Münchens zweiter Bürgermeister Schmid muss mal wieder gegen Linux und Open Source wettern, und dabei wieder mal demonstrieren, dass er außer seltsamen Vorwürfen und dummen Phrasen nix auf Lager hat. Gerade purzelte mir der verlinkte Artikel im Newsfeed rein, also werde ich mal meinen Senf dazu geben, aber hier und nicht im Heise-Forum das für solche Themen ja die Trolle anzieht wie Licht die Motten.
Laut Heise erklärt Schmid es erst mal so:
Gerade München als einer der führenden IT-Standorte brauche eine „funktionierende, zeitgemäße IT-Ausstattung der eigenen Verwaltung, um auf Augenhöhe mit Wirtschaft und Gesellschaft wahrgenommen zu werden“.
München als führender IT-Standort? War das schon immer so, oder ist das jetzt der neue Slogan weil Microsoft ihre Zentrale in München eröffnet hat? Das sieht mir aktuell ein wenig zu sehr nach Hochglanzprospekt aus der Microsoft-Marketing-Abteilung aus. Aber egal, es wird ja noch besser.
- „funktionierende“ implziert, dass im gegenwärtigen Zustand etwas nicht funktioniert. Schmid behauptet das seit man wieder an LiMux rumnörgelt, kann aber keinerlei wirklich nachprüfbare Besipiele für Probleme der Art „funktioniert nicht“ liefern.
- „Zeitgemäße IT-Ausstattung“. Super Herr Schmid, da ich selbst bei einem IT-Zulieferer arbeite der jedes Jahr die neusten Chipsätze zu tollen PCs, Workstations und Servern veredelt bin ich natürlich entzückt, wenn sie in München künftig regelmäßig neue und zeitgemäße Aussatattung anschaffen wollen. Die paar Nörgler aus der Ecke des Kämmerers welcher bestimmt über knappe Kassen in der öffentlichen Verwaltung lamentieren wird kann man sicher überzeugen und vielleicht legt ja der neue Freund aus Redmond ein Sponsoring-Programm auf um das alles zu finanzieren.
- „Augenhöhe mit Wirtschaft und Gesellschaft“. Eine Stadtverwaltung hat zu funktionieren, sie gießt die gesetzlichen Vorgaben in verwaltungstechnische Prozesse und als „Kunde“ derselben erwarte ich einfach, dass es funktioniert. Funktioniert über bekannte Vorgänge und Prozeduren. Würde mir z.B. meine Stadtverwaltung ein Formular als „docx“-Datei anbieten (weil ja jeder auf diesem Planeten die neueste Version von Microsoft Office hat), dann müsste ich festetellen, dass wir nicht auf gleicher Augenhöhe kommunizieren, denn proprietäre Formate sind ein Niveau auf das ich sehr ungern herabsteigen möchte.
Auch bei der Nutzung von mobilen Geräten scheint Schmid enorme Stolpersteine zu finden:
Es könne nicht sein, dass städtische Mitarbeiter bei der Vereinbarung von Terminen nicht auf ein mobiles Endgerät genutzt werden könne, „weil man keinen nutzerfreundlichen Zugriff auf die entsprechenden Programme hat“.
Ich selbst stolpere bei diesem Satz erst mal über die grauenhafte Grammatik, aber vielleicht hat die ja auch der Autor des Newsticker-Artikels zu verantworten. Was ich hingegen nicht verstehen kann sind die technischen Probleme von denen Schmid da spricht. Mobiler Mailempfang ist kein Hexenwerk, und auch die Synchronisation mit Terminkalendern ist eigentlich kein Problem. Da stellt sich natürlich die Frage, ob es sich hierbei wieder um ein Layer-8-Problem handelt. Die andere Frage wäre natürlich, wieviele der städtischen Mitarbeiter tatsächlich für ihre Aufgaben ein mobiles Gerät nutzen. Wenn ich hier in die Ämter komme, dann sehe ich viele Leute hinter den PCs die dort ihre Arbeit mit den dafür erstellten Fachanwendungen machen. Könnte es vielleicht sein dass nur die Bürgermeister von diesem Problem betroffen sind weil sie sich selbst zu wichtig nehmen?
Wenn es nicht so traurig wäre könnte man ja wirklich darüber lachen, aber so wie es aussieht setzen die neuen Münchern Häuptlinge alles daran, möglichst bald dem Geschäftsfreund einen tollen „Modernisierungsauftrag“ zu geben. Ist ja alles kein Problem, zahlt ja der Steuerzahler und die Mitarbeiter die gerade die eine Migration hinter sich haben freuen sich natürlich auf die nächste, denn so was macht ja richtig Spaß und Freude.
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Neben der Bereitung des möglichen Bodens für die Abschaffung von LiMux und die Einführung eines proprietären Formats hört sich diese Diskussion für mich auch so an, als würden sich einige aus der Verwaltung eher mit sich selbst beschäftigen als ihren Auftrag, Bürgerservice, erfüllen zu wollen.
Möglich auch, dass Herr Schmid chronisch unterbeschäftigt ist und daher solche Diskussionen anstoßen kann. Man sollte ihm dringend eine Aufgabe geben, die ihn ausfüllt und davon abhält sich mit Unsinn zu beschäftigen.
Dies ist jedoch symptomatisch für viele Verwaltungen, ob freie Wirtschaft oder ÖD.