Augsburg und die Mogwais

So, wer weiß aus dem Stegreif was ein Mogwai ist? Mogwais waren die „tierischen“ Hauptdarsteller in Steven Spielbergs Film „Gremlins – Kleine Monster„. Eine der drei Grundregeln für Mogwais ist:

Den Mogwai nicht nach Mitternacht fressen lassen.

Augsburg scheint auch ein Mogwai-Problem zu haben. Zumindst dürfen Leute die beim nächtlichen Stadtbummel durch Augsburgs Prachtmeile Hunger verspüren zwar essen, aber nur innerhalb geschlossener Räume. Einen Döner zum Mitnehmen gibt es nach Anordnung des Ordnungsreferenten Walter Böhm schon lange nicht mehr, da hat auch das Protestpicknick auf dem Rathausplatz im Juni nichts geändert.

Die Umsetzung der städtischen Ordnungsvorschriften delegiert man natürlich an die Gastwirte an der Front. Das hat den Imbiss-Betreiber Hasan Tekin jetzt so richtig in Probleme gebracht, denn einer der Gäste gegenüber denen er das Dönerverbot durchsetzen wollte war Jurist und empfand das als „Freiheitsberaubung“. Darum Hat Hasan jetzt die Staatsanwaltschaft am Hals, die eben wegen dieser „Freiheitsberaubung“ ermittelt.

Der Ordnungsreferent ist aber trotz dieser juristischen Tretminen wohl weiter von seinem Erlass überzeugt. Die Augsburger Allgemeine schreibt:

Böhm ist überzeugt, dass das Außenverkaufsverbot den Müll in der City reduziert hat.

Das erinnert mich an meinen ersten Urlaub in Kapstadt im Jahre 1989. Diese Stadt war auch blitzsauber, dort geschah die „Erziehung“ der müllverursachenden Bürger aber nicht mit „Freiheitsberaubung“ sondern mit zwei einfachen Mitteln:

  • Es gab alle paar Meter gut getarnte, aber trotzdem benutzbare Mülltonnen die auch regelmäßig geleert wurden.
  • An diesen Mülltonnen war deutlch sichtbar der Hinweis angebracht, dass derjenige der trotzdem seinen Dreck einfach auf die Straße kippt mit einer Geldstrafe belangt wird die nach damaligen Verhältnissen dort wohl etwa einem halben Monatslohn entsprach.

Defcon-5 vor der Wahl

Pünktlich 8 Tage vor dem Wahlsonntag stürmt heute eine Nachricht die Charts, äh Newsticker, nämlich dass die bösen Terroristen jetzt Deutschland mit einem Terroranschlag drohen. Daraufhin sind natürlich sofort überall die Sicherheitsmaßnahmen verschärft worden, Deutschland ist sozusagen auf Defcon-5 (Defense Condition 5, wem das nix sagt, der hat den „kalten Kreig“ wahrscheinlich nicht miterlebt).

Ein wenig angefressen bin ich ja schon von den Leuten. Denn obwohl alle Nachrichtenkanäle einstimmig verlauten lassen, dieses Droh-Video wäre ins Internet gestellt worden kann ich es nicht finden. Die Suche bei YouTube zeigt mir nur steinalte Drohvideos die noch dazu in einer dermaßen lausigen Qualität zu sehen sind dass man scih schon fragt, ob die kein Geld für eine vernünftige Videoausrüstung haben.

Was mir diverse Nachrichtenportale zeigen ist ein Terrorist mit Anzug, weißem Hemd und Krawatte, also genau so wie sich der verängstigte Bürger den Terroristen von nebenan vorstellt. Aber da ja die Experten der Sicherheitsbehörden sagen, dass das Video echt ist werde ich heute nacht bestimmt ganz schlecht schlafen, eben wegen der erhöhten Terrorgefahr.

Auf allen Flughäfen und an einigen Bahnhöfen patrouillieren seit heute Bundespolizisten mit schweren Schutzwesten und Maschinenpistolen. „Es geht um die Präsenz, wir wollen den Reisenden Sicherheit geben“, sagte eine Sprecherin des Bundespolizeipräsidiums in Potsdam.

Ja danke auch, wenn ich Polizisten in Schutzwesten und mit Maschinenpistolen patrouillieren sehe, dann ist das ein wirklich beruhigender Anblick. Vor allem für mich der keine Schutzweste und keine Maschinenpistole hat und sich dann fragt wie es um seine Sicherheit bestellt ist, wenn diese Dinger zum Einsatz kommen.

Wobei in diesem Fall die Drohung eigentlich in die Richtung „wenn ihr Merkel wieder wählt, dann kriegt ihr den Terror“ zielt, zumindest wenn man einigen Nachrichtenkanälen glauben will. Jetzt warte ich ja eigentlich nur noch auf den ersten Politiker, der angesichts dieser verschärften Bedorhungslage wieder den Einsatz der Bundeswehr im Inneren fordert. Da könnte man ja dann die Jungs nehmen, die gerade in Afghanistan den robusten Stabilisierungseinsatz machen, die sind dann wieder in der Heimat und haben auch schon Erfahrungen mit dem Gegner…

Ja, ich weiß, das war alles sehr polemisch, aber heute kann ich einfach nicht widerstehen.

[Update:] Fefe war erfolgreicher mit der Video-Suche. Hier ist es.

Die Angst vor der Gewalt

Vor knapp einer Woche wurde in Augsburg ein 17-jähriger Mann von zwei anderen überfallen und am Theodor Heuss Platz vor einen einfahrenden Bus gestoßen. Der Bus erfasste das Opfer mit dem Hinterrad und verletzte den jungen Mann schwer. Mittlerweile sind zwei Tatverdächtige ermittelt.

Nicht viel später gab es dann den Mord an der S-Bahn-Station Solln der bundesweit wohl für Schlagzeilen sorgt. Die Medien ereifern sich und die Volksseele scheint zu kochen was man unschwer feststellen kann wenn man in Foren und Newsgroups schaut.

Manche fordern nun ungeniert die Bewaffnung der Bevölkerung um sich vor solchen Attacken wirksam schützen zu können und andere schlagen gar eine bewaffnete Bürgerwehr vor. Und es sind möglicherweise die gleichen Leute, die vor einem halben Jahr kurz nach dem Amoklauf von Winnenden gefragt haben, warum denn Leute eine Waffe zuhause haben müssen.

Aber wie die Ereignisse heute in Ansbach zeigen braucht man für einen Amoklauf auch gar keine Schusswaffen, da reicht eine Axt, ein paar Messer und einige „Mollies“.Angesichts solcher Vorfälle fragt man sich natürlich, ob die Gewaltverbrechen in Deutschland zunehmen und wie man sich schützen kann.

Da zufällig auch gerade Wahlkampf ist (was bin ich froh, wenn die Bundestagswahl rum ist) ergießt sich die Politik natürlich auch in Vorschlägen, wie wir Deutschland wieder sicherer machen können.

Einer dieser Vorschläge ist, das Jugendstrafrecht zu verschärfen. Am besten mit Maximalstrafen bis 25 Jahren, wobei aber jedem klar sein sollte, dass eine Verschärfung des Strafrechtes keinerlei abschreckende Wirkung hat und man so eher ein inflationäres Ansteigen bei der Anzahl der Strafgefangen bewirkt.

Die andere im Beißreflex geäußerte Forderung besteht darin, noch mehr Überwachungskameras zu installieren. Eine Überwachungskamera hätte den Mord von Solln aber wohl auch nicht verhindert, und die Täter konnten auch ohne Kamera gefasst werden. Aber vielleicht sollte man froh um Überwachungskameras sein, vielleicht sitzt am anderen Ende noch ein Mensch und sieht zufällig die Tat live und kann einen Notruf absetzen, denn wie man heute lesen kann war die Notrufsäule in Solln seit 5 Jahren außer Betrieb. Das ist genau eines meiner regelmäßigen Alptraumszenarios, ich muss einen Notruf absetzen und die Infrastruktur die ich nutzen will funktioniert nicht.

Da stellt sich mir die Frage, ob die Staatsanwaltschaft, die ja überzeugt ist gegen niemanden in Solln wegen unterlassener Hilfeleistung ermittlen zu müssen sich wenigstens an §145 StGB erinnert der da lautet:

(2) Wer absichtlich oder wissentlich

1. die zur Verhütung von Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr dienenden Warn- oder Verbotszeichen beseitigt, unkenntlich macht oder in ihrem Sinn entstellt oder

2. die zur Verhütung von Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr dienenden Schutzvorrichtungen oder die zur Hilfeleistung bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr bestimmten Rettungsgeräte oder anderen Sachen beseitigt, verändert oder unbrauchbar macht,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 303 oder § 304 mit Strafe bedroht ist.

Ok, jetzt aber wieder ernsthaft. Natürlich bin ich ein strikter Gegner von Überwachungskameras, denn wie oben schon erwähnt wird keine Kamera eingreifen können wenn ein Verbrechen geschieht. Und die gängiige Strategie Streifenpolizisten durch Überwachungskameras zu ersetzten und kleine Polizeidienststellen zugunsten von großen Zentralen zu schließen kann ich in keiner Weise etwas abgewinnen.

Interessanterweise sehe ich mittlerweile kaum noch die CSU-Plakate mit dem schönen Wahlwerbespot: „Was unser Land jetzt braucht: Sicherheit“

Klar, die jüngsten Ereignisse dürften zwar vielleicht durchaus innerhalb der Statistik liegen, aber trotzdem dem dümmsten Bildzeitungsleser langsam klar machen, dass irgendwas verkehrt ist im Land wenn Jugendliche zu Mördern werden.

Damit sind wir bei der anderen Seite der Medaille. Und die heißt, ebenso wie es die CSU in ihrem anderen Wahlslogen über die Dinge die Deutschland braucht äußert, schlicht und einfach „Verantwortung“.

Verantwortung gegenüber meinen Mitmenschen. Das Opfer von Solln hat diese Verantwortung übernommen als er sich schützend vor die Opfer der räuberischen Erpressung gestellt hat. Verantwortung hat viel mit Zivilcourage zu tun, eben die Bereitschaft anderen Beizustehen die in Not sind. Das gilt gleichermaßen für die Opfer von Gewalttaten wie es auch für Unfallopfer gilt die ja ebenfalls oft zwar begafft werden, aber niemand will ihnen wirklich helfen.

Verantwortung heißt für mich aber auch, solche Vorfälle nicht mit einem „Shit happens“ dann irgendwann zu verdrängen sondern sich Gedanken zu machen, wie es denn überhaupt dazu kommen konnte dass zwei junge Menschen zum Mörder wurden. Es ist sehr müßig sie in Bildzeitungsmanier zu Bestien zu stilisieren, aber ich bin der Meinung, dass niemand als Mörder geboren wird, sondern sich dahin entwickelt. Verantwortung für unsere Mitmenschen sollte daher nicht nur darin bestehen, anderen in akuten Notlagen zu helfen, sondern vor allen Dingen auch darin, zu erkennen wann Kinder und Jugendliche in unserem System gefährdet sind. Der Volksmund sagt nicht umsonst Dinge wie „abrutschen“ oder „auf die schiefe Bahn“ kommen.

Wie kommen Jugendliche in so eine Situation dass ihre einzige Konfliktlösungskompetenz in der brutalen Anwendung von Gewalt liegt? Klar, wenn man sich mit solchen „sozialen Problemfällen“ befasst trifft man auf gängige Klischees wie die arbeitslosen Eltern die mit ihren Problemen überfordert sind und darunter das Kind vernachlässigen oder der Gruppendruck der Konsumgesellschaft die Jugendliche „exkludiert“ wenn sie sich keine Designerklamotten leisten können.

Wo sind also die Leute die Verantwortung für ihre Mitmenschen und deren Kinder übernehmen um ihnen in Zeiten von Arbeitslosigkeit und anderen Problemen trotzdem eine Perspektive und Halt wie der sprichwörtliche Fels in der Brandung geben. Wo sind die Politiker die statt die gemeingefährlich spekulierenden Banken ständig mit neuen Milliarden zu versorgen das Geld lieber in Sozialausgaben stecken die den Menschen im Land zugute kommen und nicht dem Kapital?

Auch wenn die Erosion unserer moralischen Werte sehr schleichend voran geht muss ich mich doch fragen, ob es nicht Zeit ist, diesen Trend umzukehren. Im privaten Umfeld tue ich das seit langem indem ich nicht wegschaue wenn ich auf soziale Notlagen aufmerksam werde sondern sogut ich es kann dann zu helfen versuche. Trotzdem fühle ich mich nur wie der Tropfen auf den sprichwörtlichen heißen Stein. Was ich mir nach den Gewaltexzessen der letzten Woche gewünscht hätte ware eine politische Diskussion gewesen, die sich tatsächlich bemüht, die Ursachen zu verstehen und trotz allem verständlichen Zorn auf die Täter und ihre nicht entschuldbaren Taten es trotzdem fertig bringt statt nach mehr staatlicher Gewalt vielleicht auch nach mehr sozialer Fürsorge zu rufen. Denn Artikel 20 GG Abs. 1 sagt immer noch:

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

Und nein, meine Damen und Herren in der Politik, den Spruch „sozial ist was Arbeit schafft“ könnt ihr euch getrost in die Haare schmieren. Mein Begriffsverständnis von „sozial“ gründet sich auf die Definition einer Gesellschaft, in der die Mitglieder dieser Gesellschaft solidarisch füreinander einstehen. Der Begriff der Gesellschaft schlägt sich auch in der englischen Wortvariante „society“ nieder. Und wer mit diesem Hintergrund Menschen als „asozial“ bezeichnet exkludiert diese mit seiner Definition aus der Gesellschaft und legt damit den Grundstein für die Probleme.

Aber in der Politik geht es ja schon lange nicht mehr um den Menschen. Wie mir andere Leute als Kommentar auf die hier verlinkte Rede von Jörg Tauss zur Situation in Deutschland versicherten war desen Rede die einzige von vielen in der über Menschen gesprochen wurde. Andere Redner philosophierten lieber über Geld, Finanzkrise usw.

Hoffen wir, dass die anstehende Bundestagswahl Leute ins Parlament bringt die tatsächlich bereit sind Verantwortung zu übernehmen und nicht nur darüber faseln.

Links für 2009-09-10

Heute abend wieder ein paar Links auf lesenswerte Beiträge im Netz.

Jörg Tauss zur Situation in Deutschland

Ingo hat heute dankenswerterweise einen Artikel über die Rede von Jörg Tauss im Deutschen Bundestag zur Situation in Deutschland gebracht.

Was mir persönlich sehr gut am Stil von Jörg Tauss gefallen hat, war dass er zum Schluß seiner Rede auch Dankesworte an die vielen Dienstleister im Bundestag (z.B. Garderobenfrauen) gerichtet hat, diese Leute also tatsächlich als Personen und nicht nur als Dienstleistungsfunktionen respektiert hat.

Ansonsten hat Jörg Tauss schon ein paar Mißstände aufgezeigt. Am wirklich unverschämtesten fand ich, dass er z.B. keine Einsicht in der Vertrag mit Toll Collect erhielt, angeblich weil dort Geschäftsgeheimnisse enthalten sind. Muß ich jetzt davon ausgehen, dass dieser Vertrag ohne parlamentarische Kontrolle und damit eigentlich ohne demokratische Legitimation zustande gekommen ist? Willkommen in der Bananenrepublik Deutschland.

Lernresistent

Manch einer ist wirklich lernresistent. Einer von diesen bedauernswerten Leuten ist unser Kriegsminister Jung. Nachdem am Freitag bei einem von der Bundeswehr angeforderten Angriff auf zwei von den Taliban gekaperte Tanklaster schätzungweise 125 Menschen ums Leben kamen merkt sein Ministerium langsam und als letztes dass wohl auch einige Opfer aus der Zivilbevölkerung zu derem Schutz man ja angeblich in Afghanistan unterwegs ist darunter waren.

Beim Spiegel gibt es einen Artikel über die neue Nachrichtenlage aus dem Ministerium. Wörtlich heißt es da:

Eindeutig scheine ihm, „dass der überwiegende Anteil Taliban gewesen sind“, sagte Jung am Montag im ZDF.

Na, dann ist ja alles klar. Wo gehobelt wird, da fallen Späne und im Krieg (auch wenn Jung diese Vokabel grundsätzlich vermeidet) fließt eben auch Blut. Was mir persönlich allerdings bei dieser Aussage sehr zu denken gibt ist die Schere im Kopf, die wir seit dem 11. September 2001 installiert haben. Dazu passt auch das vorgebliche Merkel-Zitat „Wenn es zivile Opfer gegeben hat, dann bedauere ich das natürlich“.

Wie tief sind wir gesunken, dass wir auf die zugegebenermaßen gewaltsame und mit Todesopfern verbundene Entführung von zwei Tanklastzügen dann diese in einem Flußübergang festgefahrenen Fahrzeuge zerstören muß und dabei den Tod der umstehenden Menschen in Kauf nimmt. Ja, einige von diesen Toten mögen Taliban-Kämpfer gewesen sein, vielleicht auch ganz böse Typen, aber wenn der Afghanistan-Einsatz laut unserer Politik kein Kriegseinsatz ist, sondern der Unterstützung der Polizei dient, dann muß ich schon fragen, ob wir uns hier zum Richter und Henker ohne Gerichtsverfahren aufschwingen?

Wir haben es mittlerweile geschafft, den „bösen Terroristen“ den Status „Mensch“ abzusprechen und darum dürfen diese ohne Rücksicht auf Verluste bombardiert werden, man darf sie festsetzen und in Lager wie Guantanamo bringen wo sie außerhalb jeder Rechtsstaatlichkeit unter menschenunwürdigen Bedingungen gehalten und gefoltert werden. Wahrlich ein echtes Zeichen von Rechtsstaatlichkeit.

Und dann kommt der Herr Kriegsminister Jung (ja, ich weigere mich ihn weiterhin als „Verteidigungsminister“ zu bezeichnen) und sagt „der überwiegene Anteil seien aber Taliban gewesen“. Hallo Herr Jung, haben sie den Schuß nicht gehört, der am 15. Februar 2006 auf sie abgefeuert wurde? Ich zitiere:

§ 14 Abs. 3 Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG), der die Streitkräfte ermächtigt, Luftfahrzeuge, die als Tatwaffe gegen das Leben von Menschen eingesetzt werden sollen, abzuschießen, ist mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig. Dies entschied der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit Urteil vom 15. Februar 2006. Für die Regelung fehle es bereits an einer Gesetzgebungsbefugnis des Bundes. Art. 35 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 1 GG, der den Einsatz der Streitkräfte bei der Bekämpfung von Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen regelt, erlaube dem Bund nicht einen Einsatz der Streitkräfte mit spezifisch militärischen Waffen. Darüber hinaus sei § 14 Abs. 3 LuftSiG mit dem Grundrecht auf Leben und mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes nicht vereinbar, soweit von dem Einsatz der Waffengewalt tatunbeteiligte Menschen an Bord des Luftfahrzeugs betroffen werden. Diese würden dadurch, dass der Staat ihre Tötung als Mittel zur Rettung anderer benutzt, als bloße Objekte behandelt; ihnen werde dadurch der Wert abgesprochen, der dem Menschen um seiner selbst willen zukommt.

Wie steht es also um das im Grundgesetz verbriefte Recht auf Leben und Menschenwürdegarantie wenn es sich nicht um Passagiere eines Verkehrsflugzeugs sondern um arme Dorfbewohner und Taliban in Afghanistan handelt. Die letzteren sind ja von der Politik mittlerweile als „Nicht-Menschen“ von der Menchenwürdegarantie ausgenommen (siehe oben) und die Dorfbewohner werden dann eben als „bloße Objekte“ die dummerweise zufällig im Kampfgebiet unterwegs sind behandelt?

Nein, Herr Jung, ich will gar nicht dass sie jetzt 3 Wochen vor der Wahl zurücktreten. Ich wünsche mir vielmehr, dass sie und die anderen Volksverräter am 27. September in einem demokratischen Wahlprozess aus Amt und Würden entfernt werden.

Nur mal noch als Randanmerkung: Wir helfen gerade einer Freundin bei der Auswertung eines Fragebogens, den sie Hauptschülern im Alter von 13-16 Jahren vorgelegt hat. Auf die Frage was sich diese jungen Leute wünschen liest man ziemlich häufig „keine Kriege mehr“. Das sollte uns „Erwachsenen“ doch zu denken geben.

Nie wieder Krieg

Gerade mal ein paar Tage ist es her, dass sich unsere Politprominenz sichtlich bewegt daran erinnert hat, dass vor 70 Jahren Deutschland mit einer False-Flag-Aktion Polen überfallen hat und damit den Startschuß für den zweiten Weltkrieg gegeben hat.

Und kaum haben wir uns alle zum Frieden bekannt geschieht in Afghanistan ein Massaker auf Anforderung der Bundeswehr.Während Freeman hier in seinem Artikel noch den Zorn herausschreit, den man empfinden muss angescihts der vielen Toten wegen zwei Tanklastzügen referiert Weissgarnix über  Lebenslügen und die mediale Inszenierung gefühlter Kriege. Radio Utopie stellt schließlich fest: Regierung und Militär verwickeln sich in Widersprüche.

Ja, nix genaues weiß man nicht. Nur eben, dass da zwei Lastwagen entführt wurden und man daraufhin selbige bombardiert hat. Als anerkannter Wehrdienstverweigerer hatte ich nie Gelgenheit, die Denkstruktur von Militärs aus der Insider-Perspektive zu ergründen, aber diese Vorgehensweise erscheint irgendwie unlogisch, denn wenn es logisch wäre, dann müsste man ja auch die ganzen Schiffe die von den Piraten vor Somalia entführt wurden versenken.

Unabhängig davon, wie sinnvoll oder sinnlos das Anfordern von „Luftunterstützung“ durch die Bundeswehr war, jetzt haben wir im Prinzip genau das Desaster das die Regierung so kurz vor der Wahl sicherlich gerne vermieden hätte. Es sind Leute gestorben, eine ganze Menge Leute und ich bin Christ und Mensch genug um hier nicht mehr zwischen Taliban und Zivilbevölkerung zu unterscheiden. Oder sind wir wieder auf das barbarische Niveau der Kreuzzüge zurückgefallen in denen wir die Taliban als „Nicht-Menschen“ abstempeln und ihnen damit automatisch das Recht auf Leben absprechen.

Klar, wo gehobelt wird, da fallen Späne und wo gekämpft wird fließt Blut. Weissgarnix hat schon Recht, wenn er diese Lebenslüge vom Stabilisierungseinsatz anprangert. Erinnern wir uns doch mal an die Urspünge des Krieges in Afghanistan. Vor knapp 8 Jahren (wir werden nächsten Freitag massivst daran erinnert werden) haben angeblich von Osama Bin Laden geschickte Terroristen ein paar Gebäude in den USA via „warmen Abbruchverfahren“ zum Wohle ihrer versicherten Eigentümer entfernt.

Weil die USA so sicher war, dass Bin Laden hinter diesen Anschlägen steckte forderten sie von den Taliban dessen Auslieferung. Dieser Wunsch wurde nicht erfüllt, wohl auch aus dem Grund dass die Taliban vielleicht keinen Zugriff auf Bin Laden hatten. Man stelle sich mal vor, Karl Heinz Schreiber wäre nicht in der Gewalt der kanadischen Justiz gewesen und Deutschland hätte trotzdem vehement desssen Auslieferung gefordert? Hätte irgendwer dann dafür gestimmt, in Kanada einzumarschieren weil sie ihn nicht rausrücken wollen? Eben.

Gerüchten zu Folge ist der eigentliche Hintergrund eine Pipeline die durch Afghanistan hätte gebaut werden sollen und die die Taliban nicht wollten. Das ist natürlich ein viel ernsteres Vergehen wenn man sozusagen den Energiehahn zudreht.

Egal, nachdem sich die Sowjetunion ja schon vor vielen Jahren eine blutige Nase in Afghanistan geholt hat (unter anderem dank eines vom Westen aufgebauten Widerstandskämpfers namens Bin Laden) sind nun die zivilisierten westlichen Nationen seit knapp 8 Jahren damit beschäftigt, dem Land die Freiheit zu geben.

Eine Freiheit die sich täglich in Selbstmordanschlägen manifestiert und deren ganze Perversion darin erkennbar ist, dass mittlerweile ein Großteil der „Sicherheitsleute“ in Afghanisten von privaten Firmen angestellt sind. Ein privatisierter Krieg?

Klar, andere Nationen wie USA oder Großbritannien mußten in Afghansistan einen hohen Blutzoll zahlen, aber auch deutsche Soldaten mußten im Stabilisierungseinsatz ihr Leben lassen.

Das Volk dürfte vom Afghanistan-Krieg  die Schnauze voll haben, und vor allem von einer Regierung, die immer noch verzweifelt versucht, den Gebrauch der Vokabel „Krieg“ zu vermeiden. Natürlich dürfte das Problem sein, dass ein Abzug aller Truppen aus Afghanistan dort ein Machtvakuum erzeugen wird was dann den Taliban wieder zur Macht verhelfen könnte.Aber andersrum müssen wir auch nach 8 Jahren „Stabilisierungseinsatz“ feststellen, dass die Lage sich in keiner Weise irgendwie stabilisiert hat.

Darum erzählt man uns dummen Bürgern ja auch, dass unsere Freiheit am Hindukusch verteidigt werden muß. Ich habe mir heute das Buch „Angriff auf die Freiheit“ gekauft und werde es erst mal lesen bevor ihc hier meine Meinung dazu schreibe, aber die ersten Seiten sind schon sehr fesselnd.

Das unsere Freiheit an ganz anderen Stellen bedroht wird sieht man z.B. an der Partei, die sich die sich „Freiheitlich“ nennt. Und weil die Freiheit darin besteht auch mal „nein“ zu sagen relativiert man die Frage ob das ZugangserscherungsGesetz nun vom Verfassungsgericht geprüft werden soll oder nicht und macht einen Gang nach Karlsruhe davon abhängig, ob man nach den Wahlen zur Regierung gehört oder nicht.

Das ist ungefähr genauso konsequent wie zu sagen, ich zeige die Mafia an, wenn der Pate mir nicht einen hochdotierten Job in seiner „Familie“ gibt. Da erinnert man sich doch auch daran, dass die Buchstaben FDP auch „Fähnchen Drehtsich Partei“ heißen könnten.

Ich werde jedenfalls am 27. September ebenfalls meinen Beitrag zur Verteidigung unserer Freiheit leisten und mit meiner Stimme gegen diese Regierung votieren. Und ich wünsche mir, dass es möglichst viele Leute genauso machen.

Links für 2009-08-28

Heute wieder einige Links auf sehr lesenswerte Artikel im Netz.

Zuerst ignorieren sie dich

Wie sagte mal Mahatma Gandhi so schön:

Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.

Wenn ich mir das folgende Video anschaue, dann scheint es, als wären wir mittlerweile bei der „Bekämpfen“-Phase angekommen.

Das Video habe ich heute im Artikel „Die Piratenkogge unter Beschuss“ bei F!xmbr gefunden Chris wirft in seinem Artikel einige interessante Fragen auf.

Derzeit ist die Piratenpartei keine ernsthafte Alternative. Sie ist Protestpartei, nicht mehr und nicht weniger. Und dafür ist die Bundestagswahl viel zu wichtig, als dass man nur Protest wählt. Wir stehen wie gesagt vor ernsthaften Problemen und die Piratenpartei hat nicht eine befriedigende Antwort auf diese.

Ja. Die Piratenpartei ist momentan im Status Themenpartei und bietet noch kein umfassendes Wahlprogramm für alle Lebenslagen an, was bei knapp 6.000 Mitgliedern auch wenig verwunderlich ist. Trotzdem: Gerade weil die Bundestagswahl so wichtig ist, ist es eben auch so wichtig, konsequent zu wählen.

Welche befriedigenden Antworten auf unsere aktuellen Probleme haben denn die anderen Parteien? Hier muss ich einfach mal Albert Einstein zitieren:

Man kann ein Problem nicht mit den gleichen Denkstrukturen lösen, die zu seiner Entstehung beigetragen haben.

Und jetzt gucken wir mal, wie die Bundesregierung die Finanzkrise löst, nämlich indem sie die Leute die es „verbockt“ haben nun zum Gärtner macht.

Ebenso traurig ist die Bilanz diser unserer Regierung und ihrer Vorgänger wenn es um die Frage der Arbeitslosen geht, um die Finanzierung der Renten, die Gesundheitspolitik, die Sicherheitspolitik usw.

Bei der letzten Bundestagswahl glaubte ich noch, das kleinere Übel wählen zu können und wurde danach prompt mit einer Mehrwertsteuererhöhung um das arithmetische Mittel aus 0+2, nämlich 3 Prozentpunkte belohnt. Bei dieser Bundestagswahl wähle ich konequent die Piratenpartei mit meiner Zweitstimme und meine Erststimme wird an den Vertreter der Linkspartei gehen, eben weil ich es satt habe, dass die selben korrupten und neoliberalen Politiker dieses Land weiterhin konsequent an die Wand fahren.

Vielleicht hat Chris mit seiner Prognose der maximal 1-2% für die Piraten recht, vielleicht kommt es aber auch anders. Ich werde jedenfalls meinen Teil dazu beitragen und sollte tatsächlich der absolut unmögliche und unwahrscheinliche Fall eintreten, dass die Piraten einen Bundeskanzler aus dem Hut zaubern müssten, dann kann ich nur sagen: Der Mensch wächst mit seinen Aufgaben. Soweit wird es aber wohl nicht kommen, aber immerhin sollte man die Wahl nicht vorzeitig verloren geben. Darum werde ich jetzt mich auch in die Stadtmitte aufmachen, da ist heute ein Infostand der Piraten am Moritzplatz und vielleicht kann ich mich da auch nützlich machen.

Die Party und die Blogsphäre

Die Geburtstagsfeier von Ackermann im Kanzleramt bewegt derzeit heftig die Blogsphäre. Den bisher besten Beitrag servierte mir gerade mein Feedreader:

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Dr. Merkel,

da Ihre Bürgernähe ja legendär ist und nur Sie mir weiterhelfen können, wende ich mich heute einmal direkt an Sie. Frau Dr. Merkel, ich habe ein Problem. Meine Geburtstagsvorbereitungen stecken in einer strukturellen Krise. Ich habe vor, zu meinen 37. Geburtstag am 14. November dieses Jahres etwa 30 Freunde und Freundinnen aus Deutschland und der Welt einzuladen, mit denen ich gerne einen Abend zusammen sein würde.

Weiterlesen könnt ihr diese wunderschönee Glosse beim Spiegelfechter.