbst:

Der Bedarf von Kindern ist eine absolute Blackbox für uns gewesen.

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, die Frau die bis vor kurzem noch die Familienministerin war („ja denkt denn keiner an die Kinder“) hat keinerlei Ahnung vom tatsächlichen Bedarf der Kinder.

Und statt gesundem Menschenverstand bemüht dann der Politiker die Statistik. So jetzt eben auch bei der Berechnung des Regelsatzes, da kommt dann ein Posten von 2,66 Euro raus für die Praxisgebühr beim Arzt. Die beträgt aber eigentlich 10 Euro im Vierteljahr und nicht 8 Euro, der bescheuerte Wert kommt eben heraus, wenn die untersuchte Stichprobe ihr Budget nicht ausgeschöpft hat. Wer schon mal mit Erbsenzählern zu tun gehabt hat kennt das, vor Geschäftsjahresende verpulvert man dann lieber übriges Geld mehr oder weniger sinnlos als zu riskieren, dass im neuen Jahr das Budget gekürtz wird weil es vorher nicht ausgeschöpft wurde.

Mein persönliches Fazit des ganzen ist daher, dass man hier wohl nur wieder einen Papiertiger schaffen will der in der Chipkartenversion dann auch noch irgend einen Infrastrukturhersteller subventioniert. Die Kinder werden nicht viel davon haben, denn um Kindern tatsächlich zu helfen und ihre Begabungen zu fördern braucht es mehr als Geld. Es braucht Menschen, die auf die Kinder zugehen und ihnen helfen. Aber Menschen haben in dieser Republik ja schon längst nur noch einen untergeordneten Stellenwert.

Boah, der Wohlstand bricht aus

Erinnern wir uns, vor noch nicht allzulanger Zeit hatten wir noch 40 Milliarden übrig um der dauerklammen HRE mal wieder aus der täglichen Notlage zu helfen. Heute wurde nun in Berlin eine Anhebung der Regelsätze für Hartz-IV beschlossen. Und hier nimmt der Staat richtig viel Geld in die Hand, jeder Hartz-IV-Empfänger bekommt 5 Euro mehr.

Und angesichts dieser Zahlen hat die Arbeitsministerin Ursula von der Leyen dann auch noch die Dreistigkeit zu behaupten, sie hätte schlimmeres verhindert weil laut Statistik die Sätze für Kinder um 12 Euro hätten gesenkt werden sollen. Und wenn ich dann folgendes Zitat lese, dann brodelt es in mir (kein guter Zeitpunkt um jetzt den Blutdruck zu messen):

„Für uns zählt: Was können die Leute ausgeben, die mit Arbeit ihr eigenes kleines Einkommen verdienen“, sagte die CDU-Politikerin der „Bild“-Zeitung vom Montag. „Auch die können sich nicht alles leisten und müssen Schwerpunkte setzen.“ Wer mehr ausgeben wolle, müsse etwas dafür tun und müsse arbeiten.

Das ist sozusagen der Gipfel der Verlogenheit von einer Politikerkaste die sich seit Jahren vehement wehrt flächendeckende Mindestlöhne einzuführen um das kleine Einkommen das viele Menschen im Niedriglohnsektor haben soweit zu erhöhen, dass es möglicherweise auch zur Existenzsicherung reichen würde. Es geht auch gar nicht darum, dass man sich „alles“ leisten kann, denn das kann auch der arbeitende Bürger in der höchsten Tarifgruppe nicht. Aber es geht darum, ein anständiges Leben führen zu können und nicht ständig am Rand des Abgrundes zu stehen. Ebenso ist die Phrase „wer mehr ausgeben wolle müsse eben arbeiten“ eine blanke Verhöhnung der Millionen von Arbeitslosen, denn es ist ja nun wirklich nicht so, dass jeder der arbeiten wollen würde auch die Möglichkeit dazu hat. Ich selbst kenne genügend Leute die arbeitslos sind und gerne arbeiten würden, aber mit knapp 50 eben keinen Job mehr finden weil sie für den Arbeitsmarkt wohl schon zu alt sind.

Der Schockwellenreiter hat das ebenfalls sehr schön kommentiert und sein Bild der sozialen Hängematte zeigt auch gleich, wieviel Geld dem Hartz-IV-Empfänger für Kleidung übrig bleibt. Bemerkenswert ehrlich ist auch der Tweet von Rechtsanwalt Stadler aus München zum Thema.

Dass jetzt die Kosten für Alkohol und Nikotin aus den Regelsätzen rausgerechnet werden fand übrigens in Bayern auch schon Beachtung. Und auch Bulo hat schon eine Karikatur zur Erhöhung der Regelsätze gemacht. Jetzt bin ich mal auf die Zeitung von morgen gespannt, wie sie uns diese Nachricht servieren wird.

Bildung auf Chipkarte?

Momentan wird der Vorschlag diskutiert Kindern aus finanzschwachen Familien den Zugang zu Freizeit- und Bildungsangeboten (Sportverein, Musikschule) mittels einer Chipkartenlösung zu ermöglichen. Bevor ich meinen eigenen Senf dazu hier schreibe erst mal eine kleine Umfrage:

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Wenn die Schule wieder los geht werde ich nochmals was dazu schreiben, bis dahin bitte fleißig abstimmen.

Und nun ein Witz

Nämlich ein Wanderwitz. So heißt der Abgeordnete der CDU der es heute auf die Titelseite der Lokalzeitung geschafft hat, mit seinem Vorschlag, dass Dicke mehr fürs Gesundheitssystem zahlen müssen als Schlanke. Besonders nett ist die Argumentation:

Er halte es für sinnvoll, dass bewusst ungesund lebende Menschen eine eigene Verantwortung auch in finanzieller Hinsicht tragen.

Hier wird impliziert, dass jeder der „dick“ ist bewusst ungesund lebt. Die Möglichkeit des krankheitsbedingten Übergewichts wird schlicht und einfach komplett ignoriert, einfach plakativ in die Kerbe „jeder Dicke ist selbst schuld“ hauen und die Bildzeitungsleser (dort wurde sein Vorschlag zuerst augegriffen) freuen sich.

An dieser Stelle möchte ich dem Herrn Wanderwitz gerne die Bücher von Udo Pollmer um die Ohren hauen. Dann würde er nämlich vielleicht lernen, dass zum einen nicht zwingend jeder Dicke sich auch „ungesund“ ernährt und zum anderen, dass die Definition von „dick“ sehr problematisch sein kann. Als Beispiel sei der Body-Mass-Index aufgeführt und das eine ehemalige Gesundheitsministerin die quasi über Nacht den als „gesund“ geltenden BMI herabgestuft hat. Über Nacht wurden so Millionen von Menschen mit einem Schlag übergewichtig, obwohl sie in dieser Nacht kein Gramm an Gewicht zugelegt haben.

Es ist auch relativ sinnfrei, wenn man nun wieder diskutiert, dass wenn Übergewichtige mehr zahlen müssten dann auch Raucher, Trinker und Drachenflieger mehr zahlen müssten. Das eröffnet nur wieder sinnlose Nebenkriegsschauplätze und lenkt von dem eigentlichen Thema ab, nämlich dass solche Vorschläge letztlich nur dem schleichenden Abbau aller Solidaritätssysteme Vorschub leisten sollen. Ebenso wie man mittlerweile Arbeitslose als Sozialschmarotzer tituliert ist so ein Vorschlag geeignet um Dicke dann als „Gesundheitssystemschmarotzer“ zu titulieren.