Links für 2010-06-08 (Sparpaket-Special)

Heute ein paar lesenswerte Links die sich mit dem neusten Sparpaket der Regierungskoalition befassen:

  • Die Maske ist gefallen“ – Wolfgang Lieb von den NachDenkSeiten mit seinen Einschätzungen zum Sparpaket.
  • Schwarz-Gelb läßt das Volk bluten“ – Spiegelfechter Jens Berger auf Telepolis mit seiner Analyse des Sparpaketes.
  • Bankrott des Neoliberalismus“ – Weissgarnix mit einer sehr fundierten Analyse und der Erkenntnis, dass wir nach 30 Jahren der Konsolidierung am Abgrund stehen. Einer der besten Artikel zum Sparpaket die ich heute gelesen habe.
  • Auf die Straße“ – Monika Kappus ruft in diesem bei der Frankfurter Rundschau veröffentlichten Kommentar offen zum Widerstand auf der Straße auf.
  • Käßmann ruft zu Widerstand gegen das Sparpaket auf“ – Auch das ehemalige Nachrichtenmagazin berichtet davon, dass der ehemaligen Ratsvorsitzenden der evangelischen Kirche der Kragen platzt und sie offen zum Widerstand aufruft.
  • Gewerkschaften rufen zu Protest auf“ – Auch der Focus weiß zu berichten, dass die Arbeitnehmervertreter mit dem Sparpaket ganz und gar nicht einverstanden sind.
  • Massive Kritik am Sparpaket“ -  Die Augsburger Allgemeine gibt einen Überblick über die kritischen Reaktionen.

Übrigens: In anderen Ländern innerhalb der EU die ähnlich unsoziale Sparpakete beschlossen haben oder beschließen wollen gehen die Leute auf die Straße. Hier in Deutschland werden am kommenden Wochenende Demos in Berlin und Stuttgart unter dem Motto „Wir zahlen nicht für eure Krise“ stattfinden.

Die psychologische Marke von 6000

wurde heute laut Zeitung wieder mal vom Dax unterschritten. Warum ist diese Marke psychologisch wichtig. Vielleicht sollte man sich mal das hier genau anhören:

Da kann ich nur zustimmen. Eine Politik die sich an den Öffnungszeiten der Börse in Tokio orientiert ist ein Armutszeugnis für dieses Land.

Wir kochen über

Zumindest mein Zorn ist kurz vor dem Überkochen wenn ich das lese, was der hessische Chef-Koch gerade wieder abgelassen hat: Wir leben über unsere Verhältnisse. Und darum müssen wir auf die Schuldenbremse treten, denn schließlich soll die Schuldenneuafnahme im Jahr 2016 nur noch 6 Milliarden Euro betragen.

Wie diese Bremse aussehen wird ist klar: Vollbremsung bei allen Sozialleistungen, Roland Koch will ja schon bei der Kinderbetreuung und der Bildung sparen. Früher war unter Schülern der Witz verbreitet, dass man eigentlich den Status des politischen Gefangenen haben müsste weil die Schulpflicht ja existiert, damit unser Land nicht irgendwann mal von totalen Vollidioten regiert wird. Mission failed würde ich sagen, wenn ich die heutige politische Elite anschaue.

Allerdings verkündet Koch ja nichts wirklich Neues. Wie ein DejaVu sehe ich einen Bundeskanzler Schröder vor mir der dem geschockten Volk verkündet, dass man lange über seine Verhältnisse gelebt hat und zuviel Mitnahmementalität herrscht. Es sei daher notwendig dass man den Gürtel enger schnalle und die Deutschland AG ein einer gewaltigen Anstrengung namens Agenda 2010 wieder auf Kurs bringe. Was uns diese zukunftsweisende Politik gebracht hat sehen wir an den Heerscharen der Arbeitslosen die ohne Aussicht auf einen Job von den Jobcentern verwaltet und geknechtet werden. Und an den schönen Statistiken zur Lohnentwicklung in den letzten 10 Jahren. Da dürften wir das Schlußlicht in Europa sein und dank unserer Lohnzurückhaltung konnten wir uns zum Exportweltmeister auschwingen was anderen Ländern in der Eurozone ein massives Außenhandelsdefizit einbrachte. Kein Problem, das finanzieren wir jetzt mal schnell mit neuen Kreditien die sich in der Größenordnung eines halben Bundeshaushaltes bewegen, mal kurz und schmerzlos beschlossen, denn es gibt ja angeblich keine Alternative.

Und natürlich mussten wir die Banken retten, denn die waren ja systemrelevant wie man uns erzählt. Und jetzt kommt dieser Kotzbrocken daher und erzählt uns, dass wir über unsere Verhältnisse leben würden. Ja Herr Koch, ich lebe tatsächlich über meine Verhältnisse. Denn auch mein Konto ist permanent überzogen und trotzdem gebe ich Geld für Dinge aus, die ich nicht brauche. Beispielsweise Windeln für das Kind unserer Freundin die finanziell noch schlechter gestellt ist als wir und der wir trotzdem helfen weil die staatliche Hilfe hier offensichtlich versagt. Und obwohl ich weiß, dass diese Investition in Windeln sozusagen „voll für den Arsch“ ist mache ich das viel lieber als unserem Staat einen Teil meines sauer verdienten Geldes in Form von Steuern zu geben, denn das ist zwar genauso „für den Arsch“, nur eben etwas abstrakter. Aber da ich ja abhängig Beschäftigter bin habe ich eh keine Chance, Steuern nicht zu zahlen, denn das holt sich der Staat ja schon bevor mein Gehalt überwiesen wird. Und der karge Rest wird dann mit Verbrauchssteuern belastet.

Nicht dass man mich falsch versteht. Ich bin durchaus für Steuern und würde ich wissen, dass das Geld zu wirklich sinnvollen Dingen verwendet wird dann wäre das auch ok. Wenn ich aber sehe, wie unser aller Steuergeld in marode Banken gepumpt wird und man nun eine gescheiterte Währung krampfhaft am Leben erhalten will ohne aber die Ursachen für das Scheitern zu eliminieren, dann kriege ich so richtig Lust auf Frust.

Und wenn da noch so ein neoliberaler Einpeitscher kommt der mein ich müsse meine Gürtel enger schnallen, dann ist irgendwo die Schmerzgrenze erreicht. Aber warten wir mal auf die nächste Stufe in dieser Spardebatte, da werden dann voraussichtlich wieder diverse Opfer der verkorksten Politik der letzten Jahre gegeneinander ausgespielt. Business as usual.

Nicht die Spekulanten sind schuld

an der Krise des Euro sondern die Schulden. So jedenfalls der Experte Kai Carstensen vom Ifo-Institut der heute in der Augsburger Allgemeine zitiert wird. Eine Begründung dafür hat er auch, die Schulden waren schließlich schon da als die Spekulanten kamen.

Transportieren wir diese bestechende Logik doch mal auf ein anderes Szenario. Wenn ich an einer Tankstelle mit einem Flammenwerfer aufkreuze und damit Unsinn mache, dann besteht durchaus die Wahrscheinlichkeit, dass die Kombination aus Tankstelle und Flammenwerfe in die Luft fliegt. Aber natürlich ist dann die Tankstelle daran schuld, die war ja vorher schon da und ich mit meinem Flammenwerfer bin total unschuldig.

Na ja, von einem „Experten“ der vom Ifo-Institut bezahlt wird habe ich auch keine wirklichen Argumente erwartet.

Jeder Deutsche bürgt mit 275 Euro für Griechenland

Das war heute der Aufmacher in unserer Zeitung. Und damit reiht sich die Augsburger Allgemeine in beschämender Weise in die Reihe derer ein, die statt einer ausgewogenen Berichterstattung über die Krise lieber nach dem Motto „immer feste drauf“ an der Hetzkampagne gegen Griechenland mitmachen.

Was sind schon 275 Euro Bürgschaft im Vergleich zu den etwas mehr als 6000 Euro Bürgschaft die uns aufgebürdet wurde als man sich neulich anschickte die Banken zu retten? Peanuts, nichts als Peanuts. Aber das verschweigt die Mainstream-Presse lieber also muss man sich wieder im Internet informieren.

Den aktuell besten Artikel über den Krisenmythos Griechenland und die Ursachen der Krise hatte heute Telepolis. Der Spiegelfechter schrieb bereits gestern, dass man nun die Schock-Strateie für Griechenland anwenden will, also die komplette neoliberale Palette ausschöpft und so das Problem eher vergrößert als löst. Freeman auf „Alles Schall und Rauch“ listet heute auch die noch schärferen Sparmaßnahmen für Griechenland auf: Löhne runter, Verbrauchssteuern rauf. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die reiche Elite in Griechenland von Steuern weiterhin verschont bleibt, die Zeche zahlt also auch in Griechenland der kleine Mann.

Da diese Maßnahmen vom IWF diktiert werden stellen die NachDenkSeiten dann auch die Frage, ob dieses Maßnahmenpaket irgend eine demokratische Legitimation hat. Der Beschluß im Bundestag wurde ja ebenfalls im Eiltempo durchgepeitscht obwohl genau solch ein Gesetz eigentlich hätte viel ausführlicher disktuiert werden müssen. Symptomatisch allerdings für die ignorante Merkel-Regierung die dann eben wieder panikartik reagiert statt klug zu agieren.

Natürlich sieht jeder halbwegs vernünftige Mensch, dass der Maßnahmenkatalog den man jetzt gegen Griechenland anwenden will bestenfalls geeignet ist, die Armut im Land zu vergrößern und das Land noch tiefer in den Dreck zu ziehen. Radio Utopie hat daher heute einen Hinweis auf das kommende Destaster veröffentlicht, eine Erklärung von Mikis Theodorakis.

All das sind Informationen die man in der Tagespresse leider nicht findet.  Da wundert es dann auch nicht, wenn  Michalis Pantelouris in seinem „Print würgt“-Blog fragt: „Interessiert eigentlich jemanden, was in Griechenland wirklich passiert?

Wenn man sich die Schlagzeilen der letzten Tage ansieht, dann eher nicht. Ein sachliches Auseinandersetzen mit der Krise bringt ja auch weniger Leser als reißerische Schlagzeilen der Springer-Presse wie „Warum sollen wir die Luxus-Renten der Griechen zahlen?“. Manchmal schäme ich mich wirklich für die sogenannte „freie Presse“ in unserem Land.

Pleitegeier über der Akropolis

Griechenland ist pleite. Das Land bittet jetzt um Finanzhilfen aus der EU und die Presse überschlägt sich mit schlauen Kommentaren. Die Schlagzeile der Bildzeitung die ich heute irgendwo liegen sah war „Jetzt wollen die Griechen unser Geld“. Und in der Augsburger Allgemeinen kann man lesen: „Merkel: Athen muß sich die Hilfe erst verdienen“.

Na wie bescheuert ist das denn? Liebe Bildzeitungsleser, man könnte es auch so formulieren, dass die Griechen jetzt einen Teil des Geldes wieder haben möchten den sie im Laden des „Exportweltmeisters“ Deutschland gelassen haben. Eine sinnvolle Maßnahme um den unseligen Außenhandelsüberschuß in Deutschland abzubauen, denn eine Währungsunion kann eigentlich nur richtig funktionieren, wenn alle Mitglieder eine mehr oder weniger ausgeglichene Bilanz haben. Flassbeck kann das genauer erklären als ich.

Und wenn ich das Gejammer sehe, dass die Politik nun um die möglicherweise 8,4 Milliarden Euro macht, die man an Griechenland zur Hilfe überweisen muß, dann habe ich ein sonderbares DejaVu. Ich denke mich erinnern zu können, dass vor noch nicht allzu langer Zeit ein deutscher Finanzminister problemlos und ohne lange zu fackeln mehr als 10 Milliarden Euro in eine Bank namens IKB pumpen konnte ohne dass ihm einer eine Strick daraus gedreht hat. Und als dann die Hypo Real Estate „systemrelevant“ wurde erhielt die auch mal flugs weit über 100 Milliarden Euro vom Staat.

Wobei die „notleidenden Banken“ letztlich nur das Problem hatten, dass sie sich gnadenlos verzockt hatten und die von ihnen errichteten Luftschlösser dann wie Seifenblasen geplatzt sind. Bei einem Land stelle ich mir in meiner Naivität durchaus vor, dass die Haushaltsausgaben zum Teil eben auch für die sogenannte Daseinsvorsorge fließen, also Investitionen in Infrastruktur und Soziales. Dinge, die ich ohne weiteres als „systemrelevant“ empfinde, ganz im Gegensatz zu irgendwelchen Spekulationsblasen.

Aber klar, Griechenland muss jetzt natürlich die von der „Gemeinschaft“ und vor allem dem IWF verordneten Reformen durchziehen, sonst gibt es keine Kohle. Was dabei rauskommt kann man sehr schön im Buch „Schockstrategie“ von Naomi Klein nachlesen.

Die nächste Finanzkrise trifft uns nicht

Steht so jedenfalls heute auf der Titelseite unserer Zeitung. Die Banken müssen jetzt einen Topf einrichten in der sie dann sozusagen einen Notgroschen bereitstellen um bei der nächsten Krise dann sich selbst zu helfen. Pro Jahr sollen so 1,2 Milliarden Euro zusammenkommen.

Aber hallo! An der Stelle frage ich mich ernsthaft ob die liebe Politik uns mit so einer Maßnahme total für blöd verkaufen will. 1,2 Milliarden Euro pro Jahr als „Notgroschen“. Gucken wir mal an was die Hypo Real Estate für ihre Rettung benötigt hat, dann müssen die Banken schon mal über 100 Jahre sparen um so eine Schieflage abzufedern. Und wenn wir uns dann an den Bankenrettungsfonds mit 480 Milliarden Euro erinnern, dann sollte auch dem dümmsten aller Politiker (ich will hier ja keine Namen nennen) klar sein, dass dieser Bankenfond bestenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein ist.

Solange auf diesem Planeten das tägliche Volumen für Finanztransaktionen zu mehr als 97 Prozent auf Spekulation besteht und bestenfalls 3 Prozent der Summe tatsächliche Waren oder Dienstleistungen entgegenstehen ist Hopfen und Malz verloren. Da hilft auch kein wie auch immer gearteter Fond, da hilft eigentlich nur das Verbieten von hochriskanten Spekulationsgeschäften oder diese mit einer so deftigen Steuer zu belegen, dass sie ihren Reiz verlieren. Alles andere ist reiner Alibi-Aktionismus und schützt uns nicht vor der nächsten Rechnung aus dem Casino.

Verfassungsbeschwerde gegen ELENA

Der ELektronische ENtgelt NAchweis ist alles andere als erwünscht, insbesondere wenn man sieht, wieviele Daten hier zentral gesammelt weden sollen. Darum hat der FoeBuD jetzt eine Verfassungsbeschwerde gegen ELENA angeleiert. Daran kann sich jeder beteiligen, allerdings ist die Investition von 55 Cent für die Briefmarke notwendig, da hier ein Formular ausgedruckt und an den beauftragten Rechtsanwalt geschickt werden muss. Eine Investition die in meinen Augen sehr sinnvoll ist. Ich habe daher mein Formular schon ausgedruckt, unterschrieben und morgen geht es zur Post. Ja, es eilt, denn bis spätestens 25. März sollen die Formulare abgeschickt werden da noch vor dem 1. April die Verfassungsbeschwerde eingereicht werden muss.

Links für 2009-11-19

So, bevor ich mit dem Hund rausgehe noch ein paar Links auf sehr lesenswerte Artikel:

  • Wir riestern uns arm“ – Der Spiegelfechter mit einem Artikel zur Riesterrente und ihren Konsequenzen für die Konjunktur
  • Verleger wollen neues Leistungsschutzrecht“ – Ingo Jürgensmann über die neuen Lüftschlösser der Verleger die das Internet nicht verstanden haben. Ich denke, da wird irgendwann eine GEZ für Blogger herauskommen.
  • Zahl des Tages“ – Der heutige Wirtschafsquerschuss beleuchtet die finanzielle Situation der USA heute. Passt wunderbar zur Analyse von Freeman von gestern.