Game over?

Ende 2022 habe ich angefangen, mein Musik-Üben mit Klavier, Gitarre, Bass und Ukulele auf die App Yousician zu verlagen. Nun nach eietwas mehr als einem halben Jahr ziehe ich Bilanz meiner bisherigen Erfahrungen und die sind aktuell gar nicht mehr so positiv wie am Anfang. Vielleicht leigt das auch daran, dass ich unlängst das Buch „Essentialism“ von Greg McKeown gelesen habe, aber ich habe die letzten Tage mal reflektiert und überlegt, wie ich meine Erfahrungen mit der App aus Sicht des „Essentialism“ bewerten soll.

Stress statt Spaß

Ja, ich weiß, das was ich jetzt schreibe ist erst mal mein ureigenstes Problem. Aber leider bin ich zu sehr Perfektionist, also möchte ich natürlich meine Songs bei Yousician mit 3x Gold abschließen, was aber in den höheren Leveln gar nicht mehr so einfach ist. In den letzten Tagen habe ich dann festgestellt, dass nach einer Übungsrunde die mich eigentlich entspannen sollte ich zu sehr genervt war, weil ich immer an irgend einer Stelle scheitere. Und hier kommen wir zu den technichen Problemen die mich nerven.

Technische Probleme

Wenn Yousician eine Note als „falsch“ ansieht, dann kann das zwei Gründe haben:

  • Es wurde tatsächlich eine falsche Note gespielt, also z.B. ein „E“ statt eines „F“.
  • Die Note wurde zu früh oder zu spät angeschlagen.

Nun passiert es mir immer wieder, dass ich „rote“ Noten sehe, aber keinerlei Information über den Fehler den ich gemacht habe. Ok, wenn eine Note perfekt gespielt ist wird ein Schriftzug „Perfect“ kurz eingeblendet, aber es passiert mir immer wieder, dass etwas „rot“ wird ohne dass es klar ist, ob das zu früh oder zu spät gespielt wurde. Hier würde ich mir einfach eine Funktion wünschen mit der ich am Ende des Songs einfach zurückscrollen kann um abzufragen, wo genau meine Fehler waren. Das geht aber nicht. Und so habe ich den Eindruck, dass es wohl irgendwie daran scheitert, dass ich vielleicht eine Hunderstelsekunde zu früh oder zu spät dran war, also nix was das Stück „schlecht“ klingen lassen würde, aber Yousician sieht es halt als Fehler an.

Noch mehr genervt bin ich beim Klavierspielen. Hier erfreut einen Yousician mit einer sehr variablen Scrollgeschwindigkeit, sprich eine Takt mit einer punktierten halben Note (also 3 Schläge) , einer Achtelpause und einer Synkopierten Achtelnote die mit der ganzen Note im nächsten Takt verbunden ist scrollt erst mal langsam, dann wenn die Sequenz Achtelpause-Achtelnote scrollte Yousician plötzlich wesentlich schneller um dann bei der ganzen Note im nächsten Takt wieder in den langsamen Modus zu verfallen. Das ist maximal irritierend und so nervig, dass Stücke mit vielen Synkopen überhaupt keinen Spaß mehr machen.

Lernprobleme

Das nächste Ding, das mich stört ist genau dieses horizontale Scrollen. Klar, man kann zum Üben auch mal die Geschwindigkeit des Songs senken, aber wenn ich jetzt einen neuen Song lerne, dann lief das bisher so, dass ich mir das Notenblatt angeschaut habe und mir erst mal als „Trockenübung“ überlegt habe, welche Fingersätze ich brauche und wo es knifflig werden könnte. Yousician bietet mir keinen solchen Überlick, ich muss mich durch den Song scrollen und hoffen, dass die Practice-Funktion nicht gleich loslegt während ich noch überlege. Und natürlich lerne ich auf die herömlliche Tour den Song so, dass die einfachen Stellen vielleicht schon im richtigen Tempo gespielt werden, die kniffligen aber etwas langsamer, weil ich da noch stolpere. Yousician zieht den Song von vorne bis hinten durch, und am Ende weiß ich nicht mal so genau, was ich falsch gemacht habe (siehe oben).

Was habe ich gelernt?

Die nächste Frage, die ich mir diese Woche gestellt habe war, was habe ich eigentlich gelernt. Klar, ich bin durch verschiedene Level gegangen, habe verschiedenste Stücke so lange geübt bis sie 3x Gold waren (oft nur Abschnitt für Abschnitt) und dann ging es zum nächsten Stück, und was vorher war ist aus den Augen und aus dem Sinn, sprich ich kann nicht auf ein Repertoire an Stücken blicken von denen ich sagen kann, die kann ich bei jeder Gelegenehit wieder spielen. Auf der anderen Seite habe ich aber z.B. die Stücke die ich aus dem Buch „Alfreds Klavierschule für Erwachsene“ geübt habe so gut geübt, dass ich vieles davon einfach auswendig spielen kann. Auf der Yousician-Seite also die Jagd nach den goldenen Sternen ohne nachhaltig was zu lernen, auf der anderen Seite keine Sterne, aber mehr Lerneffekt.

Und was man auch nicht vergessen sollte. Mein Klavierschulen-Buch steht im Regal, ich kann das jederzeit aufschlagen, mir ein Stück raussuchen und das spielen, wenn ich es nicht mehr auswendig kann. Yousician hingeegen braucht eine Internet-Verbindung, das war neulich sehr lustig als hier einen Tag lang das DSL ausgefallen war, da war auch mit Yousician nix los. Und am Ende ist meine „Songbibliothek“ in der App weg wenn ich das Abo kündige, ich habe also nix. Keine gedruckten Noten, nur eine vage Erinnerung.

Und nun?

Mein Abo läuft noch eine Weile, aber aktuelle habe ich für mich entschieden, dass ich jetzt mal eine Pause bei Yousician mache. Jetzt nehem ich wieder die gedruckten Schulen mit den Noten raus und übe mit denen als Basis. Und nach zwei Tagen ohne die App fühle ich mich deutlich weniger genervt, das Musikmachen macht wieder Spaß und entspannt, statt mich in eine endlose Loophole zu ziehen nur um endlich irgendwas mit 3x Gold abzuschließen. Jetzt gibt es da keine superpenible App die mich kritisiert, sondern solange es sich gut anhört bin ich zufrieden und ja , meine Fehler merke ich selbst und kann sie korrigieren. Und zum Glücke habe ich ja auch ausreichend Notenmatieral in gedruckter Form, so dass es mir nicht langweilig wird. Und bei der Gitarre ist der Lerneffekt noch größer, da meine „Schule der Rockgitarre“ keine Tabs hat muss man die Noten lesen und überlegen, wo man das am besten auf dem Griffbrett greift. Das gibt mir wieder das Gefühl, tatsächlich was zu lernen als am Ende nur ein Spiel zu spielen um den Highscore zu erreichen. Mal sehen ob ich irgendwann wieder Lust auf die App bekomme, aber momentan sieht es nicht so aus.