Sieger nach „Elfmeterschießen“: Christian Wulff

So, nach einer stundenlangen Zitterpartie hat Deutschland nun wieder einen Präsidenten. Es ist der Wunschkandidat der Kanzlerin, Christian Wulff. Allerdings benötigte er drei Anläufe um die notwendige Mehrheit zu erhalten. Für die Kanzlerin ist das in meinen Augen eine schallende Ohrfeige die ihr da verpasst wurde. Hätte sie ein wenig Rückgrat, dann würde sie die Vertrauensfrage stellen. Und bei Neuwahlen hätten wir sogar die Option die FDP loszuwerden, die liegt laut Meinungsumfragen ja gerade mal bei 4 Prozent.

Bahnprivatisierung mal anders

Kaum ist WM in Südafrika, da haben wir auch schon südafrikanische Verhältnisse hier. Die Armut in den Townships von Südafrika sorgt immer wieder dafür, dass alles verschwindet was nicht besonders gesichert ist und so sieht man an Autobahnen dann die Mobilfunkmasten eingeigelt hinter Stacheldrahtverhau.

Nun scheint das kreative Recyclen von Altmaterial auch in Deutschland Nachahmer gefunden zu haben. Die Bahnverbindung Berlin-Hannover war heute zeitweise unterbrochen weil 800 Meter der Oberleitung fehlten. Aber vielleicht wollte auch nur jemand ein Zeichen gegen die Bahnprivatisierung setzen und war der Meinung, dass ihm als Steuerzahler das Stück Oberleitung gehört.

Der Anfang vom Ende

scheint gerade auf der politischen Bühne in Berlin inszeniert zu werden. Sogar das ehemalige Nachrichtenmagazin hat als Titel diese Woche nur „Aufhören!“ und fordert sozusagen das Ende der Koalition des Schreckens. Das unlängst beschlossene Sparpaket bringt die Volksseele zum Kochen und tatsächliche Wirtschaftsexperten nehmen den „Zu-Tode-Sparkurs“ der Deutschen heftig unter Kreuzfeuer. So urteilte der Nobelpreisträger über die Sparmaßnahmen in Europa „Madmen in Authority„, zu deutsch „Verrückte an der Macht„. Krugmann steht mit dieser Einschätzung nicht alleine da. Auch Heiner Falssbeck haut heute auf den NachDenkSeiten in die gleiche Kerbe:

Die kleine logische Hürde, dass es schlicht unmöglich ist, dass alle ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern und Leistungsbilanzüberschüsse haben, kümmert uns nicht. Wir werden uns doch bei ideologisch bedeutsamen Fragen nicht von der Logik stören lassen.

Genial. Und Heiner Flassbeck weiß ganz genau wovon er spricht denn Seit November 2000 ist er Chef-Volkswirt (Chief of Macroeconomics and Development) bei der UNO-Organisation für Welthandel und Entwicklung (UNCTAD) in Genf. Und als Volkswirt hat er wohl weitaus mehr Kompetenz in Sachen Volkswirtschaft als unser Wirtschaftsminister Brüderle oder Finanzminister Schäuble obwohl die beiden auch Wirtschaftslehre und Brüderle sogar Volkswirtschaftslehre studiert haben. Aber entweder haben sie in ihrem Studium nicht aufgepasst oder sie haben sich so in die neoliberale Ideologie verrannt, dass sie sehenden Auges in der Abgrund gehen. Flassbeck beschreibt das in einer deprimierenden Zukunftsvision:

So ist das Ergebnis ganz einfach. Die Europäer gehen gemeinsam in die Deflation, weil überall der Gürtel enger geschnallt und Löhne gesenkt werden. Die kurzfristigen Gewinne an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem Rest der Welt durch die Lohnsenkung und den schwachen Euro werden sie eine Weile in dem Glauben bestärken, den richtigen Weg gefunden zu haben. Dann, wenn es eigentlich schon endgültig zu spät ist, werden sie sich noch über die Aufwertung des Euro freuen, der steigt, weil die ganze restliche Welt einschließlich Chinas zum Superschuldner des Eurolandes geworden ist. Erst in der großen Krise des Jahres 2015 werden sie endgültig feststellen, dass dieses Europa keine Zukunft hat. Dann wird man den einfachen Menschen in Deutschland, die schon 15 Jahre keinerlei Einkommenszuwachs und keinen Konsumzuwachs mehr gesehen haben, wieder erklären, dass sie zu lange über ihre Verhältnisse gelebt haben.

Eine Vision die eine Wahrscheinlichkeit irgendwo sehr nahe bei 1 hat wahr zu werden. Denn mittlerweile gibt es die ersten Zahlen aus dem unlängst mit Spardiktat geretteten Griechenland. Das Querschüsse-Blog schreibt dazu:

„Griechenlands unlösbares Dilemma“ bleibt erhalten, da die griechischen Sparprogramme im Schlepptau der Hilfen der EU und des IWFs die Wirtschaft abwürgen! Damit bleibt die „Voodoo-Ökonomie“ auf Kurs, neue Schulden refinanzieren die alten, aber eine Tilgung der Verbindlichkeiten wird wegen fehlender Leistungsfähigkeit der Wirtschaft immer unwahrscheinlicher.

Na dann. Zurücklehnen und zuschauen, wie der Kapitalismus mit Donnergetöse gegen die Wand fährt. Dummerweise wird die neoliberale Doktrin wieder Millionen von Menschen verelenden lassen und andern bis zum Schluss die Illusion von Reichtum geben.

Links für 2010-06-08 (Sparpaket-Special)

Heute ein paar lesenswerte Links die sich mit dem neusten Sparpaket der Regierungskoalition befassen:

  • Die Maske ist gefallen“ – Wolfgang Lieb von den NachDenkSeiten mit seinen Einschätzungen zum Sparpaket.
  • Schwarz-Gelb läßt das Volk bluten“ – Spiegelfechter Jens Berger auf Telepolis mit seiner Analyse des Sparpaketes.
  • Bankrott des Neoliberalismus“ – Weissgarnix mit einer sehr fundierten Analyse und der Erkenntnis, dass wir nach 30 Jahren der Konsolidierung am Abgrund stehen. Einer der besten Artikel zum Sparpaket die ich heute gelesen habe.
  • Auf die Straße“ – Monika Kappus ruft in diesem bei der Frankfurter Rundschau veröffentlichten Kommentar offen zum Widerstand auf der Straße auf.
  • Käßmann ruft zu Widerstand gegen das Sparpaket auf“ – Auch das ehemalige Nachrichtenmagazin berichtet davon, dass der ehemaligen Ratsvorsitzenden der evangelischen Kirche der Kragen platzt und sie offen zum Widerstand aufruft.
  • Gewerkschaften rufen zu Protest auf“ – Auch der Focus weiß zu berichten, dass die Arbeitnehmervertreter mit dem Sparpaket ganz und gar nicht einverstanden sind.
  • Massive Kritik am Sparpaket“ -  Die Augsburger Allgemeine gibt einen Überblick über die kritischen Reaktionen.

Übrigens: In anderen Ländern innerhalb der EU die ähnlich unsoziale Sparpakete beschlossen haben oder beschließen wollen gehen die Leute auf die Straße. Hier in Deutschland werden am kommenden Wochenende Demos in Berlin und Stuttgart unter dem Motto „Wir zahlen nicht für eure Krise“ stattfinden.

Sternstunden des Journalismus

Also, dieser Artikel des Stern über die Chancen einer Margot Käßmann als Kandidat für die Wahl des Bundespräsidenten nominiert zu werden ist wirklich mal erfrischend lesenswert. Zitat:

Denn gesucht wird derzeit auf keinen Fall eine Person fürs höchste Staatsamt, zu der die Deutschen so erkennbar Vertrauen, Respekt und Zuneigung signalisieren. Gesucht wird nie und nimmer eine Persönlichkeit, mit deren Hilfe es der Politik insgesamt gelingen könnte, ihre verloren gegangene Glaubwürdigkeit wieder zurück zu gewinnen. Denn dadurch würde die Politik schließlich das eigene Versagen vorführen.

So etwas würde ich gerne öfter und auch in anderen Zeitungen und Zeitschriften lesen.

Da ist man mal ein paar Tage im Urlaub…

und schon überschlagen sich die Ereignisse. Da nimmt man die Zeitung aus dem Briefkasten wenn man wieder heimkommt und was springt einem entgegen? Der Bundespräsident hat sich überraschend doch für die „Rente mit 67“ entschieden. Das ist dann doch mal ein historisches Ereignis, auch wenn die Begründung für den Rücktritt sehr seltsam erscheint. Immerhin, Respekt Herr Köhler für diesen Schritt. Wenn sich doch unsere Angie daran ein Beispiel nehmen würde.

Die Zeitung von gestern teilt mir mit, ich wäre Lena. Und ich muss zugeben, ich habe den Singwettbewerb nicht am TV verfolgt, denn als der lief hatte ich ein schönes Abendessen mit meiner Frau in einem netten Restaurant in Genua. Und ich habe trotz des ganzen Medienrummels um Lena bis jetzt immer noch nicht eines ihrer Lieder gehört. Und hey, ich lebe trotztdem. Und wo wir gerade beim Thema Musik sind, wir waren im Urlaub in einem kleinen Musikgeschäft das einen ganz besonderen Flair hatte. Obwohl der Laden relativ überschaubar von der Fläche war und die beiden Besitzer das Rentenalter schon deutlich überschritten hatten strahlte der Laden eine ganz eigene Atmosphäre aus. Es gab sehr viele schöne Instrumente, von der Blockflöte über die E-Gitarren bis hin zur Violine oder dem Kontrabass. Sozsagen der „Tante Emma Laden“ für Musik.

Tja, und dann gibt es noch die unangenehmeren Nachrichten. Dass BP es nicht schafft mit „Top Kill“ ihr Ölbohrloch zu stopfen war ja eigentlich klar. Die Sache wächst sich zum absoluten Desaster aus und es ist sehr schmerzlich zu sehen, wie die Natur am Golf von Mexico im Ölsumpf untergeht. Die andere Nachricht die mir sauer auf den Magen schlägt, ist dass Israel nun auch meint, Piraterie betreiben zu müssen. Anders kann ich den Überfall auf den Hilfskonvoi für Gaza in internationalen Gewässern nicht bezeichnen. Und wenn Israel dann wie heute in der Zeitung beschrieben sich auch noch erstaunt zeigt, dass sich die Überfallenen diesem Überfall zur Wehr setzen, dann frage ich mich schon, ob die komplett ein Rad abhaben.

In Augsburg geht es so chaotisch wie immer zu. Für den heißgeliebten Königsplatzumbau feilen wir mittlerweile am dritten Bürgerbegehren und es bleibt abzuwarten, wann tatsächlich mal irgend eine Art von Umbau passieren wird, mittlerweile sind wir ja nur dabei, alles zu zerreden und nichts mehr zu tun. Klar, der Königsplatz ist alles andere als einfach umzubauen, aber das ist ja auch keine Neuigkeit. Ob man statt der Fuggerstraße jetzt einen Tunnel bauen soll oder nicht ist in meinen Augen nur eine unbedeutende Randnotiz des Problems. Die Kernfrage ist doch, ob wir wirklich alle Straßenbahnlinien an einem Punkt in der Stadt kreuzen müssen oder ob eine andere Netztopologie im Nahverkehr nicht sinnvoller wäre.

So, jetzt bin ich wieder da, wieder online und darf mich erst mal durch den RSS-Feed wühlen um zu sehen was es sonst noch so gab.

Gilt §90 StGB eigentlich auch in diesem Fall?

§90 StGB behandelt die  Verunglimpfung des Bundespräsidenten:

(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Bundespräsidenten verunglimpft, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Sinn und Zweck des Paragraphen wird in Absatz 3 erklärt:

(3) Die Strafe ist Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, wenn die Tat eine Verleumdung (§ 187) ist oder wenn der Täter sich durch die Tat absichtlich für Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze einsetzt.

Das ist ja alles ganz schön, aber was macht man wenn sich der Herr Bundespräsident höchstpersönlich gegen die Verfassungsgrundsätze wendet? Denn Horst Köhler war unlängst bei unseren „Aufbauhelfern“ in Afghanistan und hat dort über die Hintergründe des Einsatzes von Bundeswehrsoldaten am Hindukusch philosophiert:

Meine Einschätzung ist aber, daß insgesamt wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, daß ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muß, daß im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern , die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen. Alles das soll diskutiert werden und ich glaube, wir sind auf einem nicht so schlechten Weg.

Also befürwortet der Bundespräsident Kriege zur Wahrung von wirtschaftlichen Interessen. Diese Meinung könnte ich nachvollziehen wenn er noch seine Rolle als IWF-Vorsitzender hätte, aber als Bundespräsident ist so ein Statement sozusagen ein Angriff auf die Verfassungsgrundsätze. Und darum gibt es nun auch eine Strafanzeige gegen Horst Köhler. Sehr lesenswert auch wenn ich den Vorwurf gemäß Â§89 StGB präzisieren würde:

(1) Wer auf Angehörige der Bundeswehr oder eines öffentlichen Sicherheitsorgans planmäßig einwirkt, um deren pflichtmäßige Bereitschaft zum Schutz der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder der verfassungsmäßigen Ordnung zu untergraben, und sich dadurch absichtlich für Bestrebungen gegen den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze einsetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Und jetzt? Der Bundespräsident verstößt gegen seinen Amtseid und obigen Paragrpahen im Strafgesetzbuch. Und darf ich diese Einschätzung so formulieren oder mache ich mich mit dieser freien Meinungsäußerung nun gemäß Â§90 StGB strafbar? Genießt Horst Köhler das gleiche Unfehlbarkeitsprivileg das der Papst für sich beansprucht?

Unabhängig davon haben wir heute bei der Diskussion des Themas im Kollegenkreis dann festgestellt dass man den Wikipedia-Artikel zum Bundesverdienstkreuz um Definition „Orden um den wirtschaftlichen Verdienst der Bundesrepublik zu sichern“ ergänzen müsste.

Bürgernaher Amtsschimmel für örtliche Großvorhaben

So lustig wurde in den 80-ern der Begriff „BaFöG“ in einem Asterix Comic übersetzt. Heute ist der Amtsschimmel eher „finanzmarktsnah“. Wie anders kann erklärt werden, dass Bundestag und Bundesrat heute mal schnell 148 Milliarden Euro für die Rettung desselben bereitgestellt haben während eine im April angeleierte Erhöhung des BaFöG welche uns nicht mal 1 Prozent dieser Summe gekostet hätte heute im Bundesrat gestoppt wurde.

Hier sieht man sehr deutlich wo die Prioritäten im Land sind. Bildung ist unwichtig, Hauptsache wir retten den Kapitalismus jede Woche aus der nächsten brenzligen Lage.

Die psychologische Marke von 6000

wurde heute laut Zeitung wieder mal vom Dax unterschritten. Warum ist diese Marke psychologisch wichtig. Vielleicht sollte man sich mal das hier genau anhören:

Da kann ich nur zustimmen. Eine Politik die sich an den Öffnungszeiten der Börse in Tokio orientiert ist ein Armutszeugnis für dieses Land.