Die Vertraulichkeit von Kommunikation

Eine der Grundfesten unseres Rechtsstaates ist die Vertraulichkeit von Kommunikation. Dafür hat das Grundgesetz in Artikel 10 das Briefgeheimnis definiert. Diese Vertraulichkeit der Kommunikation sollte auch für Emails gelten. Technisch ist eine Email natürlich nur Text der von meinem Client an meinen Postausgangsserver verschickt wird und von dem dann wieder an den Mailserver des Empfängers geschickt wird. Klar, dass man an jedem Punkt dieser „Verbindungsstrecke“ die Mails mitlesen kann solange sie nicht verschlüsselt sind.

Etwas in der Art scheint nun bei der CDU-Fraktion in der Stadt Geldern passiert zu sein. Heise Online berichtet dass Mails an Mitglieder der Fraktion wohl nicht in den Postfächern der Adressaten landeten, sondern erst mal ein „virtuelles Umleitungsschild“ sahen welches eingehende Mails in das Postfach der Fraktionsspitze, einer Frau Marianne Ingenstau umleitete.

Ingenstau bestätigte laut Rheinische Post die „Umleitung“ der E-Mails über die Fraktionsspitze: Man mache das seit etwa einem Jahr so. Sie verglich demnach das Einsehen der privaten E-Mails mit dem Lesen von Postkarten und sieht deshalb keine rechtlichen Probleme beim Umleitung der Mails.

Ja, man kann Postkarten lesen, trotzdem hindert mich mein Respekt vor Artikel 10 GG daran, das zu tun wenn die Postkarte nicht an mich adressiert ist. Man kann auch offenstehende Wohnungen betreten, trotzdem würde ich das nur dann tun, wenn ich entweder vom Wohnungsinhaber eingeladen werde das zu tun oder berechtigten Grund zur Annahme haben muss, dass dieser vielleicht hilflos in der Wohnung liegt und daher meine Hilfe benötigt. Ansonsten gilt für mich einfach kategorisch Artikel 13 GG.

Es zeugt von einem sehr exotischen Rechtsverständnis der CDU-Fraktionsspitze in Geldern, wenn die private Kommunikation der Fraktionsmitglieder vom Vorstand überwacht wird. Eine Mail-Adresse wie Vorname.Nachname@CDU-Geldern.de ist für mich eine „private Adresse“ und als Mail-Sender würde ich erwarten, dass meine Mail dort beim Fraktionsmitglied ankommt. Vielleicht sollte jemand den Politikern mal den Unterschied zwischen „role based“ und „private“ verklickern. Natürlich wäre es legitim, Mailadressen wie „Vorstand@CDU-Geldern.de“ oder „Auschuss-fuer-X@CDU-Geldern.de“ einzurichten und die Mails an solche Adressen dann in verschiedene private Postfächer zu leiten. Eine Default-Umleitung von privaten Mails an eine „Kontrollinstanz“ ist aber in keinem Fall ein Instrument welches in einem freiheitlichen Rechtsstaat angewendet werden sollte.

Und wenn so etwas dennoch passiert, dann nicht weil das Internet ein rechtsfreier Raum ist, sondern weil es immer wieder Leute geben wird, die die Freiheiten und Rechte die wir uns in langen Jahren erkämpft haben nicht respektieren und mißachten. Und genau deswegen werde ich am 27. September mein Kreuz bei der Piratenpartei machen, denn die steht für die Wahrung dieser Grundrechte und nicht wie die „bürgerlichen Parteien“ die eher für den Abbau der bürgerlichen Grundrechte stehen.